Orientalische Träume: Vaninight & Verticaloud von Hermetica Paris …

… bilden den Abschluss unserer Rezensionsreihe zu den „Franzosen“, hinter denen sich Clara und John Molloy verbergen – wir kennen sie schon von MEMO und FLORAÏKU. Das war mal ein Marathon, oder? Aufmerksamen Leser*innen wird es nicht entgangen sein, dass Hermetica Paris uns schon eine ganze Weile hier beschäftigen, ist ihre Kollektion, mit der sie gestartet sind, doch keine kleine – hier erneut ein (hoffentlich nur vorerst) letztes Mal meine gesammelten Werke zum Thema:

Zwei Düfte stehen noch aus hinsichtlich einer näheren „Betrachtung“, und zwar Vaninight und Verticaloud, die ich mir heute stellvertretend für Euch unter die Nase klemme.

https://www.pexels.com/photo/photo-of-dessert-during-dawn-3889894/

Mein bisheriger Liebling ist, ziemlich unerwartet und überraschend, der gestrige Spiceair, eine Hommage an die Hauptstadt der Briten, an London. Hatte ich eigentlich einen grünen Duft erwartet, vielleicht mit ein wenig aquatischem Geklimper und/oder zitrischen Akzenten, offenbarte Spiceair ein gänzlich anderes Naturell: langfloriges, strahlend dunkelgrünes Moos, von Regen benetzt, und eine überaus reizvolle, „versteckte“ Zimtnote, die an warme Haut erinnert. Sehr sehr schön, meine Lieben – bei mir ist er gleich in den Dauertest gegangen. Mein zweiter Favorit war ebenfalls gestern an der Reihe – Sandalsun, ein moderner und „gemäßigter“ Unisex-Gourmandduft mit einer gar deliziösen Haselnussnote auf Vanillecreme. Liebling Nummer 3 ist ebenfalls ein Gourmand – Amberise, der helle honiggeküsste Ambraduft, hat sich in mein Herz geschlichen auf leisen, aber prägnanten Duftsohlen.

Ob heute noch jemand diese drei vom Siegertreppchen schubst? Wir werden es gleich wissen 🙂

Vanilleträume aus 1001 Nacht – Vaninight

„Vaninight Eau de Parfum transports you to the 1001 Nights, like an enchanting walk through the desert. At the heart of the fragrance is an original VANILLA ABSOLUTE that wraps you in a cashmere embrace. A FLORAL AMBER MOLECULE and ALMOND OIL add sensuality. This fragrance is reminiscent of a pure and luxurious drop of vanilla.“

https://www.pexels.com/photo/woman-in-gray-turtleneck-sweater-3765547/

Vaninight gibt sich verheißungsvoll, „Forbidden Sun“ ist sein Untertitel, begleitet wird er von folgenden geschmeidigen Wörtchen:

„Vanilla Vanillin Vanity – Enchanted Enlightened Exclusive – Caress Cashmere Confidence – Interlude Initiation Inspiration – Intimacy Infinity Intrigue – Night Nightwalking Nightingale – The 1001 Nights – I am Vaninight“

Durch die Wüste flanieren, die nächstliche, von einer Oase aus kommend oder auch vom Rande der Wüste … hat es schon mal jemand gemacht? Ich erinnere mich noch gut an meine zwei Wüstenbesuche, -erkundungen … Das erste Mal – Ägypten, Sahara, und zwar samt Kamelreiten, ein Erlebnis für sich. Hat es schon einmal jemand gemacht? Wüstenschiff ist nicht umsonst der Kosename jener Langbeine, schaukelt es einen doch mächtig herum, was dem einen oder anderen vornehmlich männlichen Teilnehmer der Reise ziemlich in den Magen gefahren ist … 😉 Wüste Nummer 2 war eher ein Wüstchen – Boa Vista, Kapverden, eine Wüsteninsel mit einer Miniwüste mittendrin. Verlaufen konnte man sich dort nicht, sah man doch von annähernd jedem Fleckchen die Landschaft drumherum. Dennoch habe ich etwas gelernt – Tomaten wuchsen dort, keine Ahnung, wie die das machen, zumal meine bisherigen Versuche weniger erfolgsgekrönt waren. Dabei sollte man doch meinen, dass unsere hiesige Trockenheit es nicht aufnehmen kann mit den dortigen klimatischen Bedingungen, oder nicht? Welche Wüsten kennt Ihr, meine Lieben?

Nachts bin ich nicht herumgetapst dort, dennoch oder gerade deswegen stelle ich es mir wahnsinnig schön vor – hier ein Bild der Sahara:

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Wie fängt Vaninight, der die Vanille schon im Namen trägt, die Wüste duftend ein? Ambra, florale Noten und Mandel, das liest sich nach einem waschechten Orientalen mit Gourmandanklängen, vielleicht auch andersrum … Stimmt, vollkommen korrekt. Weniger komplex als die beiden diesbezüglichen Ausnahmedüfte, die mit Fug und Recht von sich behaupten können, Klassiker zu sein – die Rede ist von Andy Tauers L’Air du Désert und von Serge Lutens Chergui. Letzterer ist sehr viel hitziger, süßer und tabakgeschwängert, Andy Tauers Wüstenwind ist facettierter, würzig-krautig-harziger, eine vielseitigere Adaption.

Vaninight zeigt sich eher als Gourmandduft denn als Orientale und tendiert eindeutig, wie der Name schon sagt, in Richtung Vanille: eine köstliche, cremig-würzige Vertreterin, harzig-warm beleuchtet und getragen von Ambra. Irgendwas kokelt oder glüht und leuchtet sacht im Hintergrund, für mein Näschen Karamelnoten stiftend, flüssiges, warmes Karamell. Bitte nicht täuschen, genauso prägnant wie die liebreizende Vanille ist auch die Ambra, leise floral angehaucht, aber dennoch deutlich erkennbar als Harzling.

https://www.pexels.com/photo/woman-in-gray-turtleneck-sweater-3765547/

Letzteres macht Vaninight überaus interessant nicht nur für Fans der Vanille, von denen es zugegeben viele gibt, sondern schafft eine ordentliche Schnittmenge, und zwar hinsichtlich der Amberfans.

Für mich ist Vaninight ein Vanilleamber, einer, der sich nicht um Geschlechtertrennung schert. Weder hell (wie oben genannter Amberise) noch wirklich dunkel strahlt er in sattem Bernsteinton, golden schimmernd. Und eignet sich deshalb hervorragend als Seelenschmeichler für die kälteren Jahreszeiten, vor allem aber den Herbst.

Eine Naturgewalt von einem Oud – Verticaloud

„Verticaloud Eau de Parfum is a fragrance that strikes like thunder. This mystical scent uses precious materials: ROSE OIL and OUD ACCORD. The note of this last dark resinous wood originates from the Middle East and is revisited with sophistication. This fragrance also contains a VIBRANT AMBER MOLECULE, giving it an extra dose of molecular amazement.“

https://pixabay.com/de/photos/landschaft-w%C3%BCste-sturm-sand-wolken-4436637/

Verticaloud zelebriert ein Duett, welches sich seit jeher großer Beliebtheit erfreut oder besser: seitdem es Ouddüfte gibt. Rose und Oud, eine geniale Kombination, die immer funktioniert. Mit Ambra haben Hermetica Paris dem Duo eine per se orientalische Ingredienz an die Seite gestellt, was mich deshalb an by Kilians Arabian Nights-Kollektion erinnert, vielleicht auch an Xerjoffs Oud Stars, ergo an Oud-Kollektionen, die tendentiell etwas mehr nach Orient denn nach Okzident duften. Dennoch vermute ich, dass uns zumindest eine europäisierte Variante erwartet …

… und habe damit recht. Trotzdem oder gerade deswegen bin ich überrascht: Verticaloud verströmt eine wesentlich nächtlichere Aura als sein Vorgänger Vaninight, obschon nirgends die Rede von Nacht ist, lediglich von Sturm. Wüstenstürme stelle ich mir sehr trocken vor, weswegen ich ein Weilchen gebraucht habe, um Euch ein illustrierendes Bild herauszusuchen, das ansatzweise den Charakter des Duftes einzufangen vermag.

https://pixabay.com/de/photos/karawanserei-denkmal-4516601/

 

Denn Verticaloud wohnt eine „blaue“ Komponente inne, eine Kühlheit, die ich sehr schätze und die wenigen Ouddüften zu eigen ist. Fars fällt mir hier vorrangig ein, aus oben genannter Oud Stars-Kollektion, darüber hinaus gab es in der Kollektion von Enrico Gi, in die ich ganz vernarrt bin aufgrund ihrer Qualität und des sagenhaften Preis-Leistungs-Verhältnisses, ebenfalls einen Kandidaten, ich meine, es war Oud Magnifico (wer neugierig geworden ist – die Düfte, vier an der Zahl, werden gerade im Netz zu Spottpreisen verscherbelt von um die dreißig Euro für 100 ml; ein Blindkauf dürfte keinen Oudliebhaber enttäuschen, da bin ich mir fast sicher).

https://pixabay.com/de/photos/karawanserei-denkmal-4519442/

Weniger Nacht, kühle Wüstenluft auf heißem Sand, als Sturm evoziert Verticaloud, dessen hitziges Temperament dennoch unterschwellig lauert, sich immer mal wieder auf grandiose Weise Bann brechend, rauchig-gourmandig tönend. Das Rosenbouquet zeigt sich üppig, von samtig-fruchtiger Natur, Oud schmeichelt zivilisiert auf holzig-rauchige Weise und angenehm warm als auch wärmend. Jegliche Kanten, die manchen dann doch mitunter ein bisschen zuviel des Guten sind, tauchen nicht auf – keine medizinischen Anklänge, kein Tier, das schwitzig hinter einer Düne wartet …

Verticaloud ist mehr Oud-Florientale als typischer Vertreter der Oudrosen, was ihm allerdings nicht zum Nachteil gereicht, ganz im Gegenteil. Das Spiel zwischen Wärme und Kühle macht ihn interessant und spannend, weil es, obschon nicht komplett neu, so doch selten ist. Daumen nach oben also von meiner Seite für diesen Schönling.

… und, meine Lieben, neugierig geworden? Wer kennt Hermetica Paris schon? Welche Düfte habt Ihr getestet, welche stehen auf Eurer Testliste? Und – sind noch andere Düfte der anderen Marken der Molloys in Eurem Besitz, wenn ja, welche? Ich bin gespannt!

Herzlichst

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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