Wie viel darf ein Parfum kosten?

Clive Christian ist nicht nur der Vater des „teuersten Parfums der Welt“, sondern sogar in der Lage, einen hartgesottenen Beauty-Junkie wie mich sprachlos in die Ecke zu stellen. Und das passiert mir selten…


„Es ist schwieriger, eine vorgefaßte Meinung zu zertrümmern,
als ein Atom.“
(Albert Einstein)

Sagen wir es ehrlich: Der Mensch pflegt seine Vorurteile. Das gilt auch für Beauty-Journalisten wie mich. Wie oft sitzen wir in Pressekonferenzen für neue Produkte, die angeblich alles mögliche können und die Welt der Schönheit revolutionieren sollen. Meistens steckt die Neuigkeit dann aber doch nur in der Marketing-Idee hinter dem Produkt, die tatsächliche Wirkung hinkt dem Wirk-Versprechen leider zu oft hinterher. Ächz! Da stumpft man mit der Zeit zwangsläufig ein wenig ab und fällt sein Urteil über ein Produkt manchmal schon im Vorhinein (natürlich nur heimlich, im eigenen Kopf!).
Umso schlimmer, wenn das neue Produkt dann auch noch abartig teuer ist: „Wer kauft denn so was?“ oder „Das ist doch wieder etwas für Öl-Scheichs, die sonst schon alles haben“. Beispiel: Mit Swarovski-Kristallen verzierte Cremedosen oder Lippenstifte mit echten Brillis drauf.
Aber diese Woche habe ich eine wirksame Lektion in Sachen Demut und Neugier erhalten. Denn „Neugier“ sollte jederzeit das Rüstzeug eines guten Journalisten sein. Wer seine Neugier verliert, ist falsch in diesem Job. Und das mit der „Demut“ kommt dann schon von ganz alleine.
Jedenfalls begab es sich diese Woche, dass Victoria Christian, Tochter des legendären Londonder Interieur-Gurus „Clive Christian“ in München war, um im super-schönen Beautykaufhaus „Hautnah“ bei Ludwig Beck den ersten eigenen Christian Clive-Counter in Deutschland zu eröffnen. Denn Clive Christian arbeitet nicht nur als Innenausstatter, sondern machte Furore mit seiner eigenen Parfum-Linie, deren Star-Produkt sogar als „teuerstes Parfum der Welt“ im Guiness-Buch der Rekorde eingetragen wurde (die Flakons der Siganture-Collection werden von Hand aus einem Stück Bleikristall geschliffen und mit einer Manschatte aus massivem Gold versehen – Preis circa 200.000 Euro. Stöhn! Aber sozusagen für den „Hausgebrauch“ bietet Clive Christian auch ganz normale Flakons seiner Düfte. Und genau diese gibt es nun, wie bei AusLiebezumDuft schon länger, neuerdings auch bei Ludwig Beck in München…

Das teuerste Parfum der Welt.
Der Titel sagt ja zuerst mal nichts über die Qualität des Duftes aus.

Clive Chrisitian - No. 1Klar kenne ich die Marke Clive Christian, habe die Produkte schon oft gesehen, einen Flakon in der Hand gehabt. Aber gerochen habe ich noch nie daran. Aus Arroganz. Denn ich muss zugeben, ich dachte bei mir im Stillen, das wird wieder so ein mega-opulenter, schwerer, für meinen Geschmack viel zu süßer Duft sein, wie ihn reiche Araber gerne kaufen. Wer sonst leistet sich ein Luxus-Parfum? Doch dann stand ich bei besagtem Presse-Termin vor der bezaubernden Victoria Christian, die so völlig unprätentiös und charmant erzählte, wie stolz sie selber auf die Leistungen ihres Vaters sei. Dann bat sie die versammelten Journalisten, die Augen zu schließen und versprühte etwas von Clive Christians „N°1 for Men“ in den Raum… und ich war überwältigt. Opulenz? Süße? Orient? Von wegen. Mir wehte eine ganz leichte, fast romantische Brise entgegen, aus Bergamotte, frischer Limette und … Grapefruit? So ganz und gar nicht der schwere Dufthammer, den ich erwartet hatte, sondern ein köstliches, zartes Bouquet mit einem Hauch Rose. Staun! Und sofort erwachte meine alte Neugier zu neuem Leben. Wer ist dieser Clive Christian? Was steckt in seinen Düften, und wie teuer ist denn nun dieses teuerste Parfum der Welt in der normalen Nicht-Mega-Luxus-Flasche? (und: kann ich es mir überhaupt leisten???)

Clive Christian und seine Victoria

Die Geschichte des Mr. Christian beginnt in einem alten viktorianischen Landhaus, um genauer zu sein in einem der Ankleidezimmer. Der Brite hatte das Haus gerade für seine Familie gekauft und wollte es renovieren – nach seinen ganz speziellen, manchmal etwas exzentrischen Ideen einrichten. Beim Stöbern in dem alten Haus finden er und seine kleine Tochter Victoria unter den alten Dielen eines Ankleidezimmers einen alten, verstaubten Flakon. Eine grüne Flasche mit einer Krone als Verschluss, beschriftet mit „Triple English Lavender“… ein herrlich nostalgischer Fund, den Mr. Christian erst einmal zur Seite legt. Doch Jahre später fällt dem erfolgreichen Innenausstatter die Flasche wieder ein, er beginnt zu recherchieren und stößt auf eine alte, fast vergessene Marke: „The Crown Perfumery“. Diese hatte Ende des 19. Jahrhunderts von Queen Victoria die große Ehre erhalten, als einzige Parfumerie Englands, die Krone als Verschluss zu benutzen. (Die Namensgleichheit der großen Königin und seiner eigenen Tochter ist übrigens nur Zufall…)
Clive Christian ist sofort begeistert und kauft das Archiv der alten Parfum-Marke auf. Sein Plan: In der von Marketing beherrschten Beauty-Industrie wieder echte Werte zu schaffen. Eine absolute Luxus-Marke, die es sich leisten kann, nicht auf Budgets zu achten, sondern nur die wirklich seltensten und kostbarsten Zutaten zu verwenden. So entstand eine kleine, luxuriöse Edition von sechs Parfums (Parfum. Kein Eau de Toilette), drei für Damen und drei für Herren. Mehr als diese sechs Parfums wird es wohl auch nicht geben.
Und was kostet nun eine Flasche des Besten? Die Frage beschäftigt mich immer noch, als ich in München den Duft zum ersten Mal in der Nase habe. Aber ich sehe keine Preisschilder… Das ist auch der Sinn der Sache. Denn Clive Christian möchte, dass der Kunde nach dem Preis fragt, und die Verkäuferin antworten kann: „Riechen Sie doch erst einmal…“ Denn Mr. Christian kann sich entspannt zurücklehnen, er weiß, den Meisten wird es so gehen wie mir – sie werden von dem Duft begeistert sein. Auch wenn dann der Dämpfer kommt, denn die „billigste“ Flasche, der Duft „1872“ kostet 260 Euro… Schluck! Das nächste Modell, „X“, liegt dann schon bei 295 Euro. Und für den Klassiker, das legendäre „N°1“ (das ich gerade riechen durfte), muss man stolze 680 Euro berappen, für 50 ml. Das ist natürlich schrecklich viel. Gerade in unserer Zeit, in der das Geld nicht gerade locker sitzt. Und es lässt sich kaum logisch begründen, warum man soviel Geld für einen Duft bezahlt. Außer mit dieser einen Tatsache, dass man nun mal eben das Beste dafür bekommt.

Die Kronjuwelen der Duft-Branche

Ein Duft, der preislich mit so räsonablen Anschaffungen wie einer erstklassigen Waschmaschine, einem LED-Fernseher oder einem Führerscheinkurs mithalten kann, muss natürlich einiges bieten. Die Rezepturen der Parfums „1872“ und „X“ stammen aus den alten Original-Archiven der „Crown Perfumery“ und enthalten die feinsten Ingredenzien, die in Parfumkreationen zu finden sind. Die Flakons ziert immer noch die Krone, wie sie vor über 140 Jahren von Queen Victoria der „Crown Perfumery“ symbolisch verliehen wurde. Fans des Luxus-Duftes gibt es weltweit, Queen Elizabeth II. ließ sich einen eigenen Flakon zu ihrem Geburtstag anfertigen. Elton John bestellte für seinen „White Tie & Tiara“-Ball 2006 Flakons mit Rubinen, Saphiren und Perlen besetzt. Und Ehepaar Beckham (wie sollte es anders sein), tragen angeblich nichts anderes. Genug der Superlative? Dann wird es Zeit, die kostbaren Düfte probe zu riechen. Mein Liebling (seit der Präsentation diese Woche) ist „N°1 for Men“, der Klassiker, ein kleines Feuerwerk aus Bergamotte, Limette, Rose, Maiglöckchen, Zedern- und Sandelholz und Tonka Bohnen. Natürlich jeweils die besten Zutaten der Welt. In „N°1 for Women“ bestechen neben Bergamotte und Limette vor allem weißer Pfirsich und Vanille, als süßere, feminine, aber immer noch frisch-leichte Variante. Wirklich perfekt wird es, wenn beide Düfte von einem Liebespaar getragen werden, denn sie ergänzen sich unglaublich köstlich, viel eleganter und definierter als es die „Couple“-Versionen der anderen Parfums, die ich kenne, vollbringen.
Am besten man probiert es zuerst mal mit den kleinen Probe-Abfüllungen, die man bei AusLiebezumDuft online bestellen kann. Zum Test-Schnuppern und Verlieben. Und dann verzichtet man eben auf das nächste Paar Schuhe (oder wofür man sonst gerne wahnsinnig viel Geld ausgibt) und spart auf eine kleine Flasche Luxus. Nicht für jeden Tag, sondern nur für besondere Anlässe. So wie die süße Katie Holmes. Sie trug „N°1“, als Tom Cruise sie zum Altar führte. Seufz!

Euer Constantin Herrmann.

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Constantin Verfasst von:

Ein Kommentar

  1. Margot
    22. Oktober 2009
    Antworten

    Lieber Konstantin,
    die Frage nach Luxus und etwas besonderes zu haben war schon immer da. Die Frage nach dem Preis auch. Gerochen habe ich die Clive Christians schon. Da ich überhaupt nicht auf die femininen, weichen, feinen Damendüfte stehe, kommt für mich – wenn überhaupt – nur 1872 in Frage. Trotzdem würde ich ihn mir nicht kaufen, nur weil er aus einer besonderen Kollektion „der teuersten Düfte der Welt“ stammt. Vor allem muss sich der Träger eines Duftes damit identifizieren und ein weiterer Aspekt ist: Riecht der Duft auf meiner Haut genauso wie auf dem Papierstreifen? Wie lange hält er? Verändert er sich? Wenn man diese Fragen positiv beantworten kann, ist das ein JA zum Duft, egal wie viel das Parfum kostet. Und tut mir leid, auch wenn ich auf ein paar Schuhe verzichten würde, könnte ich mir keins der Clive Christians leisten. Bin jedoch mit den mir gebotenen Möglichkeiten und Angeboten vollkommen zufrieden.
    Aber von wegen teuerstes Parfum: Das teure daran, ist ja eigentlich der Flakon. Was ist mit XerJoff oder Parfums MDCI Paris? Diese sind auch nicht gerade auf dem Billig-Preissektor angesiedelt. Auch Paolo Gigli fährt auf der Welle der Flakongestaltung (mit Blattgold besetzt usw.) Ich mag ihn, aber wird der Duft dadurch besser? Da habe ich doch lieber schlichte Flakons und weiß, dass ich wirklich für den Inhalt bezahle und nicht für’s Dekor. Das sthet zwar im Widerspruch zu meiner Leidenschaft, dem Sammeln von Parfumminiaturen, kann die Bereiche jedoch ohne Probleme trennen 🙂 und nur so nebenbei ….. für so einen kleinen Flakon verzichte ich eher mal auf ein paar Schuhe.
    Viele Grüsse,
    Margot

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