Profumi di Pantelleria – Duftendes von der Insel Teil II

Und weiter geht es mit Pantelleria. Hier in süddeutschen Gefilden hat es gestern richtig abgekühlt draußen, vorher war es bisweilen aber auch unerträglich – viel zu heiß, enorm schwül und kein kühles Nass in der Nähe, in das man sich hätte stürzen können. Da kommt man selbstredend ins Schwärmen, wenn man Bilder der kleinen sizilianischen Vulkaninsel sieht. Wie gestern bereits erwähnt – die Marke gibt es schon seit 1998, eine sehr lange Zeit auf dem Nischenmarkt, zwischendurch wurde es etwas ruhig, jetzt sind die Italiener zurück in neuem Outfit und mit einer Kollektion, die aus „alten“ Klassikern als auch neuen Kreationen besteht. Wir sehen sie uns selbstredend komplett an – heute ist Tag II, den wir mit Günther, Jailia und Aire begehen.

Günther

„Geballte Männlichkeit, urtypische Stärke und Manneskraft – dieser Duft bündelt alles, was sich die Italiener unter einem echten Mann vorstellen. Und so haben die Kreateure diesem Parfum einen Namen gegeben, der in ihren Ohren so männlich klingt wie kaum ein anderer: Günther. Auch wenn dieser Name in uns vielleicht etwas andere Assoziationen weckt – geben Sie diesem Duft eine Chance und entdecken Sie, wie deutsche Männlichkeit für italienische Charmeure duftet. Sie werden begeistert sein – und jedem Mann, der Günther heißt, fortan mit höchstem Respekt begegnen.

Mächtig, überlegen und stark wie der sagenumwobene König Gunther aus dem Nibelungenlied – so nehmen uns die ersten Töne dieses intensiven Duftes gefangen. Ambranoten und kräftige Moschustöne entfesseln die Mystik der alten Legenden. Mit maritimer Frische weckt das Aroma von Zitronen und Wassermelonen das Erbe der Seefahrer, flankiert von edlem französischem Lavendel. Umgarnt wird das kraftvolle Zentrum von den Aromen des Sandelholzes und von beruhigendem Tabakduft.“

Die Ingredienzen: Kopfnote: Lavendel, Wassermelone, Zitrone; Herznote: Sandelholz, Pinie (Kiefer), Tabak, Grüntee; Basisnote: Moschus, Borretsch, Ambra.

Günther … ich habe damals auf der Messe gefragt, natürlich. Irgendjemand heißt auch Günther im Umfeld der Marke. Wahrscheinlich denken viele bei Günther eben auch an Gunther, an das Nibelungenlied, zumindest wenn sie nicht aus Deutschland kommen, Deutsche sind. Ich denke bei dem Namen Günther immer an zwei „Sachen“: Erstens an italienische Filme, vornehmlich aus den Siebzigern, Achtzigern. Ich bin ein großer Fan des klassischen Giallo-Films, vor allem den Werken von Dario Argento (dessen Tochter ist Asia, korrekt, die gerade unrühmlich durch die Medien turnt). Ich habe mich immer sehr darüber amüsiert, welche deutschen Stereotype dort mitunter auftreten – Deutsche heißen Horst und Heidi, Franz und Erika, gerne auch Gunther oder eben Günther, sind natürlich immer blond und blauäugig und so weiter und so fort 😉 Und zweitens denke ich bei Günther immer an … (Harmen verdreht jetzt schon die Augen, ich weiß es ganz genau!) … ein schwedisches Männermodel namens Mats Olle Göran Söderlund, das unter diesem „Künstler“namen offensichtlich nicht ernst gemeinte Elektro-Pop-Musik veröffentlichte. Ich konnte und kann mich nie dem Eindruck erwehren, dass der Schwede mit seiner Namenswahl auf ein bestimmtes deutsches Klischee abzielte … Obacht, jetzt wird es trashig:

Vermutlich hat Harmen auch genau daran gedacht, an Günther und diesen Song, seinen bekanntesten, mit dem er die eine oder andere Hitparade stürmte, als er den oben zitierten Text für unseren Shop schrieb.

Günther. Der Name ist, man muss es einfach sagen – unglücklich gewählt, zumindest für deutsche Ohren. Es gibt hier keine Günther-Renaissance bisher. Emils, Gretes, Annas und Felixe bevölkern die Straßen wieder, aber Günther, Adelheid und Horst haben es bisher eben mit noch keiner Retro-Namens-Welle geschafft, ihr piefiges Image abzulegen. Dennoch – wir geben Profumi di Pantellerias Günther eine Chance, definitiv.

… und es lohnt sich! Aquatisch-fruchtige Anklänge von Wassermelone, zitrisch angestrahlt. Lavendel krautet würzig hinein gemeinsam mit Tabakblättern – die allermeisten sind als Ganzes vorhanden, einige jedoch ein wenig „angekokelt“, sprich: ein leiser Rauch ist vernehmbar, subtil und hintergründig – , ein Hauch Tee, der im Zusammenspiel mit den Hesperidenfrüchtchen wie Eistee wirkt. Gedanklich bin ich hier bei dem Kind einer Liebeshochzeit von Creeds Erolfa und Carthusias Mediterraneo. Ein paar Hölzer vervollkommnen den Duft, zwischen Kühle und balsamischer Wärme oszillierend, während Moschus weichzeichnet.

Ein idealer Begleiter für den modernen Mann – ein Immergeher, der den Spagat zwischen gefälligem Everybody’s Darling und markantem Charakterling spielend vollzieht und zu so gut wie jedem Anlass und jeder Jahreszeit passt. Obschon Günther kein Mann-Mann ist, kein Macho-Duft mit prominent maskulinen Noten, sehe ich in eigentlich weniger an einer Frau – bin gespannt, ob Ihr derselben Meinung seid!

Jailia

„Dieser orientalisch-sinnliche Duft erzählt die Geschichte von der schönen Prinzessin Jailia aus der Città di Sabbia, der Stadt aus Sand. Eines Tages erschien ein junger Krieger, überreichte ihr eine Amphore mit den Essenzen des verwunschenen Gartens und gewann damit ihr Herz.

Lassen Sie sich betören von diesem Duft wie aus einem Märchen aus Tausendundeine Nacht. Pfirsichblüten, Freesien und Jasmin entführen uns ins Inselreich der blühenden Blumen. Zitrusfrüchte, Kräuter und Beeren betören unsere Sinne mit ihrem würzig-frischen Duft. Süßer Honig und brauner Zucker schwärmen von der Liebe, während Johannisbeeren, Tonkabohne, Vanille und Sandelholz das Parfum mit einem märchenhaften Schleier umhüllen – so zart wie die Umarmung von Jailas Geliebtem.“

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Mandarine, Honig, Zucker, Schwarze Johannisbeere; Herznote: Patchouli, Sandelholz, Jasmin, Pfirsichblüte, Freesie; Basisnote: Weißer Moschus, Vanille, Beeren, Tonkabohne.

Jailia ist, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Günther, ein Damenduft, und zwar zu 100%. Wir haben es hier, die geneigte Parfumista wird es ahnen, mit einem Gourmand zu tun, und zwar mit einem sogenannten Fruitchouly, einem Duft, der somit gleich zweifach in der Tradition von Thierry Muglers Angel steht. Der 1992 erschienene Klassiker Angel wird als Begründer der Duftfamilie der Gourmands gesehen – ein karamellig-vanilliger Früchtetraum mit Kakao und Beeren, der eigentlich alle Noten in sich versammelt, die Naschkatzen das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen.

Jailia wird im Netz immer wieder mit Angel verglichen und gilt vielen als „der bessere Angel“. Die Ähnlichkeit ist zweifelsohne vorhanden, Jailia ist eine Engelsschwester, allerdings wirkt der Duft komplexer als sein Vorbild, feiner austariert – und damit weniger „In your Face“. Er ist zwar immer noch ein Kracher, aber nicht ganz so vordergründig, böse Zungen würden es auch aufdringlich nennen.

Jailia startet mit einer ganzen Riege von frischen Früchten: Pfirsich und Aprikosen, Mandarinen, Johannisbeeren, darüber hinaus nehme ich Ananas wahr, Himbeeren und Stachelbeeren. Während ich noch dieses obstige Stillleben genieße, rieselt schon Puderzucker über die Früchtchen, es tropft kostbarer Honig herab und einiger der Früchte zeigen sich alsbald köstlich karamellisiert. Freesie haucht Blütenfrische ein und Jasmin stiftet Cremigkeit, während Sandelholz würzt und Pudrigkeit spendiert. Jene Pudrigkeit ist einerseits pudrig-pudrig, darüber hinaus aber auch vanille- und kakaogeküsst, letzteres dank Patschuli, das ordentlich mitmischt im Duft.

So hatte ich Jailia auch in Erinnerung, ich habe ihn über die Jahre immer wieder mal getestet. Was mir heute allerdings auffällt: eine dezente, hin und wieder hervorscheinende Wildledernote, die ganz vorzüglich mit dem kakaopudrigen Patschuli und den Früchten harmoniert.

Obschon ich eigentlich kein ausgesprochener Träger von Gourmanddüften bin … Jailia ist toll, immer wieder. Und vielleicht landet doch mal ein kleines Fläschchen davon in meinem Sortiment …

Aire

„Die Frische der Seeluft, das Rauschen des Meeres und das sinnliche Aroma der mediterranen Vegetation – all das versammelt sich in diesem Duft, der die einzigartige Atmosphäre der italienischen Insel Pantelleria einfängt. Grüner Tee bildet die beschwingte Basis, auf der sich der blumige Duft von Veilchen, Maiglöckchen und Jasmin entfaltet. Schwarzer Pfeffer und Tonkabohne geben dem Parfum eine würzige Note, sanft umwoben von feiner Vanille, Bisameibisch und weißem Moschus.“

Die Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Tee, Veilchenblätter; Herznote: Jasmin, Maiglöckchen, Rose, Grüntee, schwarzer Pfeffer; Basisnote: Weißer Moschus, Tonkabohne, Ambrettesamen.

Aire hatte ich gar nicht mehr in Erinnerung, es ist ewig her, dass ich den Duft getestet habe. Ich musste nachsehen, wann er geschaffen wurde – 1998, also ein Duft der frühen Stunde. Aire wird seinem Namen überaus gerecht – ein Luftikus, und zwar im allerbesten Sinne. Aire orientiert sich sicherlich an den großen Klassikern der Teedüfte, an Bulgaris als auch an Elisabeth Ardens grünem Tee. Die Kombination mit zarten zitrischen Sprenklern und Tee ist eine sichere Bank, die auch hier funktioniert. Rose verleiht leise fruchtige Anklänge, vor allem aber auch Frische, die von sauberem Maiglöckchen untermalt wird. Hier ist Aire ganz bestimmt auch ein Vorgriff – und zwar auf die Welle der Sauberlinge, der „cleanen“ Düfte, die Anfang des 21. Jahrhunderts ihren Siegeszug antrat, vor allem auch dank der gleichnamigen Marke Clean. Sauber, frisch, wie frisch geduscht, frisch gewaschene Wäsche, all diese Aspekte wohnen Aire ebenfalls inne, der mit watteweichem Moschus und diesen Eindruck bekräftigenden Ambrettesamen abgerundet wird.

Aire ist ein zarter Hauch von einem Duft, unisex mit Tendenz hin zum Weiblichen, erfrischend und frisch, sauber und unschuldig, luftig, leicht und unbeschwert. Ein bisschen wie die perfekte weiße Bluse, die zu allem passt und ihre Trägerin zum Strahlen bringt, indem sie deren Präsenz sacht unterstreicht, ohne sich in den Vordergrund zu drängen.

Morgen folgt noch ein letzter Tag mit Profumi di Pantelleria – bis dahin alles Liebe und einen guten Start ins Wochenende!

Herzlichst

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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