Holzentzücken: Houbigants Bois Mystique und Shay & Blue Kings Wood …

… sind heute unser Thema. Zwei Neulinge, die beide um das Thema Holz kreisen – das macht mich schon einmal neugierig, mag ich doch Holzdüfte ausgesprochen gerne und mit Herbstbeginn steht jetzt auch die richtige Jahreszeit dafür vor der Türe …

Bois Mystique

„Houbigant ist das einzige Parfumhaus, das bereits auf eine über vier Jahrhunderte währende Geschichte zurückblickt. Dort ist man stolz darauf, innovative Produkte von hoher Qualität zu präsentieren, die mit Liebe zum Detail und mit den wertvollsten und edelsten Rohstoffen entstanden sind.

Bois Mystique ist dabei keine Ausnahme. Ein moderner, eleganter Duft, der edle Hölzer und Gewürznoten verbindet. Ein Duft, der das Gefühl eines wohligen Lagerfeuers weckt und gleichzeitig prächtige Sonnenuntergänge zu schätzen weiß. Ein Duft mit dichten Nuancen von exotischen Hölzern, der die Sinne betört.“

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Davana, Neroli, Kardamom, Rosa Pfeffer, Ingwer; Herznote: Schwarzer Pfeffer, Zimt, Weihrauch, Nargamotha, Iris; Basisnote: Guajakholz, Zedernholz, Myrrhe, Ambra, Moschus.

Der Parfumeur ist Luca Maffei, der so etwas wie der neue Liebling ist, eine Art neuer Shooting Star der Branche. Auf sein „Konto“ gehen unter anderem: sechs Düfte für die Fath’s Essentials-Kollektion von 2017, Gelsomini di Capri für Carthusia, Hystera sowie Taersìa und Ragù für Gabriella Chieffo, Garuda sowie Secrets du Paradis Rouge und Néa für Jul et Mad, III-I L’Attesa für Masque Milano, Diverses für Olibere, MyLo und Nun für Laboratorio Olfattivo, Oud Imperial für Perris Monte Carlo, This is not a Blue Bottle für Histoires de Parfums, Diverses für Onyrico und Acca Kappa. Und – Maffei ist nicht das erste Mal für Houbigant tätig – er schuf auch: Jardin Anglais, Quelques Fleurs Jardin Secret, Cologne Intense sind die, die ich auf Anhieb ausfindig machen konnte.

Bei Houbigant lohnt es sich generell, kurz zu „spicken“, ob ein Duft komplett neu ist oder eventuell angelehnt an einen Klassiker des Hauses – ich kenne zwar viele Düfte der Franzosen, allerdings haben sie im Laufe ihrer Duftkarriere einfach zu viele Kreationen lanciert, als dass man alle auswendig kennen würde. Bois Mystique gab es in der Tat noch nicht, dafür ein Parfum namens Bois Dormant, das „schlafende Holz“ – dafür reicht mein Restfranzösisch noch 😉 Die Rezeptur desselben ist allerdings grundverschieden, der Duft ist aus den Zwanzigerjahren und scheint ein Vollblutchypre gewesen zu sein.

Bois Mystique wiederum spielt auf eine Art Duft an, die selten ist – und mich sofort aufhorchen lässt: Lagerfeuer, meine Lieben! Regelmäßige Leserinnen werden es wissen, ich habe es schon häufiger erwähnt – ich wollte immer ein reines, knarziges Lagerfeuer haben. Naomi Goodsir hat mir den Wunsch erfüllt mit ihrem Bois d’Ascèse, den ich hier rezensiert hatte. Als ich auf einer der italienischen Messen in den Genuss kam, mich mit ihr zu unterhalten, hat es mir ihren Duft noch ein wenig mehr „vergoldet“, als ich dessen Hintergrund kennengelernt hatte. Goodsir erzählte mir davon, dass sie einige Zeit in einer Kirche gewohnt hat. Eine Kirche, die sie sich gekauft und zum Wohnen umgebaut hatte. Damit hatte sie mich gleich, ist das doch auch ein ewiger Wunsch von mir – eine Kirche wie diese hier, die man in England als Ferienhaus mieten kann, oder diese hier, die gerade in Frankreich zum Verkauf steht. Nun, wie das Leben so spielt, ist es bei mir für’s Erste knapp daneben gegangen, aber dennoch ganz zufriedenstellend – es ist vorerst ein altes Pfarrhaus geworden. Um die Geschichte zu vollenden: Da sie Australierin ist, die Kirche, die mittlerweile ihrer, ich meine Schwester gehört, in Australien steht, gab es in der Nähe immer wieder Buschbrände, deren Geruch sich mit dem Geruch der Kirche, des Weihrauchs vermischte. Das wiederum erinnerte sie auch an die Lagerfeuer, um die sie während der Familiencampingurlaube immer wieder gesessen war – zwei für sie glückliche Erinnerungen. Meine Lagerfeuersehnsucht, die olfaktorische, wurde also durch Goodsir erstmals zu Hundert Prozent gestillt. Timothy Han hat mir einen zweiten Lagerfeuerduft geschenkt – On the Road, den ich neulich rezensierte, seht hier. Was Raumdüfte angeht, halte ich mich immer noch an meinen Restbestände der John Galliano-Kerze von Diptyque fest – gibt es die eigentlich noch? … ja, tut es, ich habe gerade nachgeschaut. Ansonsten habe ich noch eine Lagerfeuerkerze von Nez à Nez, die definitiv discontinued ist, sowie einige Exemplare der Feu de Bois von Parks London.

Insofern bin ich eigentlich ausgerüstet – aber, wie so oft: Lagerfeuer kann man viele anzünden, es ist in jedem Fall ausbaufähig 😉 Und ich bin sehr gespannt, ob Bois Mystique vielleicht eine weitere Ergänzung meines Duftsortiments werden wird!

Durchaus, meine Lieben! Bois Mystique ist erlesen, ein Lagerfeuer deluxe. Er zielt sicherlich eher in die maskuline Ecke, zumal Houbigant nach wie vor ein klassisch französisches Haus ist – ich würde ihn aber als unisex mit leichtem Tick ins männliche Lager deklarieren. Was soll ich sagen? So könnten mehr Männer duften, wirklich. Bois Mystique ist so subtil, ein Understatement-Duft, der auf seinen leisen Sohlen zu begeistern weiß. Sein Charakter ist überaus komplex, er beweist Vielseitigkeit und Tiefgang, Tiefe, verändert sich beständig auf der Haut, allerdings ohne vordergründiges Gepolter. Und – er ist schwer zu fassen, das Namensversprechen des mysteriösen Holzes ist also eingelöst. Samtig und balsamisch zeigt sich unser Hölzchen, zwischen Kühle und Wärme oszillierend. Weihrauch hüllt in überaus zarten Nebel, während Pfeffer und Zimt süß-sachte Schärfe stiften. Iris pudert köstlich und königlich, eine zentrale Rolle einnehmend. Die Basis zeichnet mit Moschus weich, während Guajakholz die balsamische Facette des Duftes stärkt, von Ambra und Myrrhe harzig-warm veredelt.

Ein Feiner, meine Damen! Ein ausgesucht schöner Holzduft mit prägnanter Iris, dessen Naturell gleichermaßen einprägsam als auch gefällig ist. Daumen nach oben, eine tolle Ergänzung der Kollektion!

Kings Wood

„Kings Wood – ein einzigartiger Herrenduft für alle, die das Besondere und Edle lieben. Frische Noten wurden mit olfaktorischer Tiefe vereint, so ergibt sich eine Ausstrahlung voller Souveränität. Fruchtige Explosionen von frischer Ananas treffen auf die natürliche aromatische Würze von Farnblättern. Unterstützt wird dies von der soliden Substanz feinen Leders und englischer Eiche. Ein echtes Statement voller Souveränität und Selbstbewusstsein.“

Die Duftnoten haben wir mit dem Textchen ja jetzt schon durchexerziert. Shay & Blue haben zwar immer sehr nette Düfte – gefällig, aber eigentlich immer mit einem gewissen Extra, ansprechendes Packaging, überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis (wundert nicht: Dom de Vetta, der Inhaber, war früher bei Jo Malone und Chanel) -, die Beschreibungen dazu sind aber meist mehr als spärlich. Kreiert wurde Kings Wood von der Parfümeurin Julie Massé, die neben de Vetta hinter der Marke steht, unter anderem aber auch Giorgio Armanis Sì kreierte.

Falls Ihr nachlesen wollt, es gibt einige unterhaltsame Interviews mit ihr, seht hier: Flairflair – 2012Perfumesociety.

Bei Ananas denke ich im Zusammenhang mit Herrendüften meist an den omnipräsenten Aventus von Creed, keine Frage. Holzweg, meine Lieben. Genauso wie die Annahme, dass es sich bei Kings Wood primär um einen Holzduft handelt. Zuallerst bekomme ich Ananas, und zwar Ananas satt. Reife, aber nicht überreife, saftig-fruchtig-authentische Ananas. Und während ich noch in der tropischen Pracht jener sonnengelben Frucht schwelge, knallt schon das Leder rein. Leder, Leder, Leder! Und zwar auf meiner Haut nochmals anders ausgeprägt als auf dem Teststreifen. Während der Teststreifen länger mit Ananas lockt und dann dezent eine von Hölzern getragene Manufaktur-Aktentasche in den Fokus rückt inmitten eines von krautig-grün-aromatischen Farnen umrankten Stilllebens, zieht Kings Wood auf meiner Haut ganz andere Saiten auf: Sattelleder samt des Pferdes darunter, um genau zu sein. Das Leder lebt, ist belebt – ein Pferd, genauer: die Haut eines aufgewärmten Pferdes. Dazu – Ananas. Und krautig-farnige Noten. Holz finde ich auf meiner Haut nur irgendwo im verschwommenen Hintergrund – meine Hautchemie hat aus Kings Wood ein Ananaspferd gezaubert.

Das hinterlässt mich etwas unentschlossen. Die Diskrepanz zwischen Teststreifen und Haut ist da, ich kann momentan leider auf niemand testen außer auf meinen Katzen, was ich aus nachvollziehbaren Gründen unterlassen werde 😉

Eifrige Leser werden es wissen – ich mag Lederdüfte. Und ich habe schon ein, zwei Mal angedeutet, dass ich ein Mehr an tropischen Lederdüften vermisse – unter anderem in meinem Artikel zu David Jourquins schönem Cuir Caraïbes, lest hier.

So wie Kings Wood sich auf dem Teststreifen entwickelt, ist er ein sattes, adrettes Männerleder mit ungewöhnlichem, weil tropischem Twist – und insofern maskuliner als der oben genannte Jourquin-Vertreter. Auf meiner Haut allerdings ist mir der Kontrast zwischen Ananas, Pferd und im weiteren Verlauf relativ knarzigem Holz doch ein wenig zu markant. Vielleicht liegt es nur daran, dass ich englische Eiche und Ananaspferd gedanklich irgendwie nicht zusammenbringe 😉

Für mich ist Kings Wood insofern kein Must-have – auch mal nicht schlecht 😉

Wie steht Ihr zu Holzdüften? Und wie sieht es aus mit Leder, meine Lieben?

Herzlichst

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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