Fleur de Sanshō – Masakï Matsushïmas Haiku-Trio …

… beschäftigt uns noch weiter: Nachdem ich Euch bereits Sillage de Thé vorgestellt hatte, ist heute Fleur de Sanshō an der Reihe.

Die Blüte – Fleur de Sanshō

Fleur de Sanshō bezeichnet die Blüte einer uns wohlbekannten Ingredienz. Wie bei den anderen beiden Düften des Haiku-Trios gibt es auch zu Fleur de Sanshō ein Gedicht:

Kohlefarbene Blasen
halten mich, überraschen mich,
rauben mir den Atem.
(Haiku von: unbekannt)“

Ein Kommentar des Parfumeurs darf ebenfalls nicht fehlen:

„Die olfaktorische Interpretation einer Pfefferblüte; eine Explosion der Frische und eine umwerfende Blütenkraft.“ Jean Jacques

Von Zanthoxylum piperitum ist die Rede, dem Japanischen Pfeffer, auch Szechuanpfeffer, Anispfeffer, Japanischer oder Chinesischer Pfeffer genannt. Hier wird man schon stutzig – zu Recht, denn es ist wieder etwas kompliziert, wie so oft in der Botanik:

„Die Gattung Zanthoxylum, zu der die verschiedenen als Szechuanpfeffer bezeichneten Arten gezählt werden, gehört zur Familie der Rutaceae, ist also mit den Zitruspflanzen (Citrus) verwandt. Der Gattungsname lässt sich mit „Gelbholz“ übersetzen und beschreibt so eines der charakteristischen Merkmale der Pflanzen; „Gelbholz“ werden verschiedene Arten unterschiedlicher Gattungen genannt.“

Wiki fasst perfekt zusammen und lässt nicht unerwähnt, was wichtig ist: Der Begriff des Szechuanpfeffers wird für unterschiedliche Gewächse der Gattung Zanthoxylum angewendet, die allerdings allesamt nichts gemein haben mit Piper Nigrum, dem Schwarzen Pfeffer. Dieser, der nicht unbedingt schwarz sein muss, sondern in diversen Farbvarianten (mit jeweiligen Geschmacksunterschieden) vorkommt, ist der „echte Pfeffer“, entstammt der Familie der Pfeffergewächse (Piperaceae) und der Gattung der Pfefferartigen (Piperales), während der Szechuanpfeffer der Familie der Rautengewächse (Rutaceae) und der Gattung der Seifenbaumartigen (Sapindales) entstammt.

By Didier Descouens (Own work) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
Manchmal macht sie es einem ganz schön schwer, die Botanik – beispielsweise bei den Zitrusfrüchten. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich mir anfänglich bei den Duftnotenzuordnungen im Shop die Zähne ausgebissen habe an den ganzen Hybridfrüchten, vor allem wenn die englischen Duftnoten doppeldeutig sind und in der Übersetzung eben nicht genau einer Frucht zugeordnet werden konnten.

Kommen wir aber zurück zu unserem Pfeffer:

„Die Pflanzenarten der Gattung Zanthoxylum sind im gesamten asiatischen Raum zu finden, werden aber nicht überall als Nutzpflanze angebaut. Das Hauptverbreitungsgebiet befindet sich vor allem in der Himalayaregion. Als Gewürz wird Szechuanpfeffer vor allem in Zentralchina, Tibet, Nepal, Japan und Korea verwendet. Weniger große Vorkommen gibt es auch im afrikanischen und amerikanischen Raum.“

Ein Charakteristikum ist der prickelnde und betäubende Geschmack, der auf Amide zurückzuführen ist. Wirklich scharf allerdings ist der Szechuanpfeffer nicht – diese Wahrnehmung, die fälschlicherweise häufig entsteht, liegt wohl an seiner Verwendung in diversen paprikahaltigen Gerichten (vor allem auch der Sichuan-Küche) sowie seine Verwendung als Bestandteil einiger Gewürzmischungen, so auch das Fünf-Gewürze-Pulver, welches außer dem Szechuanpfeffer noch Sternanis, Zimtkassie, Fenchel und Gewürznelke enthält. Verwendet werden meist die getrockneten, samenlosen Fruchtschalen, allerdings finden auch andere Bestandteile Verwendung, vor allem in der japanischen Küche: Junge und frische Blätter verarbeitet man zusammen mit der bekannten Miso-Paste zu Kinome, für die Würzpaste Misansho werden unreife Früchte mit Salz eingekocht. Selbstredend ist der Szechuanpfeffer auch ein Superfood, genauso wie unser Matchatee, dem sich der erste Duft des Trios widmete – jede Menge Antioxidantien sind vorhanden, meine Lieben!

By Didier Descouens (Own work) [CC BY-SA 3.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
„Fleur de Sanshō wird die Herzen all jener erobern, die auf der Suche nach Mysterien und Sinnlichkeit sind“ verspricht uns die Marke – das muss doch gleich überprüft werden! Neben dem Szechuanpfeffer ist auch „echter“ Pfeffer im Flakon, darüber hinaus Angelika, Bergamotte, Rose, Orangenblüte, Zedernholz und Matétee.

Fleur de Sanshō ist ein leiser Vertreter, einer, den man vielleicht unterschätzt, wenn man sich ihm nur im Vorbeigehen widmet. Man sollte sich schon ein wenig Zeit nehmen für den Duft. Er ist kein wahnsinnig komplexer Duft, genauso wenig wie sein Vorgänger, dennoch macht er mir Freude: Pfeffrig und würzig kommt er daher, von zitrischen Noten angestrahlt (Szechuanpfeffer hat zitronige Akzente, die hier von Bergamotte noch verstärkt werden). Dass Pfefferwürze und Hesperidenfrüchte eine gute Kombination sind, wissen wir bereits – damit kann man unmöglich fehlgehen. Fleur de Sanshō hat aber noch viel mehr zu bieten: Er ist kein kühler oder frischer Duft, wie man vielleicht jetzt meinen möchte, vielmehr überzeugt er mit vielen anderen Facetten, die er uns chamäleonartig präsentiert. Mit einer modernen, minimalistischen Wärme, die subtile Pudrigkeit aufweist. Mit zarten, floralen Anklängen, die eine feine, hintergründige Süße stiften, aber durch holzige Akzente perfekt ausbalanciert werden, was unsere Pfefferblüte hier auch absolut tauglich für Männer macht. Und ein paar feine Teearomen wirft er darüber hinaus mit ins Spiel. Auf meiner Haut zeigt er eine sehr gute Präsenz und eine schöne Sillage, obschon ich ihn mit dem Roll-On und eher „spärlich“ aufgetragen habe – für seinen eher zurückhaltenden Charakter ist das außergewöhnlich.

Fleur de Sanshō ist ein zarter Pfeffergeselle und ein modernes Duftchamäleon: Ein Duft, der es meisterhaft versteht, sehr unterschiedliche Duftrichtungen, Attribute unter einen olfaktorischen Hut zu bekommen – er ist pfeffrig-würzig und verhalten pudrig, holzig, dezent floral, pastellig grün und sanft zitrisch. Und obschon sich das nach einem Sack voll Buntem anhört, vermag er es, diese Facetten wundervoll harmonisch zu vereinen. Ich sehe ihn sowohl an Männlein als auch Weiblein, zu so gut wie jeder Jahreszeit (ok, vielleicht nicht im Hochsommer …) und zu jeder Gelegenheit, jedem Anlass. Er ist business- und ausgehtauglich, ein echter Immergeher und als solches ein Cologne-Ersatz, ohne ein Cologne zu sein. Bei mir wird er jetzt erst einmal in den Dauertest gehen, ich mag ihn nämlich wirklich außerordentlich gerne.

Mal sehen, was uns Bois d’Hinoki noch bringt, der dritte und letzte Haiku-Kandidat …

Viele liebe Grüße

Eure Ulrike

 

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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