Die Natura Fabularis-Kollektion von L’Artisan Parfumeur …

… beschäftigt uns noch einen weiteren Tag: Nachdem ich vorgestern bereits Mirabilis 60 und Glacialis Terra 18 vorgestellt hatte, folgen heute die restlichen vier von Daphnè Bugey geschaffenen Düfte.

Arcana Rosa 9 verrät mit seinem Namen bereits, wohin die Reise geht beziehungsweise welche Protagonistin im Scheinwerferlicht steht – die Rose:

„Dornig. Unverschämt. Diese Rose favorisiert die dunklen Seiten und würzige maskuline Noten. Eine mehrdeutige und vollmundige Blume. Ihre Stärke ist von der Perfektion der bulgarischen Rose geprägt, die provokant in einem Wacholderfeuer brennt.“

Bulgarische Rose, Zedernholz und Oud sind angekündigt, dennoch oder gerade deswegen liege ich mit meiner Erwartungshaltung völlig daneben. Ein paar reflektive Momente später muss ich allerdings einräumen, dass ich es hätte wissen können … was wissen können, was hatte ich vermutet?

Bulgarische Rose, Damaszenerrose also, ist oftmals ausladend, von einem vollen Körper, voluminös und gewichtig – in Kombination mit Oud hätte ich hier, vor allem da von einem Wacholderfeuer die Rede ist, das bei mir umgehend die Assoziation eines Lagerfeuers weckte, einen schweren und sinistren Duft erwartet. Das war beziehungsweise ist ein Holzweg: Arcana Rose 9 ist genauso düster wie Byredos Rose Noir – eher nicht 😉 Vielmehr gestaltet es sich mit dem Duft ähnlich wie mit Bigarade Concentrée von Malle, der ein komplett anderer Duft ist, ein anderes Thema besitzt, aber dennoch ein Spiel mit Licht und Schatten evoziert und ein eher transparenter, luzider Geselle ist. Arcana Rose 9 ist, und das hätte ich ahnen können, wie seine beiden bereits vorgestellten Kollektionsgenossen, ein kontemporärer Duft, einer, den ich mir in der Tat auch am richtigen Mann vorstellen könnte, obschon er definitiv die samtige Süße der Damaszenerrose offenbart. Dennoch zeigt er sich dahingehaucht, von einer sachten und sauberen Holzigkeit und einem mehr als subtilen Rauch, der eher im Hinter- bzw. Untergrund agiert, dem Duft Körper verleihend.

Venenum 32 ist unser zweiter Kandidat:

„Eine neue Welt offenbart sich. Noch ist nicht klar, was wir sehen. Ist es ein Wald aus Sandelholz, in dem Reis gedünstet wird, während wir einen würzigen Chai-Tee trinken, oder aber sehen wir einfach ein weites goldenfarbenes Getreidefeld und überlassen den Rest unserer Fantasie? Venenum pendelt hin und her zwischen dem Duft von heißem, frisch gebackenem Brot, milchigen Wolken, würzigem Tee und weichem Sandelholz.“

Tee, Sandelholz und Reis werden uns versprochen – das lockt mich natürlich gleich, mag ich doch Reisdüfte sehr und Tee erst recht. Frisch gebackenes Brot? Erinnert mich umgehend an Serge LutensJeux de Peau, ferner auch an eine meiner Lieblingsduftkerzen von Cire Trudon, die leider nicht mehr erhältlich ist und nach stark verrußtem Brot duftete.

Mein erster Eindruck? In Tee getunkte Kokosmakronen, auf wunderbare Weise verwässert (mir sind sie sonst nämlich zu süß, was hier nicht der Fall ist). Minzig-herbe Teefrische und als Gegenpol eine dichte, auf positive Art „stumpfe“ Reispudrigkeit kreieren diesen Eindruck, von Sandelsüße akzentuiert. Ich bleibe dabei – Kokosmakronen in bereits abgekühltem grünem Tee ohne Bitterkeit, dafür aber mit Minzaroma. Venenum macht durchaus Spaß, das muss ich schon sagen!

Der nächste Duft ist Violaceum 2:

„Es dauert die Zeit einer ganzen vollen Sekunde für die magische Schönheit der Blume, um in der Dunkelheit ins Wanken zu geraten. Violaceum zollt Tribut an den vergänglichen Charakter der Natur.“

Safran, Karotte(nsamen?), Iris und Leder sind hier als Ingredienzen genannt – und machen umgehend Lust auf einen Test, denn die Kombination hat beispielsweise bereits bei Laboratorio Olfattivos Nirmal, der mir dazu spontan einfällt.

Violaceum 2 bietet im Auftakt eine sehr deutliche Note von Karotte, die ich so bisher selten in einem Duft angetroffen habe, eine herb-frisch angehauchte, die mit ihrem fruchtig-trocken-holzigen Naturell lockt. Dieses wird auf ziemlich feine Weise von Safran veredelt, der mit seinem ebenfalls besonderen Charakter perfekt mit den Möhrchen harmoniert und alsbald den Auftakt zu einem wundervollen Trio bildet. Iris und Leder kommen nämlich ins Spiel, eine cremige, nicht pudrige Iris von einer fast schon fruchtig anmutenden Süße, flankiert von Wildleder, sandfarbenem und butterweichem. Das man bei Violaceum 2 nur zwei Versuche benötigt hat, leuchtet mir ein – der Duft sitzt, ist ziemlich gelungen und einzigartig.

Photo by Andrew Worley on Unsplash

Tenebrae 26 ist der vorerst letzte Duft der Natura-Fabularis-Kollektion:

„Man braucht nur einmal seinen Blick in die ersten Schichten des Laubes zu richten, um einen flüchtigen Eindruck der Sonne zu erhaschen, die mit allem Ehrgeiz versucht, durch diesen undurchdringlichen Wald zu scheinen.

Hier finden wir historische Bäume mit Wurzeln, die knorrig zu den wildesten Skulpturen geformt werden. Gertenschlanke Stämme in Harz gehüllt reichen bis zum Himmel, während sie vom Licht der Sonne angezogen werden.“

Harze, Weihrauch und grüne Noten sind angekündigt, der Duft entwickelt sich zumindest auf meiner Haut dennoch ganz anders als erwartet. Modern wie seine Duftkollegen, eher ätherischen und leichten Charakters, offenbart er Minzfrische und leise Anklänge von Heu sowie frisch geschnittenem Gras, evoziert eine frische Brise, die von zarten Blüten kündet.

Einen Wald sehe ich da gar nicht und auch kein Holz, vielmehr ein leuchtendes Grün, von Himmelsblau durchzogen, eine Wiese im Sommerwind, ein leichter Wind, der durch die Gräser weht. Und damit bin ich eigentlich gar nicht so unglücklich, denn Walddüfte gibt es eigentlich genug meiner Meinung nach 😉

Neugierig geworden? Wenn ja – auf welchen Duft, auf welche Düfte?

Ein schönes Wochenende Euch, meine Lieben, und viele herzliche Grüße,

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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