Alle Jahre wieder – Six Scents Series 2.

Bald ist es soweit – und nein, ich meine nicht Weihnachten, obgleich ich zuletzt bereits weihnachtliche (Raum)Düfte rezensierte.

Das New Yorker Projekt Six Scents beschert uns seine zweite Serie. Six Scents? Wir erinnern uns: Six Scents wurde 2008 ausgetüftelt als Kooperation zwischen Symrise, einem der weltweit führenden Duftstoffherstellern, Seven New York, einer Avantgarde-Designer-Boutique und Metaproject, einer Kreativagentur. Das Team schickte sich an, die Welt zu erobern und zu verändern – mit einer jährlich erscheinenden Serie, sechs Düfte umfassend, jeweils auf 2000 Stück limitiert. Entworfen von einer Gruppe aus sechs bekannten Künstlern in Zusammenarbeit mit sechs Parfumeuren.

Das Team ist 2009 annähernd das gleiche geblieben – lediglich ist dieses Jahr anstatt Symrise Givaudan als großer Aromastoffhersteller im Boot. Zusammen mit Joseph Quartana, dem eigentlichen Erfinder und Kurator der Six Scents sowie Besitzer von Seven NY, Kaya Sorhaindo, dem Inhaber von Metaproject und Aramique Krauthamer, Autor, wird dieses Jahr caritativ das Haus gerockt – um es mal flapsig zu formulieren.

Denn: Auch dieses Jahr wird wieder gespendet, ein integraler Bestandteil des Six Scents-Konzept. Alljährlich geht ein Teil der Einnahmen an eine gemeinnützige Organisation.

Die Series 2 von 2009 sind der Beziehung zwischen Künstler und Natur gewidmet. Sechs Düfte, sechs Fotos, sechs Filme, sechs Geschichten und sechs Pärchen aus Künstler und Parfumeur.

Die No. 1 heißt Collage und wurde kreiert von Phillip Lim / 3.1 Phillip Lim & Natalie Gracia-Cetto. Lim ist amerikanischer Nachwuchs-Modedesigner mit chinesischen Wurzeln und bekannt für seine feminin-unkomplizierte Mode, für die er gerne erlesene Materialien wie Kaschmir und Seide verwendet und die oftmals mit straighten Schnitten und kleinen Extravaganzen auffällt. Gracia-Cetto hat bei Givaudan gelernt und ist verantwortlich für Düfte wie Burberry Brit, Christian Lacroix Tumulte oder Lagerfeld Jako.

Die Idee zu Collage ist die eines Tages, gleich einer Tabula Rasa, eines leeren Blattes Papier, das sich mit dem Erlebten in der Zukunft, die dann Gegenwart sein wird, zu einer Erinnerungscollage, einem Bündel an Erinnerungen zusammenfügen wird gleich einem Puzzlespiel – so in etwa Herr Lim. Frau Gracia-Cetto ließ sich von Lims einzigartigem und speziellen Stil inspirieren, der für sie einfach tragbar ist und andererseits aber auch stylisch genug und dazu geeignet, abends damit um die Häuser zu ziehen und die Nacht zum Tag zu machen.

In ihrer Vorstellung ist Collage dafür exakt der richtige Duft: Frisch und sinnlich, unisex, zu jeder Zeit tragbar. Pfeffer und Zitrone, die die Frische eines Eaus garantieren und Patchouli sowie Weihrauch, welche dem Duft mehr Sinnlichkeit sowie einen „sophisticated“-Touch (ich finde immer kein passendes deutsches Wort für sophisticated…) verleihen.

Ingredienzen: Bergamotte, weißer Pfeffer, schwarzer Pfeffer, Wacholder, Magnolie, Patchouli, Virginia-Zedernholz, Weihrauch.

Ich finde, Gracia-Cettas Beschreibung ihres eigenen Duftes trifft es erstaunlich gut: Collage ist definitiv ein Understatement-Duft, leise, aber dennoch präsent. Die Bergamotte ist in den Kopfnoten deutlich wahrnehmbar, genauso wie die Pfeffersorten, die kühle Würze stiften. Der Duft geht danach sehr schnell über in eine sehr ruhige Richtung, zwar ebenfalls noch frisch, aber eben nicht spritzig. Das Herz ist leicht floral-aquatisch durch die Magnolie und seinem Charakter nach sehr tief, ätherisch fast – durch dezent-erdigen Patchouli, sehr hellen Weihrauch und Wacholder – sowie akzentuiert durch typische Zedernholzigkeit. Diese erinnert mich hier ein wenig an die Herz- bzw. Basisnote von Kisu, in welchem Zeder ebenfalls eine helle, saubere und leicht seifige Holzigkeit kreiert.

Von der Aussage her würde ich Collage in eine ähnliche Richtung „packen“ wie z.B. Andrée Putmans Préparation Parfumée, obgleich die Düfte selbst sich nicht sonderlich gleichen – abgesehen von der aquatischen Tendenz.

Ich würde Collage als unkomplizierten Unisexduft beschreiben, der trotzdem er frisch ist dank Bergamotte und aquatischen Noten (die im übrigen hier sehr behutsam umgesetzt sind – ich bin nämlich an und für sich kein Fan derer und finde sie in diesem Duft sehr angenehm) eine subtile Eleganz an den Tag legt. Das hätte ich jetzt nicht erzählen müssen – es deckt sich nämlich eigentlich mit der Eigenbeschreibung, die ich nur unterschreiben kann. Ich bin gespannt, ob Ihr das auch so seht…
Gehen wir weiter zur No. 2, Ende/Anfang. Große Worte wurden hier gewählt von Damir Doma sowie Yann Vasnier. Doma ist in Deutschland aufgewachsener Kroate und arbeitete für Raf Simons sowie Dirk Schönberger in Antwerpen, bevor er sich mit seinem eigenen Modelabel selbstständig machte. Wer die Belgier kennt, wird sich auch ungefähr ein Bild von Domas Mode machen können – puristisch, klare Schnitte, gedeckte Farben, typisch belgische Handschrift eben; muß man (nicht) mögen, ich persönlich bin ein großer Fan der Belgier. Was Herrn Vasnier angeht wurde ich nach dem Lesen dessen Referenzen immer neugieriger auf den Duft: Er zeichnet sich verantwortlich für Düfte wie Comme des Garçons Red Series Palisander und Rose, Le Labo Aldehyde 44, Marc Jacobs Fig Splash und Lola, Donna Karan Gold, Delrae Roth Mythique sowie einige Düfte von Divine.

Inspirierendes Moment war ein Tagesanfang, die Dämmerung: Ein Ende, das Sterben der Nacht, sowie ein Anfang, der neue Tag, der beginnt. So zumindest nach Doma. Vasnier scheint ein echter Fan von Domas Mode zu sein seiner eigenen Aussage nach. Er wollte dessen Vision in einem Duft einfangen, dem Geist seiner Mode Ausdruck verleihen – Sensibilität, Spiritualität, Intelligenz, Purismus, Einheit, Harmonie zwischen Körper und Seele, Natürlichkeit, Respekt. Da Doma viele natürliche Materialien verwendet und gerne Stoffe layert war für Vasnier ausschlaggebend, ebenfalls nur natürliche Essenzen zu verwenden und diese in feinen Schichten übereinander zu drapieren.

An diesem Parfum werden, ich verwette meine ganze Kollektion, sämtliche Weihrauch- und Holzliebhaber ihre große Freude haben: Ende/Anfang ist durch und durch Holz, Gewürz und Weihrauch und dabei wunderbar harmonisch. Kühl, tröstlich, holzig, harzig, gewürzig und wunderschön – wenn man es mag. Überflüssig zu erwähnen – ich mag ihn 😉 Verwendet wurde Ingwer, verschiedenste Arten Weihrauch aus unterschiedlichen Ländern, Elemiharz, Labdanum, Benzoeharz, Storax, Gurjumbalsam, Birkenteer, Kardamom, Koriander, Tonkabohne, Sandelholz, Guajakholz, Bienenwachs, Vetiver, Patchouli, Myrrhe.

Für Weihrauchabgeneigte sicherlich kein Duft, denn dieser ist ganz definitiv Hauptprotagonist. Für Weihrauchfans ein Must-Try. Meines Erachtens nach vergleichbar mit der CdG Series 3, allerdings ein wenig ausdifferenzierter. Darüber hinaus findet sich auch genau jene trockenen, heftigen Weihrauchnoten, die ich in Norma Kamalis Incense so liebe – hier sind sie allerdings einfacher tragbar, ein wenig softer. Alle Kamali-Kenner wissen, was ich meine – deren Incense ist meines Erachtens nach so ziemlich der kräftigste und authentischste Weihrauchduft auf dem Markt und nicht ganz einfach zu (er)tragen.

Vier Düfte fehlen nun noch – diese stelle ich Euch Mitte nächster Woche vor. Soviel sei vorab verraten – es sind noch einige echte Schmankerl dabei, unter anderem ein Duft, der all diejenigen, die, wie ich es aus einigen Boards kenne, immer auf der Suche nach dem perfekten Sonnenmilchduft sind, genau recht kommen wird 😉

Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende!

Viele liebe Grüße,

Ulrike.

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

8 Kommentare

  1. Bettina d'Onofrio
    16. Oktober 2009
    Antworten

    Ich darf nicht mehr hier im Dufttagebuch lesen, ohmmmm, ich darf nicht mehr hier im Dufttagebuch lesen, ohmmm, ich darf nicht….ich darf nicht….. ich darf nicht und mutiere so fast zu Bart Simpson an der Tafel stehen und ich darf nicht schreibend.
    Ich halte mir zukünftig die Augen zu, die Ohren auch und auf meine Nase setz ich gleich 3 absolut schicke mit Svarowski Steinen besetzte trendy „no olfactory delights“ Klammern.
    Schönen Tag und liebe Grüße:)

  2. Almut
    16. Oktober 2009
    Antworten

    na die nr 2 klingt ja sehr vielversprechend und ich bin gespannt, was da noch so folgt. wie immer, eine freude, dich zu lesen 🙂

  3. Skylla
    16. Oktober 2009
    Antworten

    Hach, wie freue ich mich auf die No. 2! Danke für den vielversprechenden Bericht, liebe Uli 🙂

  4. 17. Oktober 2009
    Antworten

    Guten Tag, Adventskalender, Zimt in der Luft – ich kann Weihnachten kaum erwarten. Lieben Gruß, Ulrike

  5. Karin (topsi)
    17. Oktober 2009
    Antworten

    Das Lesen des Aus Liebe zum Duft Dufttagebuches ist wie ein tägliches „Türchen öffnen“ des Adventkalenders, seit dem Du Beiträge darin schreibst. Fast jeden Tag eine wundervolle spannende Geschichte zu einem oder mehreren Düften.
    Einfach nur herrlich. Vielen Dank liebe Uli.

    Herzliche Grüße
    Karin

  6. Ulrike
    22. Oktober 2009
    Antworten

    Vielen herzlichen Dank für die vielen lieben Kommentare!
    Es freut mich, wenn Euch meine Berichte gefallen.
    Und ich bin sehr gespannt, wie Ihr die neuen Six Scents findet. Aktuell stehen heute und morgen die Rezensionen der restlichen Düfte im Blog und ich harre Eures Feedbacks 🙂

    Liebe Grüße, Uli.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert