Die Beschwörung der Grünen Fee

Nude woman with bodypainting by Ji?í R?žek 2005 22

Absinth – allein dem Namen haftet nach wie vor das Verbotene an, weiß man doch von zahlreichen Künstlern des 19. Jahrhunderts, dass sie sich in die Arme der grünen Fee warfen, um Trost oder Inspiration zu finden. Vor knapp zwei Jahren schrieb Stephanie einen Artikel über die grüne Spirituose – im Rahmen einer Renzension von Absolument Absinthe von Parfum d’Interdits und brachte in diesem Zuge alles Wissenswerte zum Thema Absinth auf die Tagesordnung. Außerdem räumte sie mit dem Mythos auf, dass Absinth im 19. Jahrhundert zu psychedelischen Rauschzuständen geführt habe, was wohl eher auf B-Ware beim Schnappes sowie auf das gute alte Säuferdelirium zurückzuführen sei, denn auf berauschende Inhaltsstoffe.

The Absinthe Drinker by Viktor Oliva

Bei der eifrigen Recherche in unserem Shop habe ich außerdem Fou d’Absinthe von L’Artisan Parfumeur gefunden sowie Mark Buxtons Wood & Absinth. Liebe Leser, Ihr werdet sie sicher kennen. Hinterlasst mir doch einen Kommentar, ob sie Euch gefallen und ich sie unbedingt testen muss. Heute geht es aber um einen noch nicht genannten Duft, Nasomattos Absinth. Nach dem kürzlichen Ausflug ins Reich der Haschischspritzer widme ich mich heute la fée verte.

Ich habe mich ja bereits sehr positiv zur Gestaltung der Nasomatto-Flakons geäußert und war überrascht, dass man in einschlägigen Foren auch echte Hasser findet. Die mit zugegebenermaßen Wasserkopfproportionen ausgestatteten Flakons und damit klarem Übergewicht auf zwölf Uhr scheinen nicht jedermanns Geschmack zu treffen – ich verstehe dieses Design vielmehr als Ausdruck einer „verrückten Nase“ – naso matto – und applaudiere lauthals und kräftig, hier vor meinem Rechner sitzend.

Recht unverfroren rechne ich bei einem so benannten Duft mit Noten von Anis, Wermut und Fenchel, die von alters her in besagtem Unterhaltungsgetränk verarbeitet wurden. Übrigens rückt Nasomattos Alessandro Gualtieri keine Duftnoten heraus, wie es die meisten anderen Dufthäuser tun, weswegen auch unsere Angaben im Shop auf eigenen Einschätzungen beruhen.

Dance Shoot - 3

Der Duftstreifen gibt wie gewohnt nur ein zweidimensionales Bild wieder. Grünes, Florales und ein Hauch Krautigkeit meine ich zu vernehmen, wozu sich eine süßliche Note gesellt. Auf der Haut wird diese zu einer klaren Vanillenote, wobei ich mir auch Akzente einer süßen Mandarine oder eines Pfirsichs vorstellen könnte. Diese Noten kommen auf meiner Haut recht stark heraus und erst nach einer Weile entwickeln sich die herben, krautigen Noten. Grasig und trocken sind sie, man muss an Vetiver denken oder an die Bitterkeit des Wermuts. Zu einem authentischen Absinthduft fehlt diesem Kandidaten ganz klar der Anis. Wie auch schon Black Afgano kein olfaktorisches Abbild eines Haschischkrümels war, so ist dieser Duft auch keine Nachbildung eines guten Gläschens Absinth. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Gualitieri diesen Duft der grünen Fee selbst gewidmet hat, denn er ist lieblich, aber auch bitter, eine Umarmung mit Nebenwirkungen, an der Schwelle zum Wahnsinn. Widersprüchliche Elemente durchdringen sich und bereichern sich gegenseitig.

Ein feiner Unisex-Duft, nicht nur für Feen geeignet, sondern für alle, die Krautiges oder Vetiver mit einem gehörigen Schuss Extravaganz zu schätzen wissen.

Prösterchen,
Harmen

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

5 Kommentare

  1. Margot
    24. September 2012
    Antworten

    Hallo Harmen,
    irgendwie hast Du auf der falschen Seite angefangen 🙂
    Absolument Absinthe ist für mich die Sommer-Gartenparty, Fou d’Absinthe ist der warme Spätsommernachmittag in einem französichen Bistro und der Nasomatto, der passt zu Anzugträgern in einem in weiß + Walnußholz gehaltenen, sündhaft teuren Sushi-Lokal, hoch über Tokio (oder so). Verstehst Du was ich meine? Wood + Absinth von Buxton ist mir bisher leider entgangen. Viel Spaß noch beim Testen!

    Margot

  2. Harmen
    25. September 2012
    Antworten

    Hallo Margot,
    vielen Dank für die Info! Ich werde es auch mal mit den anderen versuchen 🙂
    Liebe Grüße
    Harmen

  3. 4. Oktober 2012
    Antworten

    Hallo Harmen,

    es gibt da noch einen, den Absinthe Verte von Kilian. Das ist der Untertitel von ‚Taste of Heaven‘. Fängt mit einer starken, frischen Lavendelnote an und wird sofort sehr weich und samtig-pudrig. Ein Männerduft, opulent und doch nicht schwer 😉

    LG
    Angi

  4. Harmen
    5. Oktober 2012
    Antworten

    Hallo Angi,
    vielen Dank für den Hinweis! Lavendel ist für mich immer ein gutes Argument. 🙂
    Viele Grüße
    Harmen

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