Grün, grün, grün und…. grün

Wieder einmal ein Duft, der in den letzten oder zumindest vorletzten Sonnenstrahlen dieses Sommers unbedingt noch vorgestellt werden möchte: Green, Green, Green and… Green von Miller et Bertaux. Das 1985 von Francis Miller und Patrick Bertaux gegründete Label ist in unserem Dufttagebuch rezensionsmäßig noch völlig unterrepräsentiert. Zu Unrecht, wie ich finde. Ein erster Schritt sei hiermit getan. 🙂

Die Herren Miller und Bertaux führen eine kleine Boutique im Herzen von Paris, in der sie selbstdesignte Kleidung, Accessoires und eben Parfums an den Mann bringen. Zu letzteren zählen die Reisedüfte Shanti, Shanti und A Quiet Morning, die ihre Inspiration in eine Reise nach Indien fanden, und der Duft Bois de Gaïac et Poire, dem die Referenznummer 015813 und der Halbsatz „Close your eyes and…“ beigestellt sind, ein ruhig-kontemplativer Duft zum Augenschließen und… genießen, träumen, entspannen. Des Weiteren beherbergt das Miller et Bertaux-Sortiment ein Trio, zu welchem auch unser heute rezensierter Gründuft zählt. Da die Herren wohl ein geheimes Faible für Zahlen haben, sind auch diese drei Düfte durchnummeriert. Für Individualisten geschaffen und zwar am besten für solche mit minimalistisch-puristischen Neigungen. Ersteres kann man leicht an der unkonventionellen Namensvergabe erkennen kann: #1 (for you)/parfum trouvé, #2 Spiritus/land und eben unser heutiger Stargast #3 Green, Green, Green and… Green. Bei aller namentlichen Unkonventionalität zeigt das Trio laut Hersteller inhaltlich eine recht opportunistische Grundeinstellung: die drei Düfte können querbeet miteinander kombiniert, also gelayert werden, oder einzeln getragen. Eine Art Kommune 1 der Düfte, was dann ja aber doch wieder irgendwie individuell-unkonventionell ist. Oder so ähnlich. 😉

Zu den Duftnoten des grünen Gefährten: Lorbeer, Verbena, Koriander, Jasmin, Mastix, Zedernholz, Vetiver.

Ob der deutlichen Unterschiede zwischen Teststreifen und Haut, werde ich wieder einmal getrennt auf beide Varianten eingehen. Zuerst der Papierstreifen: Hier beginnt der Duft – nomen est omen – dunkelgrün mit krautigen Lorbeernoten und dezent seifigem Koriander. Verbena verströmt eine zitrische Süßlichkeit, die allerdings jene erfrischende Spritzigkeit vermissen lässt, die echten Zitrusfrüchten innewohnt. Florale Noten stürzen sich mit ins aromatisch-grüne Treiben und bringen zusätzliche Süße mit ins Spiel. Außerdem rieche ich eindeutig Waldmeister, auch wenn er in den Ingredienzien nicht erwähnt wurde. Saftig, belebend wie ein Karussell aus unterschiedlichen grünen Noten präsentiert sich der Duft, dessen zitrische Noten im Duftverlauf lange wahrnehmbar sind. Leicht und transparent mit fruchtigen Tendenzen und einem weich-holzigen Ausklang.

Auf dem Teststreifen legt Green, Green, Green and… Green bereits einen starken Auftritt hin, gegen meine Haut zieht der Papierstreifenduft aber den kürzeren. Frisch aufgesprüht kommen erst stark-zitrische Noten zum Tragen, weitaus frischer als auf dem Papier und ohne diese süßlichen Nuancen. Intuitiv würde ich auf spritzig-herbe Bergamotte tippen. Dann intensive Lorbeernoten, die schnell weicher werden und Gesellschaft von Koriander bekommen. Dicht gewebt ist der Teppich aus grünen Noten, sehr komplex und authentisch, beinahe wie ein Korb voller frisch gepflückter Gräser und Kräuter. Alsbald verliert der Duft an Intensität, wird transparenter. Aquatische Tendenzen zeigen sich ebenso wie eine subtile Zitrussüße. Hier steckt sie also die kleine Verbena. Nachdem sie auf dem Teststreifen gleich zu Beginn ihren großen Auftritt hatte, habe ich sie auf der Haut schon vermisst. Zart-grün zeigen sich dezente Waldmeisternoten (auch auf der Haut rieche ich ihn eindeutig), während ich die floralen Noten, die auf dem Teststreifen deutlich zu erkennen waren, auf meiner Haut völlig fehlen. Sanfte Holznoten mit fruchtigen Tendenzen bestimmen den Ausklang dieses wunderschönen Sommerduftes.

Schade, dass die Jahreszeit schon so weit vorangeschritten ist und ich Green, Green, Green and… Green erst jetzt für mich entdeckt habe. Aber vielleicht gibt es ja noch einen schönen Spätsommer. Und wenn der Winter nur ganz kurz ist, kommt auch der Frühling schon bald. Grün ist ja schließlich die Farbe der Hoffnung und die stirbt bekanntlich zuletzt. 😉

Einen schönen Tag wünscht Euch,

Eure Stephanie.

Bildquelle: Colocasia esculenta leaf von Wildfeuer – some rights reserved. Vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

2 Kommentare

  1. Ulrike
    31. August 2010
    Antworten

    Da muß ich Dir gleich mehrmals vollkommen recht geben: Der grüne Miller et Bertaux ist ein wunderschöner Sommerduft und in meiner Hitliste der „Grünen“ ganz weit oben bzw. vorne mit dabei.
    Darüber hinaus sind Miller et Bertaux in der Tat bisher hier schmählich und schändlich unterrepräsentiert – und das völlig ohne Grund. Das müssen wir ändern, ich helfe mit 🙂
    Ich bin nämlich eigentlich ein ausgewiesener Fan der Duftlinie und des kleinen Lädchens, jawohl.

    Liebe Grüße,

    Uli.

    • Steffi
      1. September 2010
      Antworten

      Ja, ein Sommerduft mehr, den ich leider etwas spät im Jahr entdecke 🙁
      Ich hab mittlerweile so viele Düfte für die wärmere Jahreszeitauf meiner „Find ich toll“-Liste, dass ich ab dem ersten Sonnenstrahl im nächsten Frühjahr anfangen muss mit lossprühen, damit ich bis zum Herbst auch alle oft genug getragen und gewürdigt habe… ach herrje, nicht dass das in Stress ausartet! Hehe! 😉

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