Histoires de Parfums – 1740 – Marquis de Sade

Sade (van Loo)

Ein weiterer Duft also, der dem berüchtigten Marquis de Sade gewidmet ist. Die Älteren unter uns werden sich bestimmt noch an Marielas und meine Duftrezension zu Nez à Nez‘ Ambre à Sade erinnern, dem quietschebunten Walderdbeerduft, bei dem wir nun überhaupt nicht darauf kamen, inwiefern er mit dem lüsternen Markgrafen in Verbindung steht.

Ich darf es schon verraten. Das wird nun vorerst die letzte Besprechung aus der Histoires de Parfums-Reihe sein. Ob 1740 – Marquis de Sade die Krone als bester Duft davonträgt, wird sich in Kürze zeigen.

Kopfnote: Bergamotte, Davana; Herznote: Patchouli, Sand-Strohblume, Kardamom, Koriander; Basisnote: Zedernholz, Elemiharz, Leder, Labdanum (Zistrose)
…klingt doch nach einem Duft mit Potential!

Auf dem Teststreifen erweist sich Marquis de Sade als holzig, ledrig und auch ein wenig harzig. Eine unterschwellig süße Note ist zudem wahrnehmbar. Eine gewisse Würze von Kardamom sowie Kräuternoten von Davana lassen sich ausmachen. Auf der Haut kommt die Würze besser zum Tragen, sodass ich ohne Duftnotenangabe auf Vetiver getippt hätte. Geradezu trocken erscheinen nun auch die Holznoten und ich bin mir nicht sicher, welchem Akteur dies anzulasten ist. Eine kurzes Nachschlagen in einem Fachbuch bringt mich auf eine Spur: Davana vereint krautige und teeähnliche Aspekte mit Noten, die an Whisky oder Cognac erinnern sowie holzige Ambranoten beinhalten. Das würde doch eigentlich gut passen, oder? Ein Telefonat mit Uli bringt Licht in die Sache: es ist die Sand-Strohblume bzw. Imortelle, die hier das Heft in der Hand hat und mit ihren würzigen Noten bekanntermaßen die Geister scheidet.

Gnaphalium arenarium Sturm30

So wie es aussieht, habe ich mir die besten Düfte dieser Reihe ganz unbewusst für den Schluss aufgehoben, denn auch „1969 Révolte“ gefiel mir in meiner letzten Besprechung sehr gut. Auch dieser Kandidat zeigt sehr viel mehr Charakter als es die ersten Düfte vermuten ließen.

Marquis de Sade ist wahrscheinlich eher für einen Herbst- oder Wintertag geeignet und dürfte tendenziell einem Mann besser stehen. Schwülstige oder gar erotische Momente, die der Titel implizit ankündigt, finden sich hier meines Erachtens nicht. Ein Test auf der Haut ist aber geboten, denn hier kommt der Duft weitaus kraftvoller daher als auf dem Streifen.

Doch wer war nun dieser Marquis de Sade, nach dem der Sadismus benannt wurde? Geboren wurde er 1740 und auf den wohlklingenden Namen Donatien Alphonse François getauft. Weltruhm erlangte er vor allem durch seine Schriften, welche man neben seinen kirchenfeindlichen und philosophischen Romanen, ganz klar der harten Pornographie zuordnen kann. Der Marquis ließ sich nicht davon abhalten, diese drastischen Darstellungen auch im echten Leben durchzuturnen, sodass es mehrere Klagen gab, bei denen er einigermaßen glimpflich davonkam, letzlich aber in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde. Was war passiert? Zwei Prostituierte bezichtigten ihn, sie mit Aphrodisiaka gefügig gemacht und zu Gruppensex und Analverkehr gezwungen zu haben. Nach einer Flucht und weiteren Untaten wurde er schließlich eingesperrt und das Todesurteil aufgehoben. Die Zeit im Gefängnis bot ihm nun die Möglichkeit, sich schriftstellerisch auszutoben und bekannte Werke wie „Die 120 Tage von Sodom“ zu verfassen. Als Gefangener in der Bastille rief er im Revolutionsjahr 1789 der demonstrierenden Menge zu: „Sie töten die Gefangenen hier drinnen!“, woraufhin man ihn in die Irrenanstalt brachte. Weitere Gefängnisaufenthalte sollten folgen und auch der große literarische Durchbruch gelang ihm zu Lebzeiten nie.

Ich bin gespannt, wer den Duft schon getestet hat und was Ihr von ihm haltet!

Mit einem sadistischen Gelächter verabschiede ich mich
Harmen

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert