Gespannt wie ein Flitzebogen

saßt Ihr bestimmt das ganze Wochenende da; zitternd vor Aufregung, lechzend, den Montag kaum erwarten könnend. 😉

Hier also der versprochene, mit Spannung erwartete dritte Teil über Mademoiselle Giacobettis Kreationen. Das heutige L’Artisan-Düftchen der Dame trägt den schlichten Namen L’Eau de L’Artisan und wurde im Jahre 1993 lanciert.

Hier die Duftnoten: Zitrone, Minze, Basilikum, Gras, Seegras. Recht überschaubar also was das Inhaltliche angeht. Aber da ja Quantität nicht unbedingt gleich Qualität bedeutet und ich mir sicher bin, dass die gute Frau Giacobetti auch aus nur zwei Duftnötchen ein herzallerliebstes Parfum komponieren könnte, bin ich trotz der beschränkten Ingredienzien äußerst guten Mutes. 🙂

Vor allem bin auch ich gespannt, ob der dritte Duft im Giacobettischen Bunde auch die Teststreifen-Haut-Divergenz aufweist wie die beiden bereits am Freitag vorgestellten, L’Été en douce und Thé pour un Été.

Wir werden sehen! Mmmh, was sich zeigt ist interessant. Haut und Teststreifen zeigen wieder deutlich untschiedliche Duftverläufe. Allerdings finde ich hier beide irgendwie gut. Beginnen wir mit meiner Haut: hier startet L’Eau de L’Artisan stark zitrisch, ja man könnte schon beinahe zitrisch-zitrisch sagen. Frisch, hell, spritzig wie eine just in diesem Moment mit roher Gewalt in der Hand zerdrückte Zitrone, sonnengereift in den Hainen Siziliens. Lecker! Die erfrischende Zitrusfrucht wird von einer leichten Süße begleitet, die mich spontan an den Geschmack der gelben Nimm 2-Bonbons erinnert. Als Urheber der süßen Note identifizierte ich im weiteren Verlauf die Minze, der keine mentholische Schärfe innewohnt, sondern eben diese irgendwie erfrischende Süßlichkeit. Die Kombination von grün-minzig und zitrisch lässt mich an Zitronenmelisse denken. Der Duft wird ein wenig krautiger, ja grasiger. Salzige Noten vermag ich nur ganz unterschwellig zu erahnen. Insgesamt dominiert auf meiner Haut eindeutig die Hesperide, die nach geraumer Zeit zwar die krautige Note neben sich akzeptiert, sich aber den ganzen Duftverlauf über nicht unterkriegen lässt. Tapferes Zitrönchen!

Nun zum Teststreifen: hier beginnt der Duft ebenfalls zitrisch, allerdings zeigt sich die gelbe Inselfrucht hier von einer herberen Seite. Alsbald eilen auch schon krautige Noten heran, die die Zitrusfrucht recht schnell zum Schweigen bringen. Die Minze offenbart hier kaum Süße, dafür aber mentholische Anklänge. Viel grün-krautiger erscheint mir der Duft auf dem Teststreifen. Und auch viel geruchsintensiver. Auf meiner Haut war er sehr transparent. Salzig-maritime Noten vereinen sich mit der grün-minzigen Kräuterstreitmacht. Der Duft erinnert mich zum Teil an an den Strand gespülte Algen. Kennt Ihr den Duft? Salzig und irgendwie grün, vereint mit diesen ganz bestimmten Meeresnoten. Plötzlich schafft es auch die Zitrone, sich wieder mit ins olfaktorische Spiel zu bringen. Ganz leicht schwirren zitrische Noten mit im grün-krautigen Meereswirrwar.

Ich muss sagen, mir gefallen beide Duftverläufe, die zum Teil übereinstimmende Faktoren besitzen, sich in anderen aber auch wieder völlig unterscheiden. Die Variante auf dem Teststreifen erscheint mir interessanter, weil die in ihr tobende Meeresgischt dem Duft für meinen Geschmack mehr Charakter, mehr Lebendigkeit schenkt und ihn auch individueller macht. Die Variante auf meiner Haut dagegen ist sehr gefällig, ein Hesperidenduft im Stil eines klassischen Eau de Colognes. Da fehlen mir persönlich ein bisschen die Ecken und Kanten.

Was dem Duft in beiden Varianten auf jeden Fall innewohnt ist die deutliche Handschrift von Frau Giacobetti: Minimalismus, Transparenz, die Fokussierung auf das Wesentliche. Es ist wie ich finde eine Kunst, ihre Kunst ohne großen Schnickschnack mit einfachsten (manchmal auch ungewöhnlichen) Mitteln ganz großes Duftkino zu evozieren und dabei durchweg alltagstauglich zu bleiben.

Wie geht es Euch mit Frau Giacobetti? Habt Ihr einen Liebling der Dame? Kennt Ihr die Düfte, die ich heute und am Freitag vorgestellt habe? Falls ja, wie ist Eure Meinung zu ihnen?

Einen schönen Wochenstart wünscht Euch,

Eure Stephanie.

Bildquelle: Eureka lemon in the Water Conservation Garden von Stickpen und Algas da Praia de Boa, Noia, Galiza, Spain von Luis Miguel Bugallo Sánchez – some rights reserved. Vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

7 Kommentare

  1. Christian
    16. August 2010
    Antworten

    Hallo liebe Stephanie,

    prima Beschriebung, Danke!
    bis vor kurzem war ich nicht soooo begeistert von div. Giacobetti-Düften (auch wegen meist geringer Haltbarkeit, zumindest auf meiner Haut), aber letzte Woche habe ich bei Euch eine Preparation Parfumee-Probe (Signatur-Duft von Andree Putman, deren Homepage übrigens sehenswert ist) bestellt: WOW! Klar, einfach und gleichzeitig raffiniert und den ganzen Tag ein prima Begleiter, ich denke für Mann wie Frau bestens geeignet; ich scharre mit den Hufen und bin kurz vor der Bestellung!

    Viele liebe Grüße
    Christian

    • Steffi
      17. August 2010
      Antworten

      Lieber Christian,
      oh, da machst Du mich neugierig. Den Putman-Duft von Giacobetti habe ich bisher noch nicht schnuppern können, schwänzel aber schon länger um ihn herum. Schon allein die Duftnote Treibholz reizt mich total. Habe vor meinen Augen schon ein Duftbild im Kopf, das ich mit dem tatsächlichen noch unbedingt noch abgleichen muss, ja: muss!! Und nach Deiner Beschreibung klingt der Duft noch mehr nach: testen muss!!! 😉

      Zur angesprochenen Haltbarkeit: auf meiner Haut war sie okay. Klar, wir haben es hier nicht mit einem Tauerduft zu tun, der auch nach mehrmaligem Duschen noch deutlich wahrnehmbar ist (zumindest auf meiner Haut… ich bin jedesmal erstaunt). Als schnellflüchtig würde ich die bisher von mir besprochenen Giacobetti-Düfte nicht bezeichnen, eher mittelflüchtig. 😉
      Auf einen muss ich kurz noch zu sprechen kommen: Der zauberhafte L’Artisan-Duft Dzing! von Frau Giacobetti war dagegen auf meiner Haut eher langanhaltend. Und: war auf dem Teststreifen wieder gänzlich anders. Hier roch er einfach nur nach Pferdestall. Während sich auf meiner Haut eine wunderschön karamellige Sägespänenote mit ganz leichten Pferdenuancen und dezent rauchigen Wir-schießen-den-Clown-aus-der-Kanone-durch-die-Manege-Noten entwickelte. Die Zirkusassoziation war absolut da, beinahe spürte ich schon die viel zu harte Sitzbank unter meinem Gesäß. 😉

      Liebe Grüße und viel Spass mit dem Treibholz,
      Steffi

  2. Ulrike
    20. August 2010
    Antworten

    Anmerkung: das Treibholz ist tolltolltoll!
    Ich mag ihn sehr, den Putman!

  3. Christain Simon
    28. August 2010
    Antworten

    Toll, wirklich – gerade habe ich das Paket bekommen, und auch Flasche und Umverpackung sind perfekt abgestimmt auf den darin befindlichen Duft (ja, der ist tolltolltolltoll ;-))!
    Beste Grüße
    Christian

    • Steffi
      4. September 2010
      Antworten

      aiaiaih, jetzt kam mein treibholz-pröbchen und ich muss sagen: ganz, ganz, ganz entzückend! vielen dank für den tollen tip! 🙂

      • Ulrike
        8. September 2010
        Antworten

        Gell? Das Treibholz ist schön, finde ich auch 🙂

  4. Steffi
    29. August 2010
    Antworten

    Jetzt habt Ihr mich so neugierig gemacht, dass ich mir den Treibholz-Duft auch bestellen muss-muss-muss! 🙂

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