Vor ein paar Monaten kamen vier neue Düfte von Rosendo Mateu in den Shop von Aus Liebe zum Duft, und zwar 1968, 1970, 1988 und 2010. Die vier Eaux de Parfum der Linie Olfactory Journeys basieren auf Formeln des spanischen Meisterparfümeurs Rosendo Mateu, umgesetzt wurde die 2023 lancierte Kollektion allerdings von seinem Sohn Joan. Denn der Namensgeber der Linie, der erst 2017 sein eigenes Label gründete, um sich und seine Ideen selbst zu verwirklichen und nicht nur im Auftrag anderer zu arbeiten, starb leider viel zu früh im Jahre 2022.
Der olfaktorische Nachlass von Rosendo Mateu ist umfangreich und üppig. Nicht nur die eigenen Kreationen der Linie Olfactive Expressions, die ich Euch vor ein paar Jahren hier vorgestellt habe und die ich Euch wie gewohnt im Anschluss verlinken werde. Auch noch nicht lancierte Rezepturen scheint es noch in ausreichender Form zu geben und die Duftkompositionen, die er für andere entwickelt hat, bleiben uns ja ohnehin erhalten. So habe ich die Hoffnung, dass diese wunderbare Marke mit dem Tod von Rosendo Mateu nicht langsam in Vergessenheit gerät, sondern uns nach und nach mit weiteren, noch unveröffentlichten Duftschätzen aus seinem Portfolio verwöhnt, u. a. in der Linie Olfactory Journeys.
Rosendo Mateu im Duft-Tagebuch
- In Düften gesprochen – Rosendo Mateu – Olfactive Expressions
- Auf ledernen Sohlen – Rosendo Mateu – Olfactive Expressions No. 2
- Auf Blüten gebettet – Rosendo Mateu – Olfactive Expressions Nº 3
- Olfactive Expressions No. 4: Von Hölzern umrahmt – Rosendo Mateu
- Winterwonderland – Rosendo Mateu – Olfactive Expressions – Nº 5
- Olfactive Expressions – Nº 6 – Südseeträume – Rosendo Mateu
Olfactory Journeys – Duftende Lebensreise
Die Linie Olfactory Journeys widmet sich dem Leben Rosendo Mateus und seiner ganz persönlichen, duftenden Reise. So verwundert es nicht, dass die Kreationen anstelle von blumigen Namen ganz einfach mit Jahreszahlen betitelt sind. Jede davon steht für ein besonderes Ereignis im Leben des Rosendo Mateus, der 1945 im katalanischen Arenys de Mar in der Nähe von Barcelona geboren wurde und sich in den knapp achtzig Jahren seines Lebens zu einem der angesehensten und renommiertesten Parfümeure entwickelte.
1968 – Die Anfänge
Mitte der 1960er Jahre studierte Rosendo Mateu Chemietechnik und bekam eine Stelle in einem Analyselabor in der Kosmetikforschung. Dies markierte den Startpunkt seiner Karriere als Parfümeur, denn die Arbeit weckte sein Interesse an Düften. 1968 ging er mit gerade einmal Anfang 20 zum Studium nach Grasse und lernte dort das Handwerk des Parfümeurs von Grund auf.
Das Jahr 1968 markiert also die Anfänge seiner erfolgreichen Laufbahn als Duftkünstler und das gleichnamige Eau de Parfum spiegelt diese Zeit, die Landschaft um Grasse und die Eindrücke, die Mateu dort gewonnen hat wider.
So finden sich in der Kreation 1968 die Ingredienzien grüne Noten, florale Noten, Gewürze, aromatische Noten, Tuberose, Rose, Moschus, Vanille und Hölzer. Es soll „ein frisches, florales, natürliches Parfum, basierend auf dem überwältigenden Duft der Tuberose, die sich raffiniert und sinnlich zeigt“, sein.
Die Blüten Südfrankreichs
Die Tuberose kann sich ja so und so zeigen in Düften. Manierlich, stilsicher und sich einer gewissen Etikette bewusst seiend oder auch polternd, gewaltig, schwer und üppig. Diese Eigenschaft besitzen meiner Erfahrung nach alle Weißblüher und so ist es für mich immer ein bisschen eine Überraschungstüte, wenn ich einen Duft mit einer der genannten Ingredienzien zum ersten Mal schnuppere.
Doch war ich mir bei einer Komposition aus dem Hause Rosendo Mateu fast sicher, dass sich die Nachthyazinthe von ihrer wohlerzogenen Seite zeigt. Und so ist es auch. Frische, grüne Noten eröffnen das Eau de Parfum 1968, sehr hell, luzide und transparent, von feinen, nicht näher bestimmbaren Blütennuancen untermalt, ehe sich ganz allmählich und auf leisen Sohlen die lieblichen Akzente von Tuberose und Rose ins Duftgeschehen schleichen.
Erstere sorgt für grünlich-süße Facetten, während die Zweitere der Kreation zusätzliche florale Leichtigkeit verleiht. Schon früh tauchen die ersten Basisnoten in der Komposition auf. Süßlich-würzige Vanille und pudriger Moschus unterstreichen die Transparenz und Luftigkeit von 1968 und lassen den Duft auf wunderschöne Art und Weise ausklingen.
Ein zarter und frischer Blütenduft mit zurückhaltender Tuberose und luzider Rose, der grünliche mit floralen Nuancen vereint. 1968 aus der Linie Olfactory Journeys ist unkompliziert, ein angenehmer Begleiter für Frühling und Sommer, der unbeschwert, leicht und jugendlich wirkt. Vielleicht war Rosendo Mateu eben genau dies, als er mit knapp 23 Jahren anfing, im südfranzösischen Grasse zu studieren, als er das Wissen rund um die Parfümeurskunst in sich aufsaugte und damit den Grundstein für eine wahrlich meisterhafte Karriere legte. Fast schon spüre ich die milde Brise, die über die Blütenfelder rund um Grasse hinwegzieht und die Mateu möglicherweise zu dieser Komposition inspirierte. Ein leichter und subtiler Unisex-Duft, der in der wärmeren Jahreszeit zu jeder Gelegenheit getragen werden kann.
1970 – Auf nach Paris
Die Duftreise geht weiter. Im Jahre 1970 reist Rosendo Mateu nach Paris und intensiviert hier seine Studien. Auch in Genf bildet er sich fort und diese für ihn so besondere Zeit hält er in dem Eau de Parfum 1970 fest. Das Paris der 1970er war geprägt von „Raffinesse, luxuriöser Schönheit, Glamour und Haute Couture.“
Diese luxuriöse und üppige Erhabenheit der französischen Hauptstadt setzt der Maître Parfumeur mit den Ingredienzien zitrische Noten, fruchtige Noten, Hölzer, Gewürze, Erde, Schokolade, Ambra, Moschus, Vanille und Tonkabohne olfaktorisch um. Die drei Schlagworte Tonka, Entfaltung und Glamour stehen auf dem Etikett und wir dürfen gespannt sein, wie sich diese in der Kreation wiederfinden.
Deep Dark Tonka
Für mich ist 1970 das Tonkabohnen-Pendant zu D.S. & Durgas Deep Dark Vanilla. Der Auftakt ist zunächst überraschend zitrisch-fruchtig und ein wenig stechend, was für mich auf den ersten Schnupperer etwas verwirrend ist. Doch bald schon schieben sich cremig-buttrige Facetten ins Duftgeschehen, die dunkler, tiefgründig und erdig-würzig ist.
Die fruchtigen Nuancen werden nach und nach schwächer, lassen herben, an Zartbitterschokolade erinnernden Noten den Vortritt, während im Hintergrund immer noch diese geheimnisvoll anmutete, schwere Gewürzcreme sirenenhaft zu verlocken weiß. Erstes Tonkabohnenfunkeln lässt sich wahrnehmen. Wunderschön spielt die schwarze Schrumpelbohne all ihre olfaktorischen Facetten aus.
Von heuartig-grünlich über dunkel-vanillig bis hin zu wundervollsten Cumarinnuancen zeigt die Tonkabohne sich von ihrer prächtigen und glamourösen Seite. Immer wieder blitzen süß-fruchtige, an Trockenfrüchte erinnernde Akzente auf, ehe die Melange im Ausklang mit Ambra und Moschus allmählich balsamisch-pudrig untermalt wird.
1970 ist der perfekte Duft für alle, die dunkle, warme, würzige und gourmandig-cremige Kreationen lieben, die einer Kombination aus Tonkabohne und Schokolade kaum widerstehen können und die elegante und glamouröse Kompositionen mit einem Hauch von Sex-Appeal bevorzugen. Verwegen wirkt 1970 auf mich, etwas lasziv und verführerisch, geheimnisvoll und ein wenig rätselhaft. Für mich ein perfekter winterlicher Gewürzduft, in meinen Augen Unisex, der mich fast hoffen lässt, es möge übers Wochenende noch einen Temperatursturz samt Schneefall geben. Denn das wäre das perfekte Szenario für diese Kreation. 1970 ist eher ein Duft für kühlere und kalte Tage, der einerseits Präsenz zeigt, gleichzeitig fein ausbalanciert und eher transparent komponiert wurde. Für Tonka-, Schoko- und Gourmand-Fans ein absolutes Must-try. 🤤
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