Dienstag ist heute mal Gossip-Tag, …

… habe ich beschlossen. Der Grund: Es gibt viele spannende und interessante, witzige, aber auch traurige Neuigkeiten rund um Parfums.

Die allererste und für mich wichtigste Neuigkeit, die mich sehr betroffen macht: Parfums d’Orsay Paris stellen ihren Geschäftsbetrieb ein. Sprich: Die Firma wird nicht mehr lange existieren, die Düfte werden somit eingestellt. Das nimmt mich sehr mit, ist es doch einerseits ein altes und sehr renommiertes Unternehmen und mit seinem Ende geht einmal mehr ein Stückchen (französische) Kulturgeschichte verloren. Darüber hinaus muss ich nun bunkern, weil zwei meiner All-Time-Favoriten somit das Zeitliche segnen – Tilleul, der Welt schönster Lindenblütenduft mit einer unnachahmlich feinen Heunote, sowie Le Dandy, meine Tabak-Whiskey-Pflaume, meine sehr geliebte. Vielleicht geht es Euch ja ähnlich und Ihr müsst Euch noch bevorraten, ich weiß nicht, wie lange wir noch Bestände führen werden, insofern … Sobald ich Updates diesbezüglich habe, werde ich sie natürlich posten.

„Zeig mir Deine Freunde und ich sage Dir, wer Du bist“ heißt ein altes Sprichwort – ich erweitere das immer sehr gerne in jedwede Richtung, denn für mich sind es vor allem auch Wohnungseinrichtung, speziell vor allem Bücher, die etwas über jemanden aussagen. Und Tiere, geliebte – die auch. Die Elle stellte die Frage vor kurzem hinsichtlich Parfums – und, siehe da: Ich bin ein Naturliebhaber (check: yes) mit grünem Daumen (check: geht so), der Coffeetable-Bücher mag (check: yes; am liebsten aber Bücher mit echten Buchstaben drin) und ein natürliches Gespür für Trends hat (check: na sicher ;)). Und Ihr?

Einen sehr schönen Artikel über Parfums, deren Ursprung, Weihrauch und den aktuellen Oudtrend, gespickt mit Nischenhinweise und Zitaten von Marie LeFebvre gibt es in der FAZ zu lesen, seht hier. Und wenn wir es schon von Marie haben, deren Düfte ihrer Manufaktur Urban Scents ich dringend noch hier vorstellen muss – sie hat der Wirtschaftswoche Ende letzten Jahres ein sehr sympathisches Kurzinterview gegeben, das Ihr hier findet.

Normalerweise bin ich nicht besonders an Flakons interessiert, aaaber – der neue Duft des Labels Alexander McQueen muss genau wegen ebenjenem getestet werden! Im Vergleich zu anderen Fashionlabels gab sich die Firma in der Vergangenheit eher bedeckt: Zwei Haupt-Düfte hatte man veröffentlicht, Kingdom und My Queen, dazu ein paar Flanker – allesamt vergriffen. Alexander McQueen ist nun der erste Duft seit langem – und der erste Duft der Post-Alexander-Ära, der Designer hat ja bedauerlicherweise 2011 Selbstmord begangen. Ein großer Verlust – seine Entwürfe sind ikonisch. Für mich spiegelt der Flakon des neuen Duftes den Geist einiger früherer großer Entwürfe wieder – alleine deshalb muss ich probieren, ob der Duft was hermacht. Der Duft ist für „Nachteulen“ gemacht und zitiert McQueens dunklen „Gothic“-angehauchten Stil:

“It’s about nighttime, dreams, obsessions, collections and the sub-conscious,” said Burton [die Kreativ-Direktorin der Marke]before the London show, which was a one-off event that took place because of the fragrance launch event the following day.

Burton warned there is nothing “wishy-washy” about the scent and said it “does not” tick every box. “The thing about the McQueen woman is that she has a uniqueness and a real strength of personality,” said the designer. Quelle: WWD

Tuberose, Jasmin und Ylang sind Bestandteile, darüber hinaus Gewürznelke, Pfeffer und Vetiver. Die Vogue hat sich schon mit dem Duft beschäftigt – hier nachzulesen. Er zielt preislich definitiv ins Nischensegment – 350 Euro kostet das 50-Fläschchen und erhältlich ist er erst einmal erneut nur bei Harrod’s, danach wird er wohl selektiv (50 Türen sind für 2016 angepeilt) auch anderso zu erwerben sein.

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Bildquelle: http://fragrances.alexandermcqueen.com/en/ – all rights reserved. Fotograf der Kampagne: Paolo Roversi – Model: Maartje Verhoef.

Online gibt es den Duft auch zu beziehen, und zwar direkt über die Webseite der Firma. Hier die Beschreibung:

„Das McQueen Parfüm zeugt von der hohen Kunst des Duftes und richtet sich an Frauen, die in der Dunkelheit erblühen. McQueen wurde von der Raffinesse der Haute Parfumerie inspiriert und präsentiert einen einmaligen Duft, in dem sich die kostbare Essenz von drei nachts blühenden Blumen entfaltet. Arabischer Jasmin ist die Essenz von Kraft und Romantik. Die Blüte öffnet sich im Mondschein und verströmt ein süßes und vielschichtiges Aroma bis in den Morgen hinein. Tuberose ist das warme, berauschende Herz der Verführung. Ein seltener und unergründlicher Extrakt, der königlich und verboten zugleich ist. Ylang-Ylang ist der geheimnisvolle Duft eines perfekten Morgens. Das Aroma ist am intensivsten, wenn die ersten Sonnenstrahlen durchbrechen, und die exotisch-gelben Blüten zeugen von Stärke, Erneuerung und Wandel. Der Parfümflakon ist ein kleines Kunstwerk: massiv, sinnlich und von raffinierter Form. Eine zeitlose Form, die wunderbar in der Hand liegt. Der Flakon wird von goldenen Federn gekrönt , die die maßgefertigte Handwerkskunst von McQueen symbolisieren.“

Völlig durchgegangen ist mir im letzten Jahr der Kölner Stadtanzeiger mit seinen weihnachtlichen Einkaufstipps, den praktischen, hinsichtlich Parfums – seht hier. Auch wenn ich beispielsweise den Hinweis, dass man den Beschenkten mit Parfums seiner Lieblingsdesigner beehren könnte, nicht wirklich treffend finde in den meisten Fällen, sind doch einige der Tipps wirklich ziemlich erfrischend hinsichtlich ihrer Herangehensweise.

Dass die olfaktorische Nische mittlerweile auch in der Mode angekommen ist, wissen wir ja alle – in der Elle wird der Duft vorgestellt, der einen wohl beim Besuch der Fashionweek einhüllt, weil in „jeder“ trägt – LeLabos Santal 33. Das hätte ich ehrlicherweise nicht vermutet, Ihr? Dass es ein Duft von einem der populären stylishen Labels wie Byredo oder LeLabo ist, ganz generell, das schon – aber Santal 33 ist schon ein bisschen speziell für einen Crowdpleaser, nicht?

Putin ist sich für nichts zu schade, das hat man in der Vergangenheit ja bereits gelesen und vor allem auch gesehen, man erinnere sich an die immer ähnlich peinlichen Fotoshootings, die inszenierten. Was aber macht Putin hier im Blog? Tja, meine Lieben, er hat jetzt auch ein eigenes Parfum – Leaders Number One, hier ein humoriger Artikel dazu auf der Webseite des NDR. Das würde ich ja liebend gerne mal testen …

Niveaulimbo ist angesagt – es geht auch noch flacher: „Roberto Geissini“ heißt das Label von … Ihr wisst schon wem. Und die beiden unsäglich Omnipräsenten haben nun auch ihre eigenen Düfte am Start – ich verlinke auf den Klassiker der seriösen Berichterstattung, die Bild.

Wolltet Ihr schon immer mal Parfumeur spielen? Das kann man jetzt mit dem Brettspiel „Parfum“, über das die Osnabrücker Zeitung in diesem Artikel berichtet.

Dass Inklusion mittlerweile auch auf den Laufstegen ein Thema ist, hatte ich ja bereits einmal in einem Kurzartikel angesprochen – seht hier. Perfekt ist out, Models jenseits gängiger Schönheitsideale machen Furore, so auch die 18-jährige Australierin Madeline Stuart, die das Down-Syndrom hat. Über sie war in letzter Zeit viel zu lesen, hier hat man ein wunderschönes Hochzeitsshooting mit ihr aufgenommen, dessen Inspiration toll ist: „A lot of newly engaged women cannot see themselves as a bride because all the images magazines use are of these tall, thin models.“ Madeline zeigt allen, dass man kein 0815-Supermodel sein muss, um eine wundervolle Braut abzugeben!

Und, zu guter Letzt dann doch noch etwas, was so überhaupt gar nichts mit Parfums zu tun hat, auf das ich Euch aber trotzdem hinweisen möchte … In letzter Zeit hat eine Organisation für Aufmerksamkeit gesorgt, deren Anliegen ich unglaublich schön finde – P-Ink. Ein Zusammenschluss verschiedener Tätowierer, die Frauen nach Masektomien jeglicher Art mit Tätowierungen helfen. Mir gefällt die Achtsamkeit, das Liebevolle daran so sehr. So bin ich auch auf dieses Kunstprojekt hier aufmerksam geworden – Mes Cicatrices von Hélène Gugenheim. Meine Narben – was verbirgt sich dahinter? Guggenheim bittet Menschen mit Narben jedweder Natur in ihr Studio und vergoldet die Narben, lässt den Menschen dann eine gewisse besinnliche Pause, um danach die Vergoldung zu entfernen und diese der betreffenden Person in einem Fläschchen mitzugeben. Das Prinzip basiert auf dem japanischen Ästhetikbegriff Wabi Sabi, siehe Wiki:

„Ursprünglich bedeutet Wabi sich elend, einsam und verloren fühlen. Dies wandelte sich zur Freude an der Herbheit des Einsam-Stillen. Aber erst in der Verbindung mit Sabi, alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen, entstand die eigentlich nicht übersetzbare Begriffseinheit, die den Maßstab der japanischen Kunstbewertung bildet. Nicht die offenkundige Schönheit ist das Höchste, sondern die verhüllte, nicht der unmittelbare Glanz der Sonne, sondern der gebrochene des Mondes. Der bemooste Fels, das grasbewachsene Strohdach, die knorrige Kiefer, der leicht berostete Teekessel, das und Ähnliches sind die Symbole dieses Schönheitsideals. Es geht um die Hoheit, die sich in der Hülle des Unscheinbaren verbirgt, die herbe Schlichtheit, die dem Verstehenden doch alle Reize des Schönen offenbaren (Wilhelm Gundert).

In den Wäldern drüben,
tief unter der Last des Schnees,
ist letzte Nacht
ein Pflaumenzweig erblüht.

In diesem berühmten Vers liest der Verständige das Sabi und Wabi.“

Daraus haben die Japaner Kintsugi entwickelt:

„Kintsugi (jap. ???, dt. „Goldverbindung, -flicken“) oder seltener Kintsukuroi (???, „Goldreparatur“)[1] ist eine traditionelle japanische Reparaturmethode für Keramik. Keramik- oder Porzellanbruchstücke werden mit Urushi-Lack geklebt, fehlende Scherben werden mit einer in mehreren Schichten aufgetragenen Urushi-Kittmasse ergänzt, in die feinstes Pulvergold oder andere Metalle wie Silber und Platin[1] eingestreut wird. In Anlehnung an Streubilder (maki-e) entstehen die für Kintsugi charakteristischen Dekorationseffekte.“

Genauso wie die Bruchstellen des Porzellans zu dessen Zierde werden, werden die Narben der Menschen unter den Händen Guggenheims zu identität- und kraftstiftenden Zeichen des Lebens und sind als solche Ausdruck des Charakters als auch der Schönheit des Trägers. Ich finde das wahnsinnig beeindruckend und berührend sowie darüber hinaus erfrischend – und zwar im Vergleich mit „unseren“ gängigen Schönheitsvorstellungen und deren mangelnder Tiefe, um es mal freundlich auszudrücken. Hier ein Artikel dazu und selbstredend noch Videos von Guggenheim selbst [Nachtrag: Die Videos lassen sich nicht direkt hier abspielen – einfach draufklicken, dann öffnet sich in einem neuen Fenster das entsprechende Video :)]

Mes cicatrices Je suis d’elles, entièrement tissé – Marie from Hélène Gugenheim on Vimeo.

Mes cicatrices Je suis d’elles, entièrement tissé – Olivier from Hélène Gugenheim on Vimeo.

Mes cicatrices Je suis d’elles, entièrement tissé-e (performance publique) from Hélène Gugenheim on Vimeo.

Einen schönen Tag Euch und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

4 Kommentare

  1. Margot
    16. März 2016
    Antworten

    Liebe Uli,
    bevor ich mich weiter Deinen empfohlenen Artikeln und Videos widme, hier mein Statement zu Le Labo’s „Santal“ das ich beriets in einem anderen Blog Ende November letzten Jahres gepostet habe, nachdem ich Santal bewußt getestet hab.e. Ich verstehe daher nur zu gut, dass dieser Duft gerade einen Höhenflug erlebt. 😀
    „Na ja, bei mir ist der Marlboro-Mann gerade dabei, im Abendrot den Stall auszumisten.

    Aber, ich muß sagen ….. Nicht schlecht! Ich mag ja auch Dzing! und PC02 genauso wie Cuir d’Ange, die ebenfalls so eine Pferdestall-Sägespäne-Leder-Note haben, und in Santal wohnt auch die Iris, wie kann es anders sein, wenn er mir im Endeffekt doch gefällt. Es ist auf jeden Fall kein harter Duft sondern entwickelt eine skinnige Note (ausgelöst wohl durch Ambroxan) mit maskulinem Anklang, ohne als „Herrenduft“ definiert zu werden und wandelt sich dann in eine sehr verführerische, Holz unterlegte, Iris-Variante. Für mich ein weiterer Kandidat auf meiner Liste „bei nächster Gelegenheit“. Ich hätte ihn schon viel früher mal testen sollen.“
    Liebe Grüße,
    Margot

  2. Katharina Wenndorff
    16. März 2016
    Antworten

    Oh nein!
    Tilleul ist auch einer meiner Lieblingsdüfte…
    Das macht mich nun wirklich sehr taurig. 🙁
    Ich werde ebenfalls bunkern müssen.
    Grüße
    Katharina

  3. Avatar photo
    Ulrike Knöll
    17. März 2016
    Antworten

    Huhuu Ihr Beiden,

    @Margot:
    Ich mag ihn ja auch, den Santal, aaaaber … als Crowdpleaser und Liebling für die breite Modemasse? Mich hat es gewundert 😉
    Und ja, er wäre schon einen Kauf wert – genauso wie der Vetiver …

    @Kathi:
    Ich finde es auch richtig traurig, vor allem wegen Tilleul und dem Dandy, wie schon geschrieben. Es sind zwei echte All-Time-Favoriten 🙁 Du könntest aber auch mal den Lindenblütenduft von Harry lehmann testen als auch den von L’Erbolario, Ombra di Tiglio. Beide kein Tilleul, aber auch sehr schön und vor allem auch Schnäppchen 🙂

    Viele liebe Grüße,

    Uli

  4. Katharina Wenndorff
    18. März 2016
    Antworten

    @Uli
    Du hast mir vor Jahren mal ein Pröbchen des Tauer-Duftes „Zeta“ geschickt.
    Auch eine sehr feine Linde ohne kratzige Beinote.
    Aber auch dieser Duft scheint mittlerweile discontinued zu sein. 🙁

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