Ginger Ciao 2.27…

… scheint für die Parfumeurin Yosh Han der ultimative Kick fürs Selbstbewusstsein zu sein: Sie spielt darauf an, dass Menschen Masken tragen, täglich, und jeder mehrere davon „besitzt“ – eine Thematik im übrigen, die die Romantiker in ihrer Hinwendung zum Ich, zur (eigenen) Identität in diversen Werken mit den Metaphern der Marionetten, des Lebens als Marionettentheater, etc. belegten.

Jeder Mensch hätte als Minimum vier Facetten erzählt Han weiter – ich habe keine Ahnung, ob das nun spirituell, esoterisch, sonstwie energetisch gemeint ist, im Großen und Ganzen kann ich mich aber sowohl mit den Masken (die ja letztendlich für Rollen stehen) als auch mit dem Vorhandensein von verschiedenen Facetten anfreunden, obgleich ich der Ansicht bin, dass der eine hiervon mehr, der andere weniger besitzt. Sei es drum. Für Han stellt Ginger Ciao eine Heldin dar: Mutig und verwegen, abenteuerlustig, ehrlich und authentisch – und dadurch in hohem Maße inspirierend, fördert dieser Duft bei den meisten seiner Träger doch deren positiv(st)e Eigenschaften zutage. Mehr Dynamik, mehr Energie, mehr Tollkühnheit – man steht aufrechter, wirkt forscher und das alles oft mit einem Glitzern in den Augen so Yosh, für die Ginger Ciao ein Duft für den Mittelpunkt ist, einer, der Aufmerksamkeit auf sich zieht, vielmehr den Leuten zu einer Ausstrahlung verhilft die jene bewirkt.

Das liest sich alles auf liebenswerte Weise amüsant und ein bisschen übertrieben – wenn man den Duft noch nicht getestet hat… Dessen Ingredienzen: Basilikum, Ingwer, Königin der Nacht, Neroli, schwarze Kokosnuss, Tigerlilie, Ylang-Ylang.

Basilikum umweht mein Näschen bereits im Auftakt, grün und ein wenig herb – und bekommt alsbald Gesellschaft von einer Ingwerwurzel, die sich gewaschen hat: Dieses Rhizom hat es in sich meine Lieben! Es verkörpert alle Eigenschaften, die man an Ingwer liebt – oder eben hasst: Fruchtigkeit, Herbheit, Erdigkeit, eine gewisse Säuerlichkeit als auch jene eigenartige süße Trockenheit, die fast papierartig anmutet. Diese Wurzelpracht entscheidet sich für eine äußerst verführerische Ménage à Trois ein, die zu einem Trio Infernale avanciert: Kokosnuss, ein verhalten süßes, sondern vielmehr trocken-würziges Exemplar und ein Strauß voller Weißblüher finden sich zusammen und lassen den Duft zu einer erwachsenen Verführerin werden, die – Achtung, Floskelalarm – wirklich betörend und sinnlich ist. Ingwer gilt nicht umsonst als Aphrodisiakum, hier zeigt er sich dunkel-fruchtig und kokettierend-lasziv abgerundet durch rauchig-würzige Kokos und opulente Blüten.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieser Duft Aufmerksamkeit auf sich zieht und somit Hans Versprechen einlöst: Einerseits hat der Ingwer eine beruhigende, Geborgenheit ausstrahlende und stärkende Wirkung, die im gleichen Moment aber auch belebend wirkt. Und andererseits hat der Duft etwas sehr Erotisches. Entgegen den Ingredienzen ist es kein typischer Tropenabkömmling und kein Stranddüftchen, nein… Wenn Strand, dann denke ich an ein Bondgirl, ein möglicherweise farbiges – Gloria Hendry oder Halle Berry, vielleicht aber auch gleich Grace Jones und ihr Männer- oder besser: Allesfressercharme. Allerdings ist Mrs. Jones (die bei mir vor ein paar Jahren dank eines Konzertbesuchs für eine fiese depressive Verstimmung sorgte: WAS für eine Figur mit 60+…) in ihrer Mondänität eine Kleinigkeit zu avantgardistisch – dafür ist Ginger Ciao zu in sich ruhend und zu elegant. Das schafft er nämlich auch noch nebenbei, der Duft – sexy zu sein und elegant, klassisch und gleichermaßen modern. Und dabei noch sehr besonders zu sein. Also eigentlich doch Grace Jones, die älter Gewordene.

Ein würdiger Abschluss der Yosh-Han-Kollektion, finde ich. Wie gefällt sie Euch denn? Was sind Eure Favoriten? Einen guten Start in die Woche und viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Grace Jones auf ihrer Hurrican-Tour 2009 von Chr!s, Grace Jones Porträt von Gavin Bond, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Hier finden Sie Yosh Hans Kollektion in unserem Shop.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Carola
    12. Juni 2011
    Antworten

    Liebe Ulrike, Du hast meinen Liebling, Ginger Ciao, würdig beschrieben, vielen Dank dafür. Als ich ihn erstmals aufgesprüht habe, waren sofort all meine Sinne geschärft – grün, etwas herb, ein Klassiker? Betörend in jeder Hinsicht. Mit trocken-würzig und dunkel-fruchtig triffst Du es genau richtig. Hätte ich vorher was von dem Kokos gewusst, hätte ich ihn in Erwartung eines Strand-Cocktail-Duftes wahrscheinlich gar nicht getestet. Aber hier ist die Kokosnuss nicht süß und unterstreicht eher das Würzige, gibt die gewisse Kante, die ein Duft für mich haben sollte. Inzwischen zählt der Kokos-Chypre, so nenne ich ihn, zur meiner Sammlung.

    Liebe Grüße
    Carola

  2. Avatar photo
    Ulrike
    14. Juni 2011
    Antworten

    Huhuu liebe Carola,

    das mit den Vorbehalten gegenüber der Kokos kann ich SO GUT nachvollziehen 😉 Ich mag auch nur gaaanz wenige Kokosdüfte, unter anderem den von Honoré des Prés, den ich auch sehr erwachsen finde. Aber Ginger Ciao ist wirklich toll und Kokos-Chypre kann ich sofort unterschreiben 🙂 Freut mich sehr, wenn ich für Dich den olfaktorischen Nagel so gut auf den Kopf getroffen habe 🙂

    Viele liebe Grüße zurück,

    Uli.

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