Noch mehr Feiglinge und eine Liebeserklärung.

Versprechen sollte man halten. Und versprochen war schon vor einiger Zeit ein weiterer Artikel zum Thema Feigendüfte.

Dieser Tage dürfen wir einen ersten Vorgeschmack auf eine Seite des Herbsts erleben, die nicht alle von uns mögen: Es nieselt und die Welt zeigt sich grau in grau – wenn sie sich überhaupt zeigt hinter all den Wolken. Das ist allerdings nur eine Seite des Herbstes… Wenn ich mich an die letzten Jahre erinnere, an die Zeit Ende September bis Mitte Oktober, zeigte sich der Herbst eigentlich immer von seiner schönsten Seite: Er bescherte uns fast ununterbrochen schöne, annähernd spätsommerliche Tage voller Sonne, meist ungewöhnlich warm sogar.

Insofern bin zumindest ich fest davon überzeugt, daß er uns auch dieses Jahr nicht im Stich lassen wird, der Herbst, und für uns noch einige schöne Tage in petto haben wird – Tage so wie heute.

Deshalb habe ich auch kein schlechtes Gewissen, daß die Rezension weiterer „Feiglinge“ ein wenig auf sich warten ließ aufgrund der ganzen Neuankündigungen der letzten Wochen… denn – meines Erachtens nach ist der Spätsommer/Frühherbst exakt die richtige Zeit für all die Feigenkandidaten, die es mittlerweile auf dem Parfummarkt gibt.

Daß es derer mittlerweile eine ganze Menge gibt, hatte ich ja bereits in meiner letzten Review erwähnt – ein Trend, angestoßen von Giacobettis Premier Figuier für L’Artisan. Madame Giacobetti konnte von dem Thema ihres Glücksbaums, der Feige, gottseidank nicht lassen – und kreierte einige Jahre später für Diptyque den Duft Philosykos (1996).

philosykos

Philosykos ist griechisch und heißt „Der Freund der Feige(n)“ – ja, würde ich sagen, liebe Frau Giacobetti, das war in der Tat ein Freundschaftsdienst. Philosykos ist unübertrieben ein Lobgesang, eine Ode an die Feige – für mich der schönste Feigenduft, der am Markt momentan existent ist.

Es hat komischerweise lange mit uns gedauert. Einer dieser Düfte, den man immer wieder einmal testet und den man als schön, aber nicht unbedingt habenswert im Hinterstübchen der Erinnerung vermerkt. Bis eines Tages – es müßte etwa vor einem Jahr um diese Zeit gewesen sein – ein kleines Fläschchen mit einem winzigen Restchen Duft den Weg in mein Haus, und somit einige Tage später natürlich auch auf meine Haut fand.

Nach einem Tragetag war ich verzaubert und verliebt, ich kann es nicht anders sagen, und dem Duft ward fortan ein stetiger Dauerplatz in meinem Parfumsortiment sicher.

Was macht Philosykos denn so einzigartig? Einen Tag in Griechenland möchte er einfangen, der Duft. Das nun, ein Sommertag in einem mediterranen Land ist nun eine allgegenwärtige Impression und Inspiration für Feigen- und auch viele andere fruchtige Parfums.

Philosykos riecht aber nicht nur mediterran, sondern läßt auch stimmungstechnisch die Sonne aufgehen – zumindest bei mir. Der Duft macht mich glücklich. Er hat eine wahnsinnig relaxte Ausstrahlung, ein kontemplatives Moment, das einen nochmals durchatmen und zur Ruhe kommen läßt.

In der Kopfnote ist Philosykos grün-fruchtig, eine saftige, halbreife Frucht samt dunkelgrüner Feigenblätter. Die Fruchtsüße kommt langsam hindurch, honiglich-süß ohne überbordend zu sein. Für meine Nase liegt dieses Früchtchen definitiv in der Sonne, und zwar auf einem Bett von verhalten würzigem Heu samt einiger getrockneter Blüten darin. Ich rieche sonnenwarmes Heu mit Honig – ähnlich, wie ich es in Parfum d’Orsays wunderschönem Lindenduft Tilleul wahrnehmen kann. Ein Tupfer Zeder sorgt für holzige Akzente, die einem den Eindruck des ganzen knorrigen Baumes im Sommersonnenlicht vermitteln, während dezente erdige Noten für die nötige Bodenhaftung sorgen.

Wie unschwer zu erahnen: Wer eine Feige sucht, sollte Philosykos meiner Meinung nach auf jeden Fall testen – unabhängig vom Geschlecht, eignet sich der Duft doch hervorragend sowohl für Männlein als auch für Weiblein.

Eine echte Empfehlung ist im übrigen auch die Duftkerze Figuier von Diptyque, das Raumduftpendant zu Philosykos. Ich persönlich habe sie schon sehr oft auch und gerade an Männer verschenkt, bei denen dieser Duft immer wieder besonders gut ankommt.

Natürlich gibt es noch weitere Feigenduftkandidaten, von denen ich einige noch erwähnen möchte für die Testwilligen unter Euch:

Hermès Un Jardin en Méditerranée: Ein Klassiker aus der Hand von Hausparfumeur Ellena: Feige mit Hesperiden, grünen Anklängen und holziger Zeder. Hoher Wiedererkennungswert und wirklich ein außergewöhnlich schöner Duft. (Unschwer zu erkennen: Meine Feige Nummer 2)

Fresh Index Fig Apricot: Aus der amerikanischen Linie eine typische Frucht-Kombination: Feige und (viel) Aprikose auf einem leicht pudrigen Moschusbettchen.

Jo Malone Wild Fig & Cassis: Ebenfalls eine Fruchtkombi, Feige und schwarze Johannisbeere samt Hyazinthe und Zedernholz – fruchtig-floral mit einer leicht säuerlichen Fruchtsüße. Typischer Malone-Duft und deshalb überaus tragbar zu allen Anlässen. Meines Erachtens nach schön zu Layern mit den Vetiver-Düften aus der Kollektion (Vetyver und Black Vetyver Cafe), oder aber auch, möchte man es etwas weniger herb haben, wie von Malone selbst empfohlen mit dem French Lime Blossom bzw. Nutmeg & Ginger.

Martine Micallef Sous le Figuier: Fruchtig-florale Feige mit viel (samtigem) Pfirsich und einem Hauch schwarze Johannisbeere.

Satellite À la Figue: Fruchtig-likörige grüne Feige mit Akzenten milchig-süßer Cremigkeit auf einer Basis von Patchouli, Vanille und Moschus.

Profumum Ichnusa: Wilde grüne Feige inmitten von zartbitteren Kräutern, Myrte und Gras, garniert mit vereinzelten Blümchen und ergänzt durch Anklänge von Heu.

Acqua di Parma Fico di Amalfi: Leichte zitrische Feige mit pfeffrigen Akzenten, Jasmin und holzigen Noten aus der Sommerkollektion Blu Mediterraneo.

Carthusia Io Capri: Tee-Feigen-Duft mit zitrischen Noten und leicht seifig-sauberer Tendenz.

Parfumerie Generale No. 16 Jardin du Kerylos: Samtig-grüne Feige mit Aromen von Gras und Heu sowie holzigen Noten.

Napa Valley Cielo: Cielo, der Himmel ist eine definitiv weibliche Feige in trauter Koexistenz mit Trauben, süß-zuckrigem Honig sowie floralen Akzenten auf einer warmen Sandelholzbasis.

Heeley Figuier: Leichte unkonventionelle, fruchtig-herbe Feige mit Rhabarber, Melone, Anklängen von Tee sowie einer holzigen Basis mit Heu.

Calypso Figue: Feige einmal in „warm“ – Feige auf Patchouli, Sandelholz und Ambra. Schwer, betörend und – eben ganz anders. Speziell.

Comptoir Sud Pacifique Coco Figue: Typischer CSP-Duft, lecker Kokosfeige in Gourmandnoten verpackt. Naschkram für die Süßen unter Euch.

L’Artisan Premier Figuier Extrême: Feige(nbaum) auf warmem Sandelholzbett mit weißfloraler Garnierung. Die normale Variante (Premier Figuier) hat keine Blüten und ist, alles in allem, grüner, holziger und weniger warm.

Nez à Nez – Figues et Garçons: Grün-grasige und fruchtige Feige mit Kiwi auf einem warm-holzigen Bett von Zeder, Sandelholz und Moschus.

Genug der Feigen aber nun für heute – und vermutlich auch für diese Saison. Dafür kommen dieser Tage noch ein paar andere Schmankerl – versprochen!

Was mich aber natürlich noch brennend interessieren würde: Welches sind denn Eure Lieblingsfeigen?

Liebe Grüße,

Eure Ulrike, die jetzt noch den wunderbaren Herbsttag in einem Café genießen wird – samt Philosykos 🙂

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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