Wide Society – Le Parfum en Liberté …

… so der Slogan jener neuen Franzosen, die soeben bei uns im Shop gelandet sind. Ok, ich habe einige Pröbchen schon länger auf dem Tisch und war rasend neugierig, sie für Euch zu rezensieren. Allerdings fehlte bis dato jegliche Information zur Firma. Das hat sich jetzt geändert, Vorhang auf also für Wide Society!

Wide Society – olfaktorische Freigeistigkeit

Wer macht es, wer steckt dahinter? Luc Gabriel (The Different Company) und seine „Partners in crime“, die Parfumeurinnen Emilie Coppermann und Alexandra Monet.

EMILIE
LUC
ALEXANDRA

Woher kennen wir die? Emilie Coppermann hat bereits zig Düfte für The Different Company gemacht, daher kennt man sich auch. Darüber hinaus unter anderem Bois d’Iris für Van Cleef & Arpels, Poppy Soma für Les Potions Fatales (!) sowie Diverses für Givenchy, Karl Lagerfeld, Lalique und Paco Rabanne. Alexandra Monet ist noch ein „Jungspund“, hat aber bereits ebenfalls einige Düfte für The Different Company geschaffen.

Falls Ihr es noch nicht wusstet: Ihr könnt bei Youtube (englische) Untertitel einfügen – direkt auf die Youtube-Seite gehen, das Video dort „anmachen“, Symbole im unteren Videorand beachten, viertes Symbol von rechts anklicken, Untertitel anwählen 🙂

No Nonsense-Politik – 0 % Fake, 100 % sinnvolle und verantwortungsbewusste Materialien: keine Folienkaschierung, recycelte und recycelbare Materialien, Glas, Aluminium, Papier, Karton, so wenig Kunststoff wie möglich und nötig, nachfüllbare Flakons.

Eine Duftkonzentration für alle, noch dazu eine besonders hohe – alle Düfte sind lediglich als Absolue de Parfum erhältlich.

Und die Verpackung? Da hat man sich von The Different Company inspirieren lassen – die Marke war diesbezüglich schon immer innovativ. Es gibt drei unterschiedliche „Größen“:

L’Escapade: Für kleine Reisen, als Handtaschenbegleiter, fürs Büro, für Autofahrten, für Landausflüge.‘Drei nachfüllbare Flakons mit 10 ml Inhalt, im speziellen „Escapade“-Etui aus 100 % Baumwolle.

Le Weekender: Ihr ständiger Begleiter. Für mittellange Reisen, Schlossbesuche, die Limousine oder Yacht. Sechs nachfüllbare Flakons mit 10 ml Inhalt, in einer speziellen „Weekender“-Reisetasche, aus 100 % Baumwolle. Inklusive Leinenbeutel und Einfülltrichter.

Le Backpacker: Ein großes Format hat auch seine Vorteile … Ein Aluminiumflakon mit 100 ml – wunderbar leicht! Er begleitet Sie bis ans Ende der Welt. Auch geeignet zum Nachfüllen der 10-ml-Flakons, denn manchmal werden sie so geliebt, dass sie einfach unverzichtbar sind … inklusive Leinenbeutel, Pumpe, Sicherheitsclip, Verschlussdeckel und Einfülltrichter.

L’Escapade

Preislich sind die Düfte von Wide Society eine Überraschung: Sie punkten mit fairen, ja – günstigen Preisen – L’Escapade liegt bei 45 Euro, Le Weekender bei 80 Euro und Le Backpacker bei 95 Euro.

Diese Idee gefällt mir, genauso wie die Aufmachung. Wenn da ein Volltreffer dabei ist, kann man sich gleich die große „Pulle“ kaufen und gerne noch zusätzlich eines der beiden anderen Sets, damit man auch unterwegs versorgt ist. Oder man teilt sich einfach eines der Sets mit einer Freundin, mit Freunden – beispielsweise wenn man von einem Duft weiß, dass man ihn gerne hätte, ihn aber vermutlich nur selten tragen wird … Wenn man mehr als einen, zehn Düfte im Repertoire hat, kommt das mitunter schon mal vor – so zumindest bei mir. Des Weiteren bin ich aufgrund des Umfangs meiner Privatsammlung eher geneigt, bei kleineren Flakons zuzugreifen und nicht immer große Flaschen zu kaufen – kennt Ihr das?

Mich haben Wide Society jetzt schon neugierig gemacht – deshalb sehen wir uns die sechs Düfte, mit denen die Marke gestartet ist, heute und morgen zusammen an!

Up in the Air

… zeigt einmal mehr, dass ich ein Filmnerd bin: Ich muss selbstredend sofort an die gleichnamige Romanverfilmung mit George Clooney denken, die man sich durchaus einmal zu Gemüte führen könnte, auch wenn sie kein Partyfilm ist:

Bei Wide Society schwingt immer wieder das Thema Reisen mit, das sieht man bereits an den Namen der unterschiedlichen Darreichungsformen der Düfte genauso wie an unserem ersten Kandidaten Up in the Air, der folgendermaßen beschrieben wird:

„The subtle and intoxicating smell of leather …

When you sink into a classic and comfortable club chair. Lights are dimmed… Unwind, disconnect! A delicate combination of Rum, Pepper, Birch Wood, Vanilla, Saffron and Leather. Alexandra has developed a light, refined, sophisticated leather note, the atmosphere of luxurious travels aboard the clipper ships. The heart-shaped Iris, lightly powered, comes from the finest harvests of Iris Pallida, the splendid one, native of the hills of Tuscany.

For a day at the office, a weekend in the city, or simply placed in your bathroom, find the right format for always carrying with you a dose of leather. A timeless spirit in a practical format.“

Le Weekender – 6 x 10 ml

Chesterfield-Ledersessel – die fallen mir als allererstes dazu ein, zu Clubledersesseln, die in meiner Phantasie selbstredend nicht in der Business Class sondern in einem Herrenzimmer stehen, das wiederum für mich immer eine Art Bibliothek ist oder zumindest über zahlreiche Bücher verfügt. Ok, die Business Class wird sich in vielen Fliegern auch nicht unbedingt von einem Herrenzimmer unterscheiden 😉 Gedeckte Farben, sorgfältig aufeinander abgestimmt, dunkles Holz und gedämpftes Licht – ein „Schnäpschen in Ehren“ kann hier ebenfalls keiner verwehren, oder nicht? Will sagen: Whisky gehört dazu, von mir aus auch irgendein anderer erlesener Vertreter der Gattung der Edelalkoholika. Über Rum freue ich mich natürlich besonders, den finde ich in Düften nämlich sehr anziehend.

Leider ist das Video auf Französisch und es gibt auch keinerlei englische Untertitel, insofern musste ich mich mit meinem Restfranzösisch daran machen. Monet erzählt darin, dass sie gerne arbeitet und reist, und dass sie einen Lederduft im Kopf hatte, der dieses Material plastisch beziehungsweise mit all seinen Facetten darstellt in Kombination mit Rum.

Das ist ihr gelungen. Wenn es so in der Herrenlounge duftet, egal ob nun in der Business Class oder in den Gemächern irgendeines Herrenclubs, dann möchte ich in Zukunft auch dort weilen. Die angegebenen Ingredienzen sind überschaubar: Rum, Piment, Birke, Vanille, Safran, Leder – reicht ganz offensichtlich aber auch. Eine schöne, dunkle (Glatt)Ledernote, samten und von einer dezenten Rauchigkeit dank der Birke, die gleichermaßen „shiny“ wirkt, glatt dank einer gewissen Kühle als auch Patina aufweist sowie Robustheit, die hier durch ihre Würzigkeit angedeutet wird sowie die Anklänge von Rauch (Birke, vermutlich Birkenteer). Vanille cremt und süßt auf eine überaus angenehme Art, Safran würzt hinein in seiner charakteristischen, einzig- sowie eigenartigen Weise genauso wie Piment, das eine hintergründige Schärfe spendet, die hin und wieder aufleuchtet. Und dann ist da noch der Rum – ein alter ist es, einer, der Noten von gelben Früchten vorzuweisen hat, vermutlich tropischen, der sonnengewärmt und -verwöhnt sich zeigt und darüber hinaus Kakaopudrigkeit verströmt. Ich hätte wetten können, dass hier Patschuli am Werk ist – es ist so auffällig, diese Kakaonote, diese süß-unsüße, tiefe, samtige, die sich so appetitlich mit Rum und Leder vermischt.

Ein erwachsener Gourmand-Lederduft, so würde ich Up in the Air einstufen und ihn Männlein wie Weiblein empfehlen. Von der Richtung her sehe ich ihn in weiterer Verwandschaft von Lubins Idole (aufgrund der likörigen Rumnote), Serge Lutens‘ Borneo 1834 (wegen der Kakaonote und der „Farbigkeit“) sowie ferner David Jourquins Cuir Caraïbes (wegen der ansatzweise vorhandenen tropischen Tendenz des Leders). Wer generell Lederdüfte mag, deren Ledrigkeit durch Früchte „aufgebrochen“ beziehungsweise kontrastiert wird, ist hier ganz bestimmt richtig – ich denke da an Freunde von Tom Fords Tuscan Leather, Parfum de Marlys Godolphin, Mark Birleys Charles Street.

Sign of Times

Zeichen der Zeit(en) – Alterserscheinungen gar? 😉 Ich plädiere für – Weisheit. Reife. Gelassenheit. Und auf dem Sofa rumlullen. Geborgenheit. Das Gefühl des Angekommenseins. Neudeutsch – Hygge oder so. Das lese ich aus der Beschreibung des zweiten Duftes Sign of Times heraus:

„Like a cashmere throw we all want to carry with us to feel just like at home, even at the far end of the world! A cocktail of Grapefruit, Sage, Cashmere Wood, Libanon Cedarwood on a bed of Amber, Incense and Musk.

For a day at the office, a weekend in the city, or simply placed in your bathroom, find the right format for always carrying with you a dose of comfort. A cocoon spirit in a practical format!“

Kaschmir wird angesprochen – da klingelt es bei mir: Wide Society sind nicht die ersten, die einen Duft schaffen, der an eine Kaschmirdecke oder vielmehr an bestimmte Gewebe, bestimmte Stoffe erinnern soll.

Kurzes Brainstorming … Acqua di Biella Le Vie della Lana widmete sich den Wollstoffen und hatte einen tollen Kaschmirduft in petto mit Cashmere Twill. UÈRMÌ haben sich komplett den Textilien verschrieben mit ihrer Linie. Cristiano Fissore, Edelkaschmirstricker aus Italien, hatte einmal zwei wunderschöne Düfte im Programm, die allerdings mittlerweile vergriffen sind. Im Mainstreambereich gibt es ebenfalls einiges dazu. Und wenn ich noch ein bisschen weiter nachdenke, fällt mir noch eine Menge mehr ein …

Nichtsdestoweniger – das Motiv ist ein beliebtes, ein schönes und begehrtes. Die Assoziationen, die mit einer Kaschmirdecke verbunden sind, dürften allesamt in die Richtung gehen, die ich oben genannt habe. Geborgenheit, Vertrautheit, Wohlbefinden. Vollkommen universale Grundbedürfnisse. Coppermann hat für ihre olfaktorische Interpretation folgende Zutaten in den Flakon gepackt: Grapefruit, Salbei, Kaschmirholz, Libanon-Zedernholz, Ambra, Weihrauch, Moschus.

… diese Kaschmirdecke ist unisex! Und ja, sie ist begehrenswert. Einzelne Duftnoten sind kaum auszumachen, die Ingredienzen verweben sich zu einem dichten Duftteppich, einer dicken Duftdecke, um in der Terminologie zu bleiben. Einerseits versprüht Sign of Times eine gewisse zitrische Frische, die eher einem Leuchten gleicht als einem funkelnden Strahlen oder einem ständig blinkenden Prickeln, wenn Ihr wisst, was ich meine. Andererseits finden sich krautig-kräuterig-herbe Elemente, Salbei in schönstem Dunkelgrün, sowie Hölzer. Die Zeder, aromatisch-ernst und gleichzeitig sauber, bisweilen seifig-holzig, deren Charakter von überaus zarten Weihrauchschwaden untermalt wird, die einhüllen, begleiten, beschützen. Und Ambra stiftet Wärme, Sonnenwärme, würzig-balsamische, die den Duft ausgleicht.

Dennoch – Sign of Times ist seinem Charakter nach eher ein kühler Duft, obschon ihm auch warme Seiten innewohnen. Er ist gleichermaßen leicht wie „schwer“, einfach als auch komplex – und damit ein perfektes Abbild seines Vorbilds, jener Kaschmirdecke …

Ein Immergeher mit Charakter im allerbesten Sinne. Ich glaube, er zieht bei mir ein – und darf dann direkt neben Byredos Sunday Cologne (einem meiner Alltime-Favoriten) stehen, dem er in gewisser Weise von der Zielrichtung her ähnelt. Sign of Times kann man sich auch bestens mit dem Mitbewohner oder der Mitbewohnerin teilen, den Lebensabschnittsgefährten oder wie auch immer. Er ist für beide Geschlechter gleichermaßen perfekt geeignet, wie schon erwähnt.

Der Einstieg in die Marke Wide Society war schon mal überzeugend – ich bin gespannt, wie es weitergeht!

Viele liebe Grüße

Eure Ulrike

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Maase, Christine
    26. Juli 2021
    Antworten

    Hallo Ulrike, hab mir auch die ‚kaschmirdecke‘ gekauft. Wobei da zu viel Holz in der Wolle steckt. Aber zum Entspannen so für mich alleine ganz nett. Aber kein Immergeher für mich. Jede Haut ist halt anders…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert