Ein wenig skeptisch

stehe ich dieser Rezension gegenüber und zwar schon von Beginn an. Ist die Protagonistin des heute besprochenen Duftes eine, wie ich finde, verkannte Persönlichkeit: die Kokosnuss. Förmlich sehe ich schon wie der sonst interessierte Blogleser nach dieser Offenbarung eilig die Maus Richtung „Fenster schließen“ bewegt und doch möchte ich Euch alle bitten, auch die, die der Kokosnuss mit Vorbehalt, Vorbedacht und Vorurteil gegenüberstehen, ihr doch wenigstens in diesem kleinen Artikel eine Chance zu geben. 😉

Auch ich muss zugeben, dass mein Verhältnis zu genannter Tropennuss (die botanisch gesehen keine Nuss ist, sondern vielmehr eine Steinfrucht) mitunter etwas angespannt ist. Zum einen weil die Guteste mir olfaktorisch durch so manches synthetische Billo-Duftwässerchen vergällt wurde, zum anderen weil ich sie gustatorisch fast ausschließlich nur mit klebriger Süße in Verbindung bringe; diese Assoziation schiebe ich insbesondere dem unsäglichen Bountyriegel in die Schuhe. Auch ich esse einen solchen alle Jubeljahre mal, wenn mich ein Künstlich-Süß-Gelüstchen überkommt. Aber, wenn man mal ganz ehrlich ist, wird der Schokoriegel der wahren Größe der Kokosnuss nur bedingt oder besser: überhaupt nicht gerecht. Aber wer eine geschmacklich-natürliche Umsetzung in Form eines Knusperriegels sucht, ist ja eigentlich ohnehin auf der falschen Fährte oder wahlweise auch auf dem Weg ins Reformhaus, was aber auch das Gleiche bedeuten könnte. 😉

Wer von Euch dagegen schon einmal eine ganze Kokosnuss im Laden gekauft hat (oder gar eine eben geerntete in den Tropen selbst?), diese geknackt hat und das fasrig-frische, natürliche, nicht mit künstlichen Aromastoffen zugedröhnte Fruchtfleisch geknabbert hat, wird mir bestätigen können, dass da doch Unterschiede zu erkennen sind. Natürlich ist der charakteristische Kokosgeschmack deutlich erkennbar, aber diese klebrige Süße fehlt. Nach Duftrezensionkriterien würde ich den Geschmack aromatisch, milchig, mit aquatischen Tendenzen nennen. So mag, so liebe ich die Kokosnuss! Lecker!!

Doch bevor sich jetzt ein Mob erregter Kokosgegner und erzürnter Bountyverfechter auf den Weg Richtung Bodensee begibt, um mich zur Räson respektive zum Schweigen zu bringen – Gemach! Gemach! Bin ich doch seit jeher ein Freund der Worte Friedrichs II. : „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“ Wer Bounty liebt, der esse Bounty und wer generell bei Kokos flüchtet, nun, dem wünsche ich ‚Gute Reise’. Ganz nach dem Motto: Jedem Tierchen sein Pläsierchen. 😉

Ach, ihr seht, ich befinde mich in einer Art Bredouille. Irgendwie bin ich schon ein Kokosfreund und irgendwie auch wieder nicht so richtig. Dabei würde ich mich so gerne vorbehaltlos für sie einsetzen. Aber davor, also den Vorbehalten, bin selbst ich nicht gefeit. Was das Geschmackliche angeht, kann ich mich zwar unter bestimmten, bereits genannten Umständen für sie verbürgen, was Düfte angeht bin ich äußerst vorsichtig (ich erinnere da nur an erwähnte Billo-Deos,-Düftchen und -Bodylotions). Denn auch hier sind für mich Authentizität und Natürlichkeit das A und O. Wir hatten es kürzlich schon in einem Artikel von Ulrike davon, dass es wenige erwachsene Kokosdüfte ohne Bountynote gibt. Vittoria Apuana von Profumi del Forte wurde da genannt, Virgin Island Water von Creed und eben auch Love Coco der Ökoduftlinie Honoré des Prés. Sehen wir mal, ob der heute rezensierte Duft dazugehört!

Letzte Woche habe ich sie Euch schon kurz (und begeistert) vorgestellt und dabei auch drei Ihrer Düfte: Patricia de Nicolaï. Auch heute stammt der rezensierte Duft aus ihrer Feder: Cococabana. Der Name ist meiner Meinung nach etwas unglücklich gewählt; eine Verunglimpfung des brasilianischen Vorzeigestrandes Copacabana, und lässt bei mir sofort den Klebrig-Süß-Bounty-Alarm im Kopf losschrillen – und das nur vom Hören beziehungsweise Lesen. Nichtsdestotrotz schreite ich mutig ans Testen (Frau de Nicolaïs Düfte waren bisher durchweg bezaubend, was soll also schiefgehen?). Hier zu allererst einmal die Duftnoten: Kokosnuss, Tiaré, Bitterorange, Galbanum, Ylang-Ylang, Neroli, Zedernholz, Sandelholz, Moschus, Vanille.

Frisch aufgesprüht ist von der erwarteten Kokosnote (die ja auch im Duftnamen extra erwähnt wird) weit und breit nichts zu entdecken. Satt und üppig duftet mir dagegen eine Armada an Weißblühern entgegen, in einer Intensität, die mir bisher in dieser Form noch nicht untergekommen ist und die mir ehrlicherweise kurzzeitig den Atem raubt. Tiaréblüte und Ylang-Ylang toben sich im Auftakt gehörig aus; mal mehr in die berauschend-cremige Richtung tendierend, mal mehr mit quietschigen Bubble Gum-Noten aufwartend. Im weiteren Verlauf beruhigt sich der Duft ein wenig. Die Weißblüher treten etwas in den Hintergrund, aber nicht völlig und da taucht sie plötzlich auf: die Kokosnuss. Authentisch, sehr zart, sehr dezent (was aber auch an dem starken Kontrast zum barocken Auftakt liegen könnte), flankiert von den allgegenwärtigen weißen Floralen und Noten, die ich intuitiv Sandelholz, Moschus und Vanille zuordnen würde, womit wohl auch schon das Ende dieser rasanten Duftachterbahnfahrt eingeläutet wird. In einer berauschend-floralen Note klingt der Duft langsam und gemächlich aus.

Tja, in Hinblick auf meine Ode an die Kokosnuss zu Beginn meines Artikels muss ich zugeben, dass sich der Duft etwas anders entwickelt hat als erwartet. Hierfür muss ich Tiaré und Ylang-Ylang zur Verantwortung ziehen, die den Duft vom Auftakt bis in die Basis hinein dominieren (auf Teststreifen und meiner Haut). Schade, wie ich finde, denn die anderen Duftnoten gehen beinahe völlig unter. Die von mir ersehnte Kokosnote präsentierte sich zwar recht authentisch, wurde aber von den wuchtbrummigen Weißblühern doch eher in den Hintergrund gedrängt und unterjocht.

Von daher würde ich den heute rezensierten Duft (so wie er sich auf meiner Haut und dem Teststreifen entwickelt hat) eigentlich gar nicht in die Kokosriege aufnehmen. Auch wenn der Name das eigentlich vermuten ließe, haben wir es hier doch mit einem weißen Prachtfloralen allererster Güte zu tun; tropische Tendenzen inklusive.

Tja, und somit ziehe ich zwei Lehren aus der heutigen Rezension, nämlich erstens: „Probieren geht über Studieren.“ Ein kleiner Vorabtest hätte mein ellenlanges Plädoyer für die Kokosnuss erübrigt. Außerdem sollte ich in Zukunft Vorsicht walten lassen, wenn mit die Duftnotenkombination Tiaré und Ylang-Ylang unter das Näschen kommt. Da mir doch eher transparente Düfte liegen und ich mit Weißblühern noch nicht ganz per Du, hat mich der Duft heute etwas überrollt. So hoffe ich, dass Ihr mir den abrupten Kurswechsel in meinem Artikel verzeiht. 🙂

Immer noch platt wie eine Flunder grüßt Euch,

Eure Stephanie.

Bildquelle: Kopraherstellung von Robert Stein III und Cocos nucifera von Forest & Kim Starr – some rights reserved. Vielen Dank!

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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