Ricina und Stramonio von V Canto – Giftige Zaubertränke

Lange, lange ist es her, dass V Canto zuletzt bei uns im Dufttagebuch gastiert haben. Genauer gesagt: Vor unglaublichen vier Jahren habe ich über die drei Düfte Lucrethia, Cicuta und Mandragola referiert (nachzulesen hier). V Cantos Vorliebe für die italo-spanische Familie der Borgia ist hinlänglich bekannt und wurde von mir bereits in meinem letzten Artikel im August 2016 genauer erläutert. Die Borgia zeichnen sich durch Machthunger, Skrupellosigkeit und absolutes Unsympathentum aus, was sie zwar einflussreich, aber nicht sonderlich beliebt machte.

V Canto – Flakon

Trotz oder gerade wegen all ihrer negativen Eigenschaften, all der Gerüchte, die um sie herum brodelten, eignen sich die Borgias natürlich hervorragend als spannende Inspirationsquelle für allerlei und so auch für Düfte. Das hat V Canto ganz richtig erkannt. Und so handeln die heutigen Kandidaten Ricina und Stramonio von zwei Giften, die die Borgias auf dem Weg an die Spitze der Macht mitunter hier und da eingesetzt haben könnten.

Ricina – V Canto

Bei Ricina, das dürften die meisten ableiten können, beschäftigt sich V Canto mit dem Gift Rizin, das aus den Samen des tropischen Wunderbaums gewonnen werden kann und das hochtoxisch wirkt.

Rizinus, oder der Wunderbaum, ist eine außerordentlich prächtige Pflanze, die – wie nahezu alle schönen Dinge – ihre verhängnisvolle Seele gut verbirgt. Dieses wundervolle, prachtvolle Gewächs, mit seinem vielfältigen Farbenspiel und anziehenden Früchten blüht das ganze Jahr über und wurde bereits von Lucrezia Borgia verwendet, um ihre Gärten zu schmücken.

Gleichzeitig bergen die Samen ihrer verführerischen Früchte in ihrem geheimen Versteck ein fürchterliches Gift. Die tödliche Schönheit der Pflanze diente Lucrezia als Inspiration für Ihre Ränke. Sie liebte insbesondere die starke Wirkung dieses Gifts, weil es für die Opfer absolut tödlich war.

V Canto – Ricina

Tatsächlich gibt es mittlerweile eine gewisse Überlebenschance bei einer Rizinvergiftung. Mangels eines wirksamen Gegengifts können die Gabe von Aktivkohle und eine sofortige Magenspülung im Falle einer oralen Aufnahme des Gifts durchaus Wirkung zeigen. Doch ist Rizin außerordentlich toxisch und bereits kleinste Mengen können zu schweren bis tödlichen Vergiftungen führen.

V Canto wählte für seinen Giftduft Ricina die absolut untoxischen Ingredienzien Bergamotte, Orange, Pflaume, Pfirsich, Jasmin, Iris, Pfingstrose, Orangenblüte, Patchouli, Adlerholz (Oud), Sandelholz, Moschus und Eichenmoos.

Das duftende Gift der Bohne

Üppig und betörend startet Ricina von V Canto in den Duftverlauf. Die grünliche Herbe der Bergamotte und die fruchtige Spritzigkeit der Orange vereinen sich mit den köstlichen Noten von Pflaume und Pfirsich. Von Anfang an ist Ricina mit einer unglaublichen sanften und geschmeidigen Samtigkeit unterlegt, die eindeutig von Weißblühern, Iris und Pfingstrose herrühren.

Die tiefgründige Holzigkeit von Patchouli und Sandelholz, akzentuiert von einer dezenten Adlerholz-induzierten Rauchnote, vereint sich im weiteren Verlauf mit dem üppigen und fruchtig angehauchten Blütenbouquet. Moschus und Eichenmoos gesellen sich hinzu und sorgen mit ihren watteweichen und leicht ledrigen Noten für einen gelungenen Ausklang.

 

V Canto – Ricina

Absolut ungiftig, dafür aber umwerfend ist Ricina von V Canto. Damit knüpft diese Kreation nahtlos an die wunderschönen Düfte meiner letzten Rezension aus dem Jahre 2016 an. Ein toller, ausgewogener und üppiger Blütenduft, der durch seine angenehme Präsenz und außerordentliche Eleganz punktet. 🙂

Stramonio – V Canto

Während man den Namen Ricina noch ganz gut ableiten konnte, fällt das mit Stramonio deutlich schwerer. Doch eine kurze Recherche und ein Blick in den Pressetext offenbart schnell, was dem Duft Stramonio von V Canto zugrunde liegt.

Stramonium, der Gemeine oder Weiße Stechapfel, ist seit der Antike bekannt und wurde von den Azteken häufig benutzt. Stramonium ist nicht nur ein starkes Gift, sondern darüber hinaus auch ein wirkungsvolles Halluzinogen und ein außerordentliches Aphrodisiakum. Klug eingesetzt, konnte es Liebenden unendliches Vergnügen bereiten und ihre Herzen beherrschen.

Es ist auch als Hexengras bekannt und fand in den unwiderstehlichen Liebes- und Zaubertränken von Hexenmeistern häufig Verwendung. Lucrezia, die natürlich um die magischen Eigenschaften des Stramoniums wusste, nutzte es, um ihre Opfer zu verführen, die schließlich wie hypnotisiert in einer unwiderstehlichen und verhängnisvollen Umklammerung gefangen waren.

V Canto – Stramonio

Tiziana und Paolo Terenzi, das kreative Geschwisterpaar hinter V Canto, waren bei der Auswahl der Ingredienzien für Stramonio definitiv großzügig: Jasmin, Orchidee, Nelke, Safran, Ambra, Vanille, Moschus-Rose, Eichenmoos, Patchouli, Ebenholz und Moschus sind die namhaften und edlen Zutaten dieses toxischen wie aphrodisierenden duftenden Zaubertranks.

Olfaktorisches Hexengras

Mit zarten, beinahe zuckerwattigen Vanillenoten startet Stramonio in seinen bereits im Auftakt köstlich anmutenden Duftverlauf. Orchidee und Jasmin sorgen für eine sanfte tropisch-helle Blütenakzente. Safran steuert weitere Gewürznoten hinzu, während Ambra und Patchouli für angenehme Wärme und eine trockene Holzigkeit sorgen.

Stramonio ist sehr engmaschig. Die Duftnoten fließen ineinander, wodurch der Duftverlauf nur schwer wahrnehmbar ist. Über allem liegt allerdings diese unglaublich köstliche und von Röstaromen durchzogene Vanille-Safran-Nuance, die den Duft von V Canto bestimmt.

V Canto – Stramonio

Ganz anders als unser erster Kandidat heute präsentiert sich Stramonio von V Canto als eher leiser und gewürziger Gourmandduft. Sehr schön und überaus passend zu dem aktuellen eher herbstlichen Septemberwetter. Freunde von Vanille, von Zuckerwatte und Safran sollten Stramonio auf jeden Fall auf ihre To-try-Liste setzen. 🙂

Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch noch eine schöne Restwoche!

Liebe Grüße,
Julia

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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