Einer japanischen Traditition verpflichtet: Jasmin Kusamono von ARMANI/PRIVÉ …

… ist die dritte Neulancierung der Italiener, die wir uns gemeinsam ansehen. Vorgestern hatte ich Euch den ersten Neuling des Quartetts vorgestellt, das zur Kollektion Les Eaux zählt – lest hier meine Review zu Rose Milano samt einem Überblick der ARMANI/PRIVÉ-Kollektion. Gestern habe ich mich der zweiten Blumenschönheit gewidmet, Gardénia Antigua, heute schauen wir uns Jasmin Kusamono und morgen Thé Yulong an.

Japanisches Blütenarrangement – ARMANI/PRIVÉ Jasmin Kusamono

„Entdecken Sie den Duft von Armani/Privé, der die facettenreiche Zartheit von Arabischem Jasmin in starkem Kontrast zur alten japanischen Tradition von Kusamono setzt.

Jasmin Kusamono ist der Ausdruck von Giorgio Armanis Liebe zur floralen Kunst und Kusamono, einer japanischen Kompositionstechnik von Blumen, die von der antiken Kunst des Bonsai inspiriert ist.

Wie ein Kusamono, der viel Aufmerksamkeit erfordert, um seine Schönheit am Leben zu erhalten, ist dieser Duft die perfekte Ausführung einer Soliflore: minimalistisch und vielfältig zugleich. Die wässrige und kristalline Essenz erinnert an den Duft eines Jasmins in der Morgendämmerung, wenn sich seine Blütenblätter öffnen, und steht im Kontrast zu den Basisnoten des Holzes, die der Essenz eine sehr lang anhaltende Aura verleihen.

Die wässrige und kristalline Essenz erinnert an den Duft eines Jasmins in der Morgendämmerung, wenn sich seine Blütenblätter öffnen, und steht im Kontrast zu den Basisnoten des Holzes, die der Essenz eine sehr lang anhaltende Aura verleihen.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Nashi-Birne, Rosa Pfeffer, Salzige Noten
Herznote: Maiglöckchen, Jasmin, Orangenblüte
Basisnote: Zedernholz, Sandelholz, Weißer Moschus

Parfumeur: Dominique Ropion

Armani hat seiner Les Eaux-Kollektion schöne Videoclips „spendiert“, und zwar für jeden einzelnen Duft – die möchte ich Euch selbstredend nicht vorenthalten, seht also im Folgenden den Clip zu Jasmin Kusamono:

Kusamono, namensgebender Bestandteil unserer Jasminkreation, stellt wie in der Beschreibung erwähnt eine japanische Kunstform dar, die mit der Arrangierung von Pflanzen zu tun hat. Ich wähle diese Formulierung absichtlich „schwammig“, weil es gar nicht so einfach ist, a) den Begriff selbst zu übersetzen und b) zu erklären, was genau Kusamono nun denn jetzt ist.

https://pixabay.com/de/photos/bonsai-kusamono-beisteller-2440114/
Ein Kusamono mit Sempervivum / Hauswurz

In traditionell japanischen Häusern gibt es sogenannte Tokonamas, Wandnischen, in denen Naturprodukte, meist Bonsais präsentiert werden. Kusamono lässt sich grob übersetzen als „Grasding“, „Grasbüschel“, ferner „Grasobjekt“, und zwar im eigentlich wörtlichen Sinne einer Kombination – Kusa steht für Gras, Mono für Pflanze, Ding. Eng dazu gehört auch der Begriff Shitakusa, der soviel wie „Unterpflanzung“ bedeutet, „Untergras“.

https://pixabay.com/de/photos/hauswurz-kusamono-bonsai-natur-1408895/
Ebenfalls ein Kusamono mit Sempervivum / Hauswurz

Sowohl Kusamono als auch Shitakusa bezeichnen (Einzel- oder mehrere)Pflanzen, die oftmals allerdings als Kollektion (verschiedene Gefäße) in oben genannten Wandnischen präsentiert werden, manchmal zusammen mit Bonsais. Shitakusa begleiten meist Bonsais als weiteres harmonisches Element, während Kusamonos häufig „alleine“ im Fokus beziehungsweise Mittelpunkt stehen oder in einer erlesenen Gruppe ausgestellt werden. Beide allerdings, sowohl Kusamono als auch Shitasuka, werden nicht zusammen mit einem Bonsai in eine Schale gepflanzt, sondern stehen immer im separaten Pflanzgefäß, auf Holz, einem Stein oder ähnlichem. Genutzt werden dafür häufig Moose, Gras, Flechten, zierliche Blüten, Bambus und vieles mehr, oft Pflanzen, die eine bestimmte Jahreszeit und deren Schönheit symbolisieren, wobei bei der Pflanzung gerne die komplexen Ikebana-Regeln Anwendung finden, der Kunst des Blumenarrangements.

Bonsai display with Seiju elm, miniature hosta and hanging scroll, 12 July 2009.jpg
Ausstellungsstück der jährlichen Show der Bonsai Society of Greater Hartford (2009): Japanische Zwerg-Ulme (Ulmus parvifolia Seiju) in Shitakusa-Begleitung (Hostia/Funkie) sowie an der Wand ein Kakemono (Rollbild).

By Sage RossOwn work, CC BY-SA 3.0, Link

Kusamono Oxalis in flower 16 July 2008.jpg
Kusamono mit zwei Oxalis-Sorten auf Moos

By Inner BushmanOwn work, CC BY-SA 3.0, Link

Zum Thema Ikebana, jener jahrhundertealten japanischen Kunstform, siehe Wiki:

„Das Ikebana-Arrangement soll einerseits die Natur in den Lebensraum des Menschen bringen, jedoch gleichzeitig die kosmische Ordnung darstellen. Durch das Arrangement stellt der Gestalter sowohl sein Verhältnis zur Natur als auch seine jeweiligen Gefühle dar, die ihn während des Gestaltens bewegen. In den klassischen Schulen des Ikebana muss auch immer die jeweilige Jahreszeit durch die Auswahl des Materials zu erkennen sein. Im Gegensatz zur dekorativen Form des Blumensteckens in der westlichen Welt schafft das Ikebana eine Harmonie von linearem Aufbau, Rhythmik und Farbe. Während im Westen die Anzahl und Farbe der Blumen betont und hauptsächlich die Blüten beachtet werden, betonen die Japaner die linearen Aspekte der Anordnung. In dieser Kunst werden ebenfalls Vase, Stängel, Blätter, Zweige sowie auch die Blüten beachtet. Die meisten Ikebana-Formen basieren auf den drei Linien shin (真), soe (副) und tai (体), die Himmel, Erde und Menschheit symbolisieren.“

Hat sich wer von Euch schon mal daran versucht, an Bonsais, Ikebana und/oder Konsorten? Ich für meinen Teil hege schon lange eine Faszination für einige Aspekte der japanischen Kultur, ohne mich über die Maßen damit auszukennen. Literatur, Filme, japanische Ästhetik – immer wieder toll und immer wieder ein Thema, mit dem ich mich noch tiefergehender auseinandersetzen möchte, wenn es denn die Zeit einmal zulässt.

Das mit den Bonsais habe ich vor Jahren schon einmal probiert, habe Literatur gewälzt und mir sogar schon jüngere Bäumchen gekauft als auch entsprechendes „Werkzeug“ sowie Kurse herausgesucht. Jüngere Bäumchen, weil ich mich wohlweislich dazu entschieden hatte, keine alten Meisterwerke kaputt machen zu wollen als Anfänger – rückblickend eine sehr gute Entscheidung. Denn alsbald viel mir auf, dass es mir an einer ganz grundlegenden Eigenschaft mangelt, die unerlässlich ist für das Pflegen dieses Hobbys und das Hegen von Bonsais – Geduld 😉 Ich brauche Ergebnisse, am besten umgehend. Das stellt mich derzeit ebenfalls auf die Probe, bin ich doch dabei, mir einen Bauerngarten mit Schwerpunkt auf Stauden und Rosen anzulegen – und hätte ihn nach harter Arbeit am besten gleich in einem eingewachsenen Zustand, den er logischerweise erst nach Jahren guter und kontinuierlicher Pflege erreicht 😉 Das allerdings ist kein Vergleich zur Bonsaikunst, deren Ergebnisse eigentlich erst nach Jahrzehnten wirklich beeindruckend sind 😉 Insofern hatte es sich dann sehr bald mit meinem Ausflug in diese japanische Tradition, obschon ich Bonsais immer noch bezaubernd finde.

Kommen wir zu Armanis Blümelein, Jasmin Kusamono, einem laut Herstellerbeschreibung an die kunstvollen Kusamono-Pflanzenarrangements angelehnten Soliflor. Wie wird man ihn wohl umgesetzt haben?

Wenn ich an Blumengemälde in Flakons denke, kommen mir umgehend zwei Namen in den Sinn: zuerst die (Duft)Marke Grandiflora der australischen Starfloristin Saskia Havekes, die bekannt ist für ihre wundervollen blühenden Kunstwerke, die sie unter anderem für die Fashion-Shows von Modedesignern anfertigt, und die seit einigen Jahren ihr Portfolio mit einer nicht minder tollen Parfumlinie ergänzt hat. Wenn Ihr stöbern wollt – ich habe hier im Blog alle Düfte von Grandiflora rezensiert. Als zweites fällt mir ein Duft ein, der für mich wie kein anderer einem Gemälde gleicht – meine absolute Lieblingslilie Fathom V von BeauFort London, siehe die Rezension dazu hier. Diesen sehe ich vor meinem inneren Auge als riesiges Ölgemälde in Chiaroscuro- bzw. Clair-obscur-Stil, ergo Hell-Dunkel-Malerei. Eine strahlend helle Lilie vor dunkelstem Hintergrund auf einem Moosbett – bildgewaltig und erhaben. So ähnlich sieht auch die Fotografie aus, die auf der Website von Armani deren Duft Jasmin Kusamono bebildert:

Mit Dominique Ropion hat man sich im übrigen einen der ganz Großen als Parfumeur an Land gezogen, einen (Alt)Meister seines Fachs, der letztes Jahr von der Fragrance Foundation für sein Lebenswerk geehrt wurde:

Ropion hat fast unzählige Parfums kreiert, darunter selbstredend viele Meilensteine, Klassiker und Duftikonen – als Beispiele möchte ich an dieser Stelle folgende (unsortiert) anführen: Thierry Mugler Alien samt einiger Flanker, Cacharel Amor Amor, Givenchy Amarige und Ysatis sowie Irrésistible und L’Interdit samt einiger Flanker, diverse Schönheiten für Frédéric Malle (unter anderem Portrait of a Lady, Carnal Flower, Vétiver Extraordinaire, Géranium pour Monsieur, The Night), Christian Dior Dune, Calvin Klein Euphoria, Kenzo Jungle, Yves Saint Laurent Homme sowie La Nuit de l’Homme und diverse Flanker, einiges für Costume Nationale (unter anderem deren Homme), Lancôme La Vie est Belle (den ich leider gar nicht mag) samt diverser Flanker, Paco Rabanne Lady Million, Burberry London for Women sowie The Beat, Ralph Lauren Safari und viele mehr.

Kein Wunder, dass sich diverse Artikel und Interviews zu beziehungsweise mit Ropion im Netz finden – wer neugierig ist, ich habe Euch einige gute herausgesucht:

Eines noch aus der Allure – und zwar zu einer weiteren, früheren Kreation von Ropion für ARMANI/PRIVÉ, Orangeries Venise – klick.

So, jetzt aber zu Jasmin Kusamono …

Luzide, hell, strahlend präsentiert sich dieser Jasmin, ohne jegliche indolischen Anklänge, die für viele ein Problem darstellen. Viele Blüten, ein ganzes Meer, die allerdings auf wunderbare Weise ätherisch, fast schon transparent wirken, grazil, fragil, herrlich. Zauberhaft leicht und „leise“, jedoch mit einer exzellenten Sillage und voller Ausdruckskraft – ein Balanceakt, ein Spagat, den ganz bestimmt nicht viele Parfumeure vollführen können. Modern und minimalistisch von seiner Aussage her, reduziert auf das Wesentliche – und gleichermaßen vielfältig, tiefgründig, auf’s Feinste facettiert.

Wie war das doch gleich in Eichendorffs Gedicht Mondnacht, jenem romantischen Lyrik-Klassiker?

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Der Blütenschimmer ist es, ziemlich genau dieser, der einen zum Träumen anregt – ziemlich exakt so empfinde ich Jasmin Kusamono. Unangestrengt, fast schon beiläufig wirkend und authentisch – das ist wahre Kunst, meine Lieben! Hauchzart tönende fruchtige Anklänge, mehr bananig als nach Birne duftend, ähnlich wie sie häufiger in Ylang-Düften vorzufinden sind, vermag ich zu entdecken. Darüber wallt eine subtile Süße, die allerdings nicht pudrig ist, nicht zuckrig, auch die für Jasmin so charakteristische Cremigkeit ist eher schwebender Natur, nicht dicht gewoben. Ich denke hierbei an ein luftdurchlässiges Stöffchen edelster Webart, vielleicht jene feinen Leinenstoffe, die derzeit bei Alexander McQueen zu sehen sind und aus einer der ältesten Zwirnereien Irlands stammen, die diese in Handarbeit herstellen, auf den Feldern von Sonne und Mond bleichen lassen und hernach nochmals manuell klopfen, was einen irisierenden, fast schon überirdischen Glanz entstehen lässt – seht beispielsweise hier bei Harper’s Bazaar.

https://pixabay.com/de/photos/m%C3%A4dchen-mit-blumen-foto-shooting-1374221/
Kein Jasmin, allerdings bildet das Foto Jasmin Kusamono stimmungstechnisch gelungen ab

Ihr seht schon – ich bin ziemlich begeistert von Jasmin Kusamono, der seiner Persönlichkeit nach außerordentlich gut mit seinem Kusamono-Vorbild harmoniert. Ein zurückgenommenes und dadurch äußerst präsentes Blütenkunstwerk, dessen Zauber in seiner Einfachheit liegt, die, näher betrachtet gar nicht mal so simpel ist …

Daumen nach oben, Chapeau Monsieur Ropion, was für eine bezaubernde Schöpfung!

Ich versinke nun noch ein wenig im Blütentaumel meines Handgelenks und verbleibe für heute an dieser Stelle mit den allerbesten Wünschen und vielen Grüßen

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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