Late Harvest und Bojnokopff von Fort & Manlé – von Erinnerungen und Zauberern

Wir befinden uns auf der Zielgeraden beim Dufthaus Fort & Manlé, denn in den letzten Tagen habe ich Euch bereits fünf der sieben Kreationen vorgestellt, die die Kollektion des bislang im australischen Melbourne beheimateten Labels umfasst. Wie ich Euch in einem meiner letzten Beiträge bereits berichtet habe, wird die Zentrale der Marke demnächst in die Vereinigten Arabischen Emirate umziehen. Zu Australien soll aber weiterhin eine enge Verbindung bestehen, so Fort & Manlé. Ich verlinke Euch gleich mal noch meine bislang erschienenen Rezensionen:

Fort & Manlé – Late Harvest

Heute soll es sich nun also um die letzten beiden Eaux de Parfum drehen, die die in meinen Augen durchaus spannenden Namen Late Harvest und Bojnokopff besitzen.

Late Harvest – Duft voller Erinnerungen

Auch wenn es der Name der Kreation durchaus vermuten lassen würde, Late Harvest ist kein Ernteduft, kein Herbstduft per se, mit dem das australische Label die Fülle und den Reichtum der Natur preist. Vielmehr ist es ein Zurückblicken im Herbst des Lebens, auf die Erinnerungen, die Erfahrungen und die Erlebnisse, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten das Leben bestimmten oder auch nur begleiteten – im Guten wie im Schlechten. Eine Art Rückbesinnung, ein In-sich-gehen, eine Form von Kontemplation. Sei es beim Durchblättern alter Fotoalben, beim Lesen alter Briefe, beim Besuch eines Ortes, an dem man in Kindheit oder Jugend gelebt oder gerne gewesen ist. Auch ein bestimmter Duft kann diese rückwärts gerichtete Gedankenkaskade in Gang setzen, ebenso der Geschmack eine ehemals geliebten Speise oder die Melodie eines Lieds, das lange Zeit nicht gehört worden ist.

Das Alter kann in Erinnerungen gemessen werden. Die Erinnerung an vergangene Tage, die von Generation zu Generation weitergegeben wird, ist eine Aufzeichnung, die so großartig ist wie die einfachsten Momente, an die sie sich erinnern.

Fort & Manlé – Late Harvest

Rasei Fort nutzt für seinen Duft Late Harvest, den er all jenen Erinnerungen widmet, die spät im Leben geerntet werden, die Ingredienzien Kirsche, Tabak, Vanille, Zedernholz, Rosenholz, Leder und Rose.

Späte Ernte von Erinnerungen

Wunderschön und warm zeigt sich Late Harvest von Beginn an. Die goldenen Noten von Tabakblättern, dezent rauchig und üppig, verschmelzen mit der tiefroten Fruchtsüße reifer Kirschen, dunklem Leder und liköriger Nuancen, die mich an torfigen Whiskey erinnern.

Die Farbe des Eau de Parfum passt für mich hervorragend, dieser herrliche Cognacton, in dem schon beim Anblick so viel Wärme und Intensität steckt. Vanille unterstreicht die rauchigen und dunklen Facetten der Kreation, streut noch eine Prise Gewürzcharakter hinzu, während die Hölzer für aromatische Akzente und Bodenhaftung sorgen.

Fort & Manlé – Late Harvest

Auch wenn ich ihn vorhin explizit nicht als Herbstduft deklariert habe – was im Rahmen dessen ja auch stimmt, was ich damit meinte –, muss ich gestehen, dass Late Harvest für mich doch ein perfekter Herbst- und Winterduft ist. Warm, würzig, rauchig, boozy und von einer feinen Kirschsüße unterlegt, erinnert mich das Eau de Parfum an einen alten Ledersessel vor einem brennenden Kamin. Daneben ein Glas feinsten Whiskeys und in einer Obstschale liegen dunkelrote, glänzende Kirschen, die mich anlachen. Eine richtig tolle Kreation, mit mittlerer Präsenz und einer ausgezeichneten Haltbarkeit, die ich eher am Abend oder zu einem besonderen Anlass tragen würde, denn in Büro und Alltag. 🙂

Bojnokopff – der Magier und sein Hut

St. Petersburg, 1897. Ein geheimnisvoller Magier namens Bojnokopff schafft eine Welt der Illusion, der sich kaum jemand entziehen kann. Dieser fiktiven Person ist das Eau de Parfum gewidmet, ein Duft, der ebenso markant wie mysteriös sein dürfte.

Der große Mr. Bojnokopff
Sein Verbleib ist immer bekannt
Denen, die das Vergnügen hatten
Seine Stimme zu hören und zu fühlen
Das Geheimnis seines größten Tricks
In Erinnerung zu bleiben, ohne gesehen zu werden.
Ist es echt oder nur eine Illusion?

Fort & Manlé – Bojnokopff

Die Duftnoten sprechen eine deutliche Sprache: Lavendel, Vanille, Schokolade, Adlerholz (Oud) und Zedernholz, das klingt definitiv nach einer opulenten Kreation. Ursprünglich hieß die Kreation übrigens „Mr. Bojnokopff’s Purple Hat“, eine Anspielung auf den lilafarbenen Zylinder, den der Magier als Requisite bereithält. Welches Kaninchen er uns daraus wohl hervorzaubert?

Im Bann des Mr. Bojnokopff

Von Beginn an ist Bojnokopff ein echter Draufgänger, ein Krawallmacher, der sich seiner Ausdruckskraft absolut bewusst ist. Von Beginn an strotzt das Eau de Parfum von Präsenz. Die harzigen Rauchnoten von Adlerholz vereinen sich mit krautigem Lavendel. Diese Mischung ist unglaublich dynamisch, besitzt animalische Akzente und ist tiefschwarz gefärbt.

Bitter und dunkel ist das Eau de Parfum, in welchem sich im Hintergrund nach und nach die gourmandigen Nuancen von edelherber Schokolade zeigen. Diese besänftigen den Duft ein wenig, machen ihn geschmeidiger und weicher, jedoch nicht weniger düster. Zedernholz sorgt im Ausklang für eine dezente, balsamische Süße, die für zusätzliche Ruhe und Abrundung.

Fort & Manlé – Bojnokopff

Bojnokopff ist in meinen Augen die eigenwilligste Kreation in der Kollektion von Fort & Manlé. Eine Adlerholz-Komposition hat noch gefehlt in der Linie und dieser übertrifft definitiv all meine Erwartungen. Ein Oudlavendel mit Zartbitterschokolade, das gefällt mir richtig gut. Ein Eau de Parfum, das ein Statement setzt, das nicht gefällig ist, das Ecken und Kanten hat und eine außergewöhnliche Ausdruckskraft. Hätte man mir diese Kombi vorher so genannt, ich hätte vermutlich ziemlich ungläubig geguckt, denn das klingt auf den ersten Leser nicht so, als würde es irgendwie zusammenpassen. Und doch tut es das, und zwar – in meinen Augen – ganz hervorragend. Wer ungewöhnliche und eigenwillige Kreationen mag, wer einen anders gearteten Adlerholzduft sucht, sollte sich dieses Eau de Parfum von Fort & Manlé definitiv auf die To-try-Liste setzen. Mr. Bojnokopff, es war mir eine Ehre, Sie kennenzulernen! ❤️

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert