Reise durch Frankreich mit L’Artisan Parfumeur

… führt uns heute in die schöne Provence und die raue Bretagne mit Bucoliques de Provence und Un Air de Bretagne. Die 2016 ins Leben gerufene Les-Paysages-Kollektion von L’Artisan Parfumeur dreht sich um die verschiedenen Landschaften unseres wunderschönen Nachbarlandes. Doch nicht nur das! Die Kollektion versucht, die speziellen und spezifischen Gerüche dieser Regionen einzufangen und so anschaulich zu machen. Als erster Duft der Kollektion erblickte Bucoliques de Provence das Licht der Welt, im letzten Jahr stieß dann der Bretagne-Duft dazu.

Rückblickend fällt mir auf, dass ich in meiner erster Schaffenszeit im Jahre 2010 für das Dufttagebuch bereits einige Kreationen aus dem Hause L’Artisan Parfumeur rezensiert habe. Die wundervollen Reisedüfte des Bertrand Duchaufour, die uns mit Fleur de Liane in den tiefsten Dschungel Panamas, mit Timbuktu ins Herz Afrikas und mit Dzongkha ins Reich des Donnerdrachens entführten. Dann die diverse Schöpfungen der bezaubernden Olivia Giacobetti wie L’Été en douceThé pour un Été und L’Eau de L’Artisan, die ich nicht in einem, sondern in zwei Artikeln besprochen habe. Tja, und dann noch der prächtige Marie-Antoinette-Gedächtnis-Duft La Haie Fleurie, diese blühende Jasminhecke, die uns ebenfalls der L’Artisansche Haus- und Hofgärtner, äh -parfumeur Bertrand Duchaufour anpflanzte.

L’Artisan Parfumeur – Bucoliques de Provence

Starten wir heute also mit dem Erstgeborenen der Les-Paysage-Kollektion, der den malerischen Titel Bucoliques de Provence trägt. Der Name des Duftes ist mehrdeutig. Zum Einen sind Bucoliques, zu deutsch Eklogen, Hirtengedichte. In erster Linie ist hiermit ein Sammelwerk Vergils gemeint, das zehn Hirtengedichte umfasst, die aber mit der Provence nicht wirklich was zu tun haben. Des Weiteren gibt es ein Buch des französischen Autors Henri Bosco mit dem Titel „Bucoliques de Provence“ aus dem Jahre 1944, zu dem ich sonst keine weiteren Informationen gefunden habe. Das Adjektiv „bucolique“ bedeutet übersetzt ländlich, naturverbunden, idyllisch, pastoral. Ich würde den Titel des Parfums ganz spontan mal mit „Idyllisches aus der Provence” übersetzen.

Ein Akkord aus ledrigem Lavendel, der von Iris und Gewürzen modernisiert wird und all das inspiriert von dem Savoir-faire der Künstler aus Grasse. Bucoliques de Provence ist ein Duft in limitierter Edition. Er markiert den Beginn einer neuen Kollektion, die von verschiedenen Regionen Frankreichs inspiriert wurde. Dieses Parfum ist eine Hommage an die Geschichte von Grasse. Die Parfumkunst dieser Region mit ihren typischen Lavendelfeldern reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück und ist mit der historischen Lederherstellung eng verbunden.

Der Parfümeur kombinierte Lavendel und Leder mit Iris und Gewürzen, die zusammen einen weichen, facettenreichen Duft ergeben. Bucoliques de Provence ist modern in seinem klaren und natürlichen Ansatz.

Der Parfumeur Fabrice Pellegrin, gebürtiger Franzose, kann ein stattliches Parfumportfolio aufweisen: Neben Aedes de VenustasCierge de Lune ist er auch für einige Diptyque-, Agonist-, Reminiscence– und viele weitere Duftkreationen verantwortlich. Für L’Artisan Parfumeur scheint er erst seit 2016 kreativ aktiv zu sein. Allerdings gehen mit unserem heutigen Bucoliques de Provence, Au Bord de L’Eau und Sur L’Herbe hier auch schon drei Duftkunstwerke auf sein Konto. Fleißig, fleißig, Monsieur Pellegrin!

Für Bucolique de Provence greift Fabrice Pellegrin beherzt ins Duftnotensäckchen und schnappt sich die Ingredienzien Iris, Lavendel und Leder.

Bereits direkt nach dem Aufsprühen offenbart die provenzalische Duftkreation aus dem Hause L’Artisan Parfumeur wunderschöne fein-cremige Irisnoten, sehr weich, sehr hautnah, von pudrigen Nuancen durchzogen und von einer ganz dezenten Lavendelwürze untermalt. Während auf dem Teststreifen die Lavendelnoten im weiteren Verlauf Fahrt aufnehmen, bleibt Bucolique de Provence auf meiner Haut primär irisbezogen.

Das Papier zeigt dagegen krautig-aromatische Noten, fein-herb, mit ledrigen und wacholderartigen Anklängen durchsetzt. Diese gehen mit den wärmend-weichen Noten der Iris eine wunderschöne Melange ein. Man fühlt sich fast in die warme Abendsonne der Provence versetzt, inmitten von Wiesen und Lavendelfeldern. Die Grillen zirpen im Hintergrund und ein laues Lüftchen weht um die Nase … Himmlisch!

Die Provenceidylle vermisse ich noch ein wenig auf meiner Haut, doch auch diese wird nach und nach offenbarungsfreudiger. Die Iris hat zwar immer noch das skinnig-pudrige Ruder in der Hand, doch gelingt es der krautigen Lavendelnote auch hier, sich mehr Raum zu verschaffen. Deutlicher als der lila Lippenblütler tritt bei mir allerdings das Leder zutage: Ein helles und samtig-weiches Wildleder, das sich mit der Iris aufs Harmonischste vereint.

L'Artisan Parfumeur - Bucoliques de Provence

Bucoliques de Provence ist ein warmer, wärmender und friedlicher Duft. Die würzig-krautigen Noten des Teststreifens treffen für mich die provenzalische Idylle mehr als die dezent lavendelige Lederiris meiner Epidermis. Vom Grundton her zeugen aber beide Duftausprägungen von Transparenz, Helligkeit und Leichtigkeit. Wer einen Lavendelkracher sucht, liegt mit Bucolique de Provence sicherlich falsch. Dafür ist die Lavendelnote – sowohl auf dem Papier wie auch auf der Haut – insgesamt zu zart. Wer aber einen alltags- und bürotauglichen Begleiter sucht oder sich an Lavendel, Leder und Iris erst einmal herantasten möchte, der könnte bei dieser Kreation aus dem Hause L’Artisan Parfumeur genau richtig liegen.

L’Artisan Parfumeur – Un Air de Bretagne

Der raue und wilde Charme der Bretagne stand für Un Air de Bretagne Pate. Die Region im Nordwesten Frankreichs zeichnet sich zwar durch ein durchschnittlich mildes Klima aus, doch sind häufige Schauern und starke Winde eher die Regel, denn die Ausnahme. Der Jodgehalt der Luft ist in der Bretagne besonders hoch, was deutlich wahrnehmbar ist. Dieser spezielle Jod- und Meeresgeruch der Bretagne inspirierte die Parfumeurin Juliette Karagueuzoglou zu dem Duft Un Air de Bretagne, was übersetzt soviel bedeutet wie „Luft der Bretagne“.

Ein frischer und salziger maritimer Akkord, der von den reißenden Wellen der Bretagne inspiriert wurde. Parfümeurin Juliette Karagueuzoglou war von der wilden Küste der Bretagne so fasziniert, dass sie deren jodhaltige Luft in eine Flasche bannen wollte. Um die Meeresgischt heraufzubeschwören, komponierte sie erst einen maritimen Akkord, den man sich als Salzdunst vorstellen kann. Wie eine Leinwand, die sie mit dem Absolue von Seetang überzog sowie dem Absolue der Zypresse, welche das stürmische Herz des Duftes ausbalanciert und ihm außerdem einen grünen Hauch verleiht, der wiederum an die Bretagne erinnert.

Auf der Haut gibt die Brise einer süchtig machenden Weichheit Raum … Der Sturm draußen wird zu einem wohligen Murmeln.

Die junge Parfümeurin mit dem schwierigen Nachnamen komponierte die Ode an die Bretagne für L’Artisan Parfumeur mit den Duftnoten Zypresse, Maritime Noten und Seegras.

Der Ankündigung folgend zeigt sich Un Air de Bretagne als Gischt- und Meeresduft par excellence. Deutlich salzig und jodhaltig, kühl und feucht, mit herb-grünen Noten und würzig-zitrischen Untertönen. Die Kreation ist sehr komplex. Die Duftnoten verschmelzen zu einer Einheit, zu einem Meer aus Salz und Jod und Algen. Man spürt förmlich die aufbrausende Gischt der Wellen, die gegen die nackten dunklen Felsen der Küste krachen. Tosend-tobendes Salzwasser trifft auf nackten, zerklüfteten Fels. Mineralisch-steinige Noten, frisch, feucht, jodhaltig und algenakzentuiert.

L'Artisan Parfumeur - Un Air de Bretagne

Un Air de Bretagne fängt das raue Klima und die unbändige Natur der nordwestfranzösischen Halbinsel gekonnt auf. Hier haben wir keinen Sommer-Sonne-Mittelmeer-Aquaten, für den sich braungebrannt-muskulöse Männermodels ins knappen weißen Speedos auf Gummibooten oder Jachten räkeln. Dieser Meeresduft, trägt den herben und wilden Charme des Atlantiks in sich. Auf Booten sehe ich hier höchstens wettergegerbte Fischer, die den hohen Wellen und den widrigen Bedingungen der offenen See trotzen.

Ob Fischer oder nicht – allen Freunden von maritimen Noten sei ein Test von Un Air de Bretagne auf jeden Fall ans Herz gelegt. 🙂

Damit verlassen wir für heute das schöne Frankreich. Ich wünsche Euch eine schöne Woche!

Liebe Grüße,
Steffi

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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