777 – Stéphane Humbert Lucas’ „Rose de Petra“ und „Une Nuit à Doha“

rosepetraSchon bin ich am Ende meiner kleinen Serie über 777 – Stéphane Humbert Lucas angelangt: „Rose de Petra“ und „Une Nuit à Doha“ sind nun leider die letzten Düfte.

Das Bild rechts entkräftet jegliche Vermutung, dass es sich bei „Rose de Petra“ um den Namen eines verehrten weibliches Wesens handeln könnte, nein, es ist die antike Felsenstadt in Jordanien. Die alte Nabatäer-Stadt zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe und erlangte in der Antike sagenhaften Reichtum, da sie durch ihre geschützte Lage und durch ein ausgeklügeltes Bewässerungssystem glänzte und strategisch günstig an mehreren Karawanenrouten wie etwa der Weihrauchstraße lag.

Treten wir ein in die aus dem Fels gehauene Wüstenstadt. Nach einer langen und beschwerlichen Reise empfängt uns die schattige Kühle, die von fruchtigen Granatapfel- und Litschitönen repräsentiert wird. Diese saftigen Früchte löschen den ersten Durst, doch gleich schon ist auch die geheimnisvolle bulgarische Rose präsent mit ihrem herben, aber doch so honigsüßen Duft.

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Als wäre die überwältigende Schönheit der antiken Felsenstadt nicht schon atemberaubend genug, fächert uns die Rose mit ihrem Umhang Noten feinster Gewürze zu: durchaus kräftiger Pfeffer, frisch-gewürziger Kardamom und strenger Kumin. Aus dieser Gewürzmischung entsteht bisweilen die Illusion eines Räucherwerks, da hier und da auch metallisch-rauchige Facetten hervortreten.

Die Duftkomposition
Kopfnote: Rose, Granatapfel, Litschi
Herznote: Bulgarische Rose
Basisnote: Pfeffer, Kardamom, Kumin
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Man könnte nun nach der Lektüre der Beschreibung und der Duftnoten abwinken und sagen, dass ein fruchtiger, floraler und gewürziger Duft zu viel des Guten sei. Das Erstaunliche an „Rose de Petra“ ist aber, dass der Duft trotz seiner Vielseitigkeit und seines Facettenreichtums in seinem Ausdruck eine Klarheit und Deutlichkeit bewahrt, die ihn von jeglicher Opulenz und Schwere freimacht. Was die Intensität und Haltbarkeit angeht, fällt der Duft eher moderat aus – ein ausgesprochen vielseitiger und spannender Rosenduft!

„Une Nuit à Doha“ von Stéphane Humbert Lucas wurde laut Produkttext von den arabischen Sommernächten inspiriert. Meiner Meinung nach habe ich mir den schrägsten Vogel der Kollektion für den Schluss aufgehoben, denn eine laue Sommernacht scheint mir eine maßlose Untertreibung zu sein. Ich denke, wir dürfen den Duft als Gourmand bezeichnen, da Immortelle und Vanille für den honigsüßen und krautig-herben Grundton der Komposition sorgen. Ich habe den Fenchel in den Kopfnoten im Verdacht, für die ausgeprägt karamelligen bis hin zu würzig-lakritzigen Nuancen verantwortlich zu sein, die sich ebenfalls zeigen – hier und da etwas Fruchtiges wie Mandarine oder etwas Scharfes wie Ingwer mit einem leichten Hauch von Rauchigkeit, der von Tabak und Vetiver stammt.

Die Duftkomposition
Kopfnote: Fenchel, Mandarine, Ingwer
Herznote: Immortelle (Italienische Strohblume), Tabak
Basisnote: Vetiver, Vanille

Für meine europäisch geprägte Nase eröffnet sich ein etwas anderes Bild: eine Winternacht im Dezember, Weihnachtszeit, funkelnde Gewürze und süße Köstlichkeiten – aber auch hier wieder in einer entrückten Ferne. Es sind nicht die Köstlichkeiten selbst abgebildet, sondern die Idee ihres Dufts, weswegen das Parfum keineswegs schwer oder erdrückend Süßspeisen imitieren will, sondern eine abstraktere Form annimmt – keine Selbstverständlichkeit bei vanillelastigen Düften. Die würzigen Aspekte bilden ein interessantes Gegengewicht zur Süße – eine höchst spannende, aber harmonische Paarung.

Am Ende wird immer auch ein Fazit erwartet, oder nicht? Die Kollektion Stéphane Humbert Lucas – 777 hat mich durchweg überzeugt. Zum einen bildet sie unter dem Vorzeichen des Orients ein breites Spektrum an Duftarten ab – es dürfte somit zwar für jeden etwas dabei sein –, ohne deswegen aber in die Beliebigkeit abzurutschen oder sich der Masse anzubiedern.

Mit dem holzig-harzigen und balsamischen Orientalen „Black Gemstone ging es hier los, woraufhin „Khôl de Bahreïnhier folgte, der sowohl holzig-harzig-rauchiges Flüstern als auch karamellig-vanillig-süße Töne vereinte. In diesem Artikel habe ich mir „2022 Generation – Femme“ und  2022 Generation – Homme angesehen. Ersterer entpuppte sich als geradezu nostalgischer, grün-zitrischer und mandeliger „Cologneduft“, das Herrengedeck hingegen überzeugte mit einem cleanen und futuristischen Oud-Leichtgewicht. „Oud 777“ und „Qom Chilom“ stellte ich hier vor: „Qom Chilom“ war der fruchtig-gewürzige Wasserpfeifenduft, „Oud 777“ zeigt das Adlerholz von seiner bitter, trocken-holzigen und animalischen Seite, um dann aber ganz sanft auszuklingen. Hier widmete ich mich „Oumma“ und „Soleil de Jeddah“, ersterer ein floral-balsamischer Duft, zweiterer eine Zitrus-Ambra-Iris-Komposition voll floraler Eleganz. Erst letzte Woche stellte ich den Ambraduft und „Diamant der Kollektion“ „Ô Hira“ vor.

Muss ich mich für einen Favoriten entscheiden? Ich glaube nicht und das würde mir ehrlich schwer fallen. 🙂

Die Düfte sind ja schon eine Weile auf dem Markt. Welche habt Ihr getestet und welche haben Euch überzeugt? Ich freue mich über Eure Kommentare.

Liebe Grüße
Harmen

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

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