Hiram Green – olfaktorisches Zweierlei – Hyde und Lustre

Der Duft von Käse schwirrt uns heute nicht um die Nase, auch wenn Hiram Green, unser Parfumeur des Tages, seinen Lebens- und Schaffensmittelpunkt in der niederländischen Stadt Gouda gefunden hat. Ein Städtename, bei dem es mir gleich ganz warm ums Herz wird, der mich an Soulfood denken lässt, an herzhaft-würzige Aufläufe in kalter Jahreszeit, an köstlich belegtes Brot und an die drei magischen Worte „Mit Käse überbacken“.

Trotz all dieser Assoziationen, die mir im wahrsten Sinne des Wortes das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, muss ich mich von Stadt und Käse ab- und zu Hiram Green und seinen Kreationen zuwenden. Schließlich stehen heute Hyde und Lustre auf dem duftigen Tagesplan.

Karte der Niederlande

Hiram Green – Hyde – Mister oder Park?

Namentlich erinnert mich diese Kreation an die Erzählung „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, doch irre ich mich in dieser Hinsicht sicherlich. Auch der Hyde Park in London könnte mit der Kreation von Hiram Green etwas zu tun haben. Genaueres kann ich Euch leider nicht dazu sagen, vielleicht wisst Ihr ja mehr darüber und könnt mich aufklären. 🙂

Hiram Greens Parfum Hyde ist ein sinnlicher und süchtig machender, hypnotischer Lederduft.

Hyde beginnt mit einem starken Schwung an strahlender Zitrone und Bergamotte. Diese fröhlichen Noten stoßen daraufhin mit dem trockenen und scharfen Duft von Birkenteer zusammen, der an verbranntes Holz erinnert, sowie mit Cassia, eine opulente Blüte mit intensiven grünen und gewürzigen Nuancen. Beide ergeben eine lebendige Ledernote mit kraftvoller Tiefe und intensiver Anziehungskraft. Dieses Kernstück wird von einer warmen und eleganten Basis aus rauchigem Labdanum und malziger Vanille umhüllt, die mit erdigem Eichenmoos verschmilzt.

Hyde ist verführerisch und herausfordernd, eine Ode an alle Seelen, die nach Abenteuern suchen, ein Unisexduft, perfekt für Tag und Nacht.

Hiram Green – Hyde

Im Text bekommen wir schon einen guten Vorgeschmack auf das, was uns erwartet, denn Hiram Green nennt dort schon jede einzelne Duftnote beim Namen: Bergamotte, Zitrone, Birkenteer, Cassia (Süße Akazie), Labdanum (Zistrose), Vanille und Eichenmoos.

Ledrig, ledriger, Hyde

Dunkelrotbraun wie ein dick gepolsterer und gut eingesessender Ledersessel, in den man sich mit einem guten Buch zum Schmökern hineinkuscheln möchte … Bereits mit der Farbe des Duftes stimmt mich Hyde auf sein Thema ein. Und auch frisch aufgesprüht enttäuscht mich diese Kreation keineswegs. Leder, wohin das Auge blickt oder besser: wohin das Näschen riecht. Dunkel und knarzig zeigt sich Hiram Greens Hyde mit schönsten Ledernoten vom ersten Aufsprühen an.

Keine samtige Wildledergeschmeidigkeit, nein! Festes, dickes Leder, an manchen Stellen schon abgegriffen, mit Ecken und Kanten. Hyde ist wie der Bezug eines alten und heißgeliebten Ledersofas in einer dämmrigen Privatbibliothek eines alten englischen Landsitzes. Mit knisterndem Feuer im Kamin und der aristokratischen Eleganz der britischen Herrenhäuser.

Ein so komplexer Duft, dass sich einzelne Komponenten vom Auftakt an nur schwer greifen lassen. Alles ist von Leder umgeben, umwunden, umschlungen. Fest im Griff einer ledrigen Allmacht vermeine ich hier und da eine dezente Frische herauszuschnuppern, manchmal blitzt auch eine tiefe und dunkelschwarze Schärfe auf, dann wieder versöhnlichere, sanftere Noten, beschwipst vom Duft nach Cognac und Wisky.

Hiram Green – Hyde

Doch egal, wo, wann und ob da wirklich an manchen Punkten im Duftverlauf ein Quentchen Hesperide, ein My Cassia oder ein Hauch Vanille auftauchen, alles ist nur ein Teil des großen Ganzen: Des Leders, das hier wirklich derart toll ausgearbeitet ist, dass Hiram Green in seinem Pressetext nicht zu viel und nicht zu wenig verspricht: Hyde ist ein sinnlicher und süchtig machender, hypnotischer Lederduft, eine Ode an alle Seelen, die nach Abenteuern suchen. Oder nach guten Büchern. 😉

Lustre von Hiram Green – im Rosenmeer

Nun zu einem ganz anderen Kaliber: Mit Lustre hat sich Hiram Green der Rose verschrieben. Und zwar nicht irgendeiner dahergelaufenen Feld-Wald-und-Wiesen-Rose, sondern der in der Parfumerie so geliebten Bulgarischen Rose. Lustre heißt übrigens ins Deutsche übersetzt nicht nur „Lüster“, sondern auch „Glanz“ oder „Schimmer“. Recht passend, wenn man folgendes liest:

Stellen Sie sich vor, wie die Sonne über endlos scheinenden Rosenfelder im Herzen Bulgariens aufgeht. Weiche, goldene Strahlen ermutigen die zarten rosa Blütenblätter, ihren herrlichen Duft zu verströmen.

Das Parfum Lustre ist ein täuschend einfacher und eleganter solifloraler Duft: Rose von Beginn an bis zum Ende. Ein leuchtendes und frisches Parfum, das Ihrem Tag Glanz verleiht. Das Leben ist golden.

Rosen

Ein Duft, der der Bulgarischen Rose gewidmet ist, braucht nicht viel Schnickschnack drum herum. Folgerichtig vereint Hiram Green in Lustre nur die wenigen Ingredienzien Bulgarische Rose, Zitrische Noten, Iris und Weihrauch, um seinen schimmrig-glänzenden und golden-strahlenden Rosenduft zu kreieren.

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Geht es nur mir so oder werden Euch diese Worte von Gertrude Stein auch zu oft zitiert? Ich kann ihn schon fast nicht mehr hören und dennoch verwende auch ich ihn heute einmal wieder, denn er passt einfach wie die Faust aufs Auge zu der Thematik der Rose. Sorry, Gertrude Stein, denn Dein Wirken und Werk umfasst doch so viel mehr als diesen einzelnen Satz, der heute für viele das Einzige ist, das sie mit Dir in Verbindung bringen.

Und doch verkörpert Hiram Greens Rosenduft Lustre genau das: Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Nicht mehr und nicht weniger. Egal, wie man sie drehen und wenden will, eine Rose wird immer eine Rose sein. Lustre startet sehr floral mit feinsten und sehr eleganten Rosennoten, von einer gewissen fruchtigen Frische durchzogen und dabei so strahlend und hell leuchtend, dass ich unwillkürlich lächeln muss. Ein Duft, der etwas Leichtes, Unbeschwertes, ja Mädchenhaftes an sich hat. Unschuldig und unprätentiös, zart und dennoch präsent.

Ein Gute-Laune-Duft, den ich mir wunderbar auf sommerlichen Festen, auf Gartenpartys oder auch als Duft einer Braut bei ihrer Hochzeit vorstellen kann.

Hiram Green – Lustre

Wer Rosen mag, wird Lustre lieben. Hiram Green schafft es mit dieser Kreation die Königin der Blumen punktgenau und authentisch darzustellen. Ein Duft, der wenige Ingredienzien und auch wenige Worte braucht: Einfach toll! 🙂

Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche Euch noch ein schönes Wochenende!

Liebe Grüße
Julia

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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