Byredos Night Veils …

… hatten sich schon eine ganze Zeit angekündigt, klandestin munkelnd. Und ich war gespannt – wie immer bei einer Neuveröffentlichung des Hauses. Eine gefühlte Ewigkeit wusste man, wusste ich nicht wirklich, wann sie denn nun kommen – und vor allem wann ich Pröbchen bekomme und testen darf. Endlich, endlich waren sie dann irgendwann mal da – leider allerdings durfte ich dann noch eine ganze Weile nicht darüber berichten (genauer gesagt: nicht vor dem Lancierungstermin). Darüber hinaus war das Pressematerial leider sehr dürftig und, ich möchte mal sagen: nicht unbedingt aussagekräftig. Deshalb habe ich mich vor einigen Wochen dann daran gesetzt und Texte für unseren Shop verfasst. Lasst uns also hurtig beginnen mit der Beschreibung der Kollektion:

„Den blühenden Königinnen der Nacht ist sie gewidmet, die Night Veils-Kollektion von Byredo: Der Schönheit von Rose, Jasmin und Lilie wird Tribut gezollt mit Reine de Nuit, Midnight Candy und Casablanca Lily. Eingebettet in ein Meer von anderen wohlduftenden Blüten und untermalt von kostbaren Harzen und edlen Hölzern, wird das Potential, die Einzigartigkeit als auch das Naturell jeder einzelnen Blume gekonnt herausgearbeitet, um sie in ihrer gesamten Erscheinung erst richtig zum Strahlen zu bringen. Das Resultat sind wundervolle Parfums, welche eine überaus gelungene Hommage an drei der herrlichsten floralen Ingredienzen der Parfumeurskunst darstellen.“

byredonightveils

Mmmmh, Blumenbouquets, ok. Würde mir jemand erzählen, dass er unbedingt eine florale Kollektion auf den Markt bringen mag, würde ich vermutlich nachfragen, wie genau er das umsetzen möchte – und innerlich erst einmal sehr skeptisch sein. Wieso? Weil ich der Überzeugung bin, dass bestimmte Dinge heute aufgrund der schieren Unendlichkeit des Duftangebots nur noch bedingt funktionieren. Beispiel: Monothematische Düfte, die eine sehr bekannte und beliebte Ingredienz im Fokus haben. Sei es nun Ambra oder Moschus oder eben auch genau eine der Vorzeigeblumen – die Konkurrenz ist groß. Es gibt meist schon viele, viele Interpretationen auf dem Markt, darunter dann auch Benchmarks, Düfte, die den Maßstab setzten und die Latte hoch hängen. Da ist es mitunter schwierig, die Genialität und Klasse, den Status der für diese bestimmte Kategorie als Aushängeschilder fungierenden Düfte zu erreichen und somit überhaupt wahrgenommen zu werden und in Erinnerung zu bleiben. Des Weiteren ist es ein Problem, einem zum Teil engen und mehr oder weniger „abgegrasten“ Thema olfaktorisch neue Facetten abzuringen.

Bei Byredo hatte ich allerdings keinerlei Zweifel, dass bei einer Rosen- und einer Jasmin-Interpretation etwas Besonderes und auch etwas besonders Schönes und Bemerkenswertes herauskommen wird. Die Lilie – ja, Lilien sind nicht so häufig anzutreffen in Düften – sehr zu meinem Bedauern.

Nun habe ich schon Vorschusslorbeeren verteilt, jetzt muss ich selbstverständlich auch liefern – insofern: Vorhang auf, im doppelten Sinne 😉

„Midnight Candy huldigt dem Jasmin, dessen Name aus dem Arabischen stammt und eigentlich schon viel verrät – Jasamin steht für „wohlriechendes Öl“. Byredos Interpretation legt den Fokus auf die unendliche Cremigkeit, die dem Jasmin innewohnt, und untermalt diese mit nobler Iris und Karottensamen, weich, weiblich und mit an erlesenen Puder erinnernden Aspekten. Dazu gesellt sich Veilchen und samtiger Osmanthus, der zarte Anleihen an Pfirsich stiftet. Abgerundet wird dieser brilliante Duft mit luxuriöser Vanille.

Burlesque - The Secret Taboo

Elena Gatti „Burlesque – The Secret Taboo“ via Flickr – CC BY 2.0

Midnight Candy ist eine Jasmininterpretation, die heraussticht – eine einzigartige Komposition, erhaben und elegant, die nicht nur Jasminliebhaber verzücken wird!“

Unser Midnight Candy ist kein Gourmand – und hat auch ansonsten wenig mit Naschwerk zu tun, allerdings hat er die Suchtwirkung mit Zucker(kram) gemein, der ja gemeinhin als Volksdroge gilt. Eine solche könnte Midnight Candy auch für mich werden – und ich bin mir ganz sicher, dass auch andere unter Euch gefährdet sind (Margot? Dorothea?). Jasmin, werdet Ihr fragen, vor allem die beiden angesprochenen Damen? Jep. Aber nicht nur – und das ist auch der zentrale Punkt. Fangen wir andersherum an – Midnight Candy betont nicht die Femme Fatale-Ausstrahlung des Jasmins, seine narkotisierende Verführungskraft, seine schwere, betörende, raumgreifende Seite. Der Duft stellt seine Cremigkeit, die unendliche, in den Mittelpunkt – und verzichtet deshalb auch gänzlich (in diesem Fall Gott sei Dank) auf jegliche, auch nur ansatzweise ins Indolische tendierenden Anklänge. Er hüllt ein, weißblühend, und gleitet wie kostbarste Creme über die Haut, duftet nach luxuriöser und teurer Hautcreme, nach einem Körper, einem wunderbaren, dessen Herrlichkeit zelebriert wird durch die richtige Pflege, die diese unterstreicht und erst recht zum Strahlen bringt. Dabei ist, meine Lieben, vor allem eine Iris, eine herrlich kühle und gleichermaßen seidige, behilflich – und wie! Kein Wurzelwerk, keine Erde und nur den leisen Verdacht an Puder weckend (so ein edler Körper wird sicherlich auch gepudert, hin und wieder …), allerdings nicht „traditionell“ pudrig duftend. Irgendwo im Hintergrund leuchtet ein sanfter, samtiger Pfirsich, von Osmanthus stammend – mehr abstrakter Natur als greifbar fruchtig, eine gewisse Frische spendend – genauso subtil wie die Vanille, die sich irgendwo in der Cremigkeit verbirgt, dem Duft eine gewisse unschuldige, aber dennoch verführerische Süße schenkend.

Burlesque - The Secret TabooElena Gatti „Burlesque – The Secret Taboo“ via Flickr – CC BY 2.0

Midnight Candy duftet ganz wundervoll – er lässt mich mich schöner fühlen in meiner Haut, feminin (das fühle ich mich, by the way, auch sonst, aber …) und, ja, auch begehrenswert. Der Duft ist – ein Parfum, keine Frage. Hat aber eben auch, obgleich von einer sehr guten Sillage und deutlich wahrnehmbar, diese Komponenten, diese schöne, die manchen Düften innewohnt, die sich so als Einheit mit ihrem Träger, mit ihrer Trägerin präsentierend, dass man sie nicht unbedingt als einzelnes Parfum wahrnimmt, sondern als (attraktiver) Teil der Trägerin, als ihre Haut, als ihr Geruch, als ihre Unwiderstehlichkeit. Braucht Ihr noch ein weiteres Testargument? Für mich hat er von seiner Strahlkraft, von seinem Charakter (nicht zwangsläufig von seinen Noten), eine Ähnlichkeit mit einem meiner All-Time-Favoriten, der Iris Poudre von Frédéric Malle. Wenden wir uns der Lilie zu:

„Klassisch und elegant, gilt die Casablanca Lily als die bekannteste und beliebteste der orientalischen Liliensorten – dieser Pretiose hat sich Byredo mit ihrem gleichnamigen Duft angenommen. Und dieser ist einer Hommage dieser zauberhaften Lilie mehr als würdig! Vollmundig-reife Pflaumen, saftig und süß, vermählen sich mit verlockenden Weißblühern, eine samtige Lilie zum Leben erweckend, majestätisch und betörend. Honig perlt über ihre zart-wächsernen, ausufernden Blütenblätter, den Nektar der Blüte nachmalend, und zaubert so das anbetungswürdige Bild einer wahren Königin, ehrwürdig auf kostbarem Palisanderholz gebettet. Casablanca Lily ist ein zutiefst weiblicher und sinnlicher Duft – und als eine der seltenen Lilienimpressionen ein Highlight, das man nicht verpassen sollte!“

Hach – wie ich diese Lilien liebe! Und so oft traut man sich in Düften nicht an die echten Wuchtbrummen ran – das wundert mich immer, weil es so viele Gardenien-, Tuberosen-, Jasmin- und sonstige Weißblüherdüfte gibt und auch immer wieder neue kreiert werden. Aber Lilien, die wirklich nach einer opulenten, raumgreifenden Lilie wie beispielsweise eben einer Casablanca-Lilie duften, gibt es viel zu wenige. Und wenn es dann mal schöne gibt, dann verschwinden sie meist schnell vom Markt wie beispielsweise mein absoluter und erklärter Liebling Lily & Spice von Penhaligon’s, der „einfach nur“ nach Casablanca-Lilie duftet und deshalb göttlich ist, oder auch Lys Carmin von Van Cleef & Arpels. LilySid Mosdell „Lily“ via Flickr – CC BY 2.0

Casablanca Lily muss gar nicht erst „Schau mir in die Augen, Kleines!“ rufen und ich muss auch nicht wahnsinnig tief in die Phiole schauen, um dem Duft umgehend zu verfallen. Kein Wunder, wirklich nicht – 1. ist die Casablanca Lilie eben doch auch solch eine einprägsame Schönheit 2. ist es Byredo … Ihr kennt ihn, diesen Duft, diesen gleichermaßen hellen, aber dennoch dichten und vereinnahmenden Duft dieser Liliensorten? Genau so! Casablanca Lily offeriert ihn, wie ich ihn liebe – und wofür man Lilien auch lieben muss (neben ihrer Optik). Wie ich schon in meinem Textchen schrieb – darüber hinaus weckt der Duft in mir das Gefühl, dass Tropfen herrlichen Honigs, mit Tau etwas verdünnt, die Blütenblätter entlangrinnen, perlen und locken, verlocken. Als Kontrast dazu dient eine wundervolle Pflaume, reif, aber nicht überreif, durch ihre saftige Fruchtigkeit die Süße des Honigs ausbalancierend. Einen ebenfalls unverzichtbaren Konstrast zeichnet das Holz, das edle und kühle, das den Duft gelungen abrundet.

Casablanca LilySid Mosdell „Casablanca Lily“ via Flickr – CC BY 2.0 Burlesque - A Strip Parade

Elena Gatti „Burlesque – A Strip Parade“ via Flickr – CC BY 2.0

Wow – schon wieder ein Volltreffer! Was für ein wahrhaft herrlicher Damenduft! Diese Feminität, diese Sinnlichkeit – es ist um mich geschehen, einmal mehr. Ob es die Rose aus der Kollektion auch schafft, Reine de Nuit? Das, meine Lieben, verrate ich Euch morgen 😉

Bis dahin alles Liebe und viele Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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