I Tradizionali – die Traditionalisten von BOIS 1920 …

… stehen heute auf dem Programm, allesamt ein Teil der „ursprünglichen“ Kollektion, mit der BOIS 1920 auf den Markt kam. Wie ich Euch gestern [am Freitag] versprochen hatte [ich bin Euch diese Woche noch einen Artikel mehr als sonst schuldig, deshalb noch ein bisschen mehr BOIS!], werden wir uns die komplette Kollektion ansehen, nachdem BOIS 1920 nun endlich wieder regulär in Deutschland vertreten sind.

Heute ist zuallererst noch ein einzelner Vertreter der I Classici an der Reihe, 1920 Extreme. Danach wagen wir uns an die I Tradizionali, und zwar mit Agrumi Amari di Sicilia und Real Patchouly.

1920 Extreme – der Temperamentvolle

„1920 Extreme ist eine Hommage an die Bergamotte aus Kalabrien in Kombination mit der kühlen Frische von Morgentau auf den satten, grünen Blättern des Farnkrautes. Ein reiches Bouquet aus Jasminblüten in Kombination mit Geranium führt über die süße Sinnlichkeit der Tonkabohne aus Brasilien hin zur Wärme der blühenden Bourbon-Vanille. Dennoch wird „1920 Extreme“ nicht nur von Männern geschätzt. Der Gesamteindruck von „1920 Extreme“ wird von einem holzigen Flair bestimmt und mit spritzigen Zitrusakkorden abgerundet.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Bergamotte, Muskatellersalbei, Lavendel
Herznote: Jasmin, Geranium
Basisnote: Tonkabohne, Bourbon-Vanille, Zedernholz, Sandelholz

Liest man „Bergamotte“, denkt man an Hesperidendüfte, an Colognes, an zitrisch-frisch-dynamische Sommerbegleiter – verabschiedet Euch auf der Stelle von diesem Gedanken, meine Lieben, er führt Euch auf den Holzweg!

Ja, da ist Bergamotte in 1920 Extreme, eine, die ihrem Naturell insofern gerecht wird, als dass sie zitrisch-herb-säuerlich ist. Sie ist aber nicht strahlend frisch, sondern vielmehr leuchtend, „dumpf“ im Sinne von – matt. Und zeigt sich gleichermaßen grün-krautig umrankt wie würzig-warm eingehüllt dank einer prominenten Lavendelnote sowie der holzig-harzig-vanilligen Basis.

Ein typischer Italiener, man riecht es gleich: 1920 Extreme lässt mich schmunzeln, weil er mich an die Anfangstage meiner Nischenduftleidenschaft erinnert. An die Tage, an denen es noch nicht Marken wie Sand am Meer gab und ich noch vor BOIS 1920 die Düfte von Lorenzo Villoresi kennenlernen durfte, die von Mazzolari und einigen anderen Vertretern aus Italien, deren Handschrift eben unverkennbar ist.

1920 ist ein kraftvoller Duft tendentiell eher maskulinen Charakters – und eine extrem gute Wahl für all diejenigen Männer (und auch Frauen, er lässt sich durchaus auch von uns tragen …), die gerne mal einen Zitrusfrüchteduft tragen möchten, aber nicht auf die gehörige Portion Wärme, auf den typisch italienischen „Wumms“ verzichten möchten 🙂 Oder auch – Sean Connery in seinen Fünfzigern, der durch die Altstadt von Capri flaniert, irgendwann im Juli und selbstredend standesgemäß im sommerlichen Maßanzug. Und es gibt sogar eine Fährverbindung nach Kalabrien – dann sind wir schon bei unserer Bergamotte gelandet 😉

Agrumi Amari di Sicilia – die Verträumte

„„Agrumi Amari di Sicilia“ von Bois 1920 zelebriert mit bittersüßer Grapefruit, fruchtiger Orange und spritziger Mandarine ein einzigartiges und intensives Dufterlebnis. Ein köstlicher Sommerduft, der auf eine faszinierende Weise die besondere Stimmung eines Hochsommertages zum Leben erweckt.

Die elegante Herznote besticht durch ihre zarte und florale Mischung, die sich in der Basisnote mit holzig-weichen Akkorden verbindet. „Agrumi Amari di Sicilia“ ist ein wirklich einzigartiger Zitrusduft – hervorragend wie ein aufeinander abgestimmtes Orchester, welches seine Noten genau zur richtigen Zeit zu spielen weiß.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Grapefruit, Limette, Orange, Mandarine, Kumin, Petitgrain
Herznote: Jasmin, Patchouli, Limette, Lavendel, Sandelholz, Schwarze Johannisbeere
Basisnote: Moschus

Agrumi Amari di Sicilia zeigt sich zwar, wie anhand der Zutaten unschwer zu erkennen, als Vollbluthesperidenduft, aber eben nicht nur, wie man so schön sagt. Für mich ist es eher ein weibliches Zitrusfrüchtchen, denn der Duft ist sanft und sacht, so herrlich seidig wie eine Sommerbrise. Es bitzelt und prickelt zitrisch, ein paar säuerliche, herbe und bittere Facetten sind ebenfalls vorhanden, doch in allererster Linie ist Agrumi Amari di Sicilia fruchtig. Zitrusfruchtig – und „normal“ fruchtig, denn es findet sich noch schwarze Johannisbeere, die ganz hervorragend mit Hesperidenfrüchtchen funktioniert (siehe z.B. auch Atelier Cologne Pomélo Paradis, LINARI Capelli d’Oro). Agrumi Amari di Sicilia könnte hier ins Herb-Frische, primär Erfrischende zielen – tut er aber nicht. Dank Jasmin und Moschus wirkt er wie oben schon erwähnt seidig, ihm wohnt darüber hinaus eine gewisse cremige Sauberkeit inne von einer leisen Seifigkeit. Darüber hinaus stiften Mandarine und Orange saftig-süße zitrische Anklänge.

Sommer, Sonne, Tunika – Agrumi Amari di Sicilia hüllt ein wie eine leichte Seidenbluse, vorzugsweise in einem zarten Pastellton oder gleich ganz in Reinweiß. Und macht Lust auf Urlaub. Ein Duft wie ein Ferienschnappschuss. Bestens geeignet für sommerliche Temperaturen – oder eben auch für jene Tagen, an denen man eine Erinnerung an die letzten Sommerferien dringend nötig hat 😉

Real Patchouly – der Wahrhaftige

 

Die Ingredienzen:
Kopfnote: Sellerie, Mandarine, Thymian, Davana, Zedernholz, Zitrone
Herznote: Patchouli, Sandelholz, Eukalyptus, Weihrauch
Basisnote: Tabakblätter, Moschus, Vanille, Benzoeharz, Labdanum (Zistrose), Ambra

Real Patchouly ist ein Patschuli-Duft, wie er im Buche steht. Sicher, es gibt viele Patschulidüfte. Und darunter auch viele gute, die Messlatte hängt hoch. Eifrige Leser werden wissen, dass ich kein ausgewiesener Patschuli-Liebhaber bin, aber dennoch einem guten ebensolchen nicht abgeneigt bin – lest hier in der Rezension von Mazzolaris Patchouly. Deren Lui hat ebenfalls ordentlich Patschuli, Serge Lutens kakaopudrigen Borneo 1834 liebe ich, Chanels Coromandel auch. Reminiscence hat einen exzellenten Vertreter im Repertoire – das sind doch schon mal einige, oder nicht? Hier haben wir Euch im Shop auch eine Best-of-Patschuli-Liste zusammengefasst.

Real Patchouly vereint, wie der Name vielleicht schon erahnen lässt, alle Facetten des Krautes, für das man es gewöhnlich liebt (oder auch hasst – viel dazwischen gibt es nicht): Feuchte Erdigkeit, tiefdunkel-würzige Pudrigkeit mit Anklängen von Kakao, eine gewisse frische Minzigkeit von einer leichten Schärfe. Hölzer, Holzigkeit, sachte Rauchigkeit, stetig würzig und gewürzig und zarte Cremigkeit, vanillegeküsste. Patschuli satt – alles andere ist Beiwerk, schmückendes. Verziert, vertieft, schafft Körper. Und Charakter.

Ein charakterstarker, komplexer und vielgestaltiger Vertreter seiner Gattung, einmal mehr typisch italienisch umgesetzt. Das passt bei dieser Ingredienz allerdings auch wirklich überaus gut. Real Patchouly ist „unisex“ im Sinne von – er steht beiden Geschlechtern. Jahreszeitentechnisch ist er ganzjährig tragbar, wobei ich ihn bei wärmeren Temperaturen eher im Schrank lassen würde – es sei denn, Ihr wohnt im arabischen Raum, da lassen sich solch olfaktorische Wuchtbrummen auch mal bei hohen Temperaturen ausführen aufgrund der mangelnden Luftfeuchtigkeit.

Morgen geht es weiter mit BOIS 1920 – bis dahin alles Liebe

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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