Vor nicht allzu langer Zeit traf bei mir an der Ostsee ein hübsches Stoffsäckchen von Rhizome ein, gefüllt mit acht Samples, einer Handvoll Teststreifen und einem kleinen „Beipackzettel“ mit den Duftnoten zu jeder einzelnen Kreation. Alles zusammen wirkte auf mich sehr stimmig und ansprechend und so wanderte das Baumwollsäckchen gedanklich direkt in meine Auswahl an Proben, die in Kürze hier unbedingt rezensiert werden sollten. Heute ist es nun so weit, die acht Samples liegen vor mir und harren ihrer Duftverkostung.
Kurz und knapp: Rhizome
Doch zunächst möchte ich Euch ein wenig über die Marke Rhizome erzählen. Den Namen finde ich als Biologin natürlich irgendwie spannend. Man versteht den Begriff Rhizom eine besondere bzw. andere Art von Wurzeln, nämlich eine Sprossachse, die in der Regel unterirdisch verläuft und aus der kleinere Wurzeln und Neuaustriebe hervorsprießen. Man kennt die verdickte Sprossachse des Ingwers, bei der es sich auch um ein Rhizom handelt, und zwar ein äußerst gesundes und wohlschmeckendes.
Aber auch Bambus, Giersch, Schachtelhalm u.v.m bilden ein Rhizom aus, das auch als Überdauerungsorgan im Winter fungiert, wenn sich die oberirdischen Triebe der Pflanze in den Boden zurückziehen. Die Besonderheit dieser Rhizome ist es, dass sie an jeder Stelle geteilt werden können und jedes einzelne Segment zu einer eigenen neuen Pflanze heranwachsen kann. Ein kleines Stückchen einer Wurzel genügt also, um einen komplett neuen Organismus zu erschaffen.
Die Marke Rhizome wurde im Jahre 2019 von den Brüdern Stefano und Andrea Aschieri gegründet – ursprünglich noch mit Dario Pozzi, allerdings scheint dieser das gemeinsame Duftprojekt zwischenzeitlich verlassen zu haben. Rhizome möchte es anders machen als der Rest der Nischendufthäuser, möchte hochwertige Düfte zu erschwinglichen Preisen erschaffen und diese einer Klientel anbieten, dass in der Welt der Nischenparfümerie gerne übersehen oder vergessen wird: der jungen Generation.
Und so lancierte das junge Label in den letzten vier Jahren die Düfte 01 bis 06 und darüber hinaus die beiden Eaux de Parfum Desert Dusk und Tropical Dance, die ich Euch alle heute und in den nächsten Tagen vorstellen möchte. ☺
Rhizome konzentriert sich auf die Kreation von großartigen Düften. Die Düfte sollen sich selbst ausdrücken. Ein Eau de Parfum, wenn es richtig gemacht ist, ist nicht nur ein Duft, sondern ein Erlebnis. Ein Erlebnis, das zu einer Erinnerung wird. Ein Duft, der einen Moment in der Zeit festhalten kann.
01 – Rhizome
Natürlich gehe ich der Reihenfolge nach und beginne selbstverständlich mit der Nummer 01. Alles andere wäre in meinen Augen grob fahrlässig. Der erste Duft aus dem Hause Rhizome soll „ein frisches und sanftes Eau de Parfum für Männer und Frauen“ sein. Die Duftnoten lesen sich zwar ein wenig anders, aber die Eigenschaft „frisch“ mag vielleicht ja individuell unterschiedlich empfunden werden.
Galbanum, Muskatnuss, Zimt, Weihrauch, Kümmel, Harze, Geranium, Galbanum, Labdanum (Zistrose), Vetiver, Sandelholz und Patchouli sind die Ingredienzien des ersten Eau de Parfum aus dem Hause Rhizome hier im Duft-Tagebuch. Abgesehen von der kurzen Einleitung zu der Kreation erfahren wir sehr wenig von der Marke selbst, auch der Name lässt wenig Rückschlüsse zu. Die Inspiration sollen „die klaren Noten von Weihrauch und Patchouli, gemischt mit den orientalischen Elementen von Kreuzkümmel und Muskatnuss“ sein.
Sehr süß, harzig und würzig startet die 01 von Rhizome und lässt mich spontan an den perfekten Duft für Minusgrade denken. Likörige Nuancen nehme ich außerdem wahr, gefolgt von einer kühlen Weihrauchbrise, die wie ein Windhauch durch den Duftverlauf zieht. Im Schlepptau hat er die grünen Waldnoten von Galbanum und minziges Geranium, die 01 eine überraschende Wendung verleihen. Hier ist sie, die angekündigte Frische. Der Vetiver sorgt mit seiner zart-wurzeligen Kühle für dezente Feuchtigkeit, die hervorragend zu den erdig-süßen Nuancen von Patchouli und Sandelholz passt. Faszinierend, spannend und unglaublich elegant.
02 – Rhizome
Der Auftakt war schon mal toll. Ich bin gespannt, was die Nummer 02 so duftmäßig zu bieten hat. Rein optisch verrät die minimalistische Aufmachung nichts über den Inhalt. Man könnte die Flakons fast schon als skandinavisch reduziert bezeichnen. Mich erinnern sie an eine Mischung aus Byredo und DER DUFT, Euch auch? Die zurückhaltende und auf das Wesentliche beschränkte Optik gefällt mir jedenfalls außerordentlich gut, bin ich doch persönlich auch eher ein Freud von klaren Linien und Struktur.
Der Pressetext nennt 02 „ein holziges und kräftiges Eau de Parfum für Männer und Frauen“, das „die Noten von Zedernholz und Leder und die natürlichen Noten von Labdanum und Vanille“ als Inspirationsquelle haben soll. Zu den Duftnoten gehören diese vier auf alle Fälle, denn diese sind Zedernholz, Guajakholz, Vetiver, Patchouli, Papyrus, Benzoeharz, Leder, Labdanum (Zistrose) und Vanille.
Guajakholz, Vetiver und Patchouli geben sich im Auftakt von 02 aus dem Hause Rhizome ein unglaublich harmonisches, erdig-holziges und frisch-kühles Stelldichein, das mir wunderbar gefällt. Ein Hauch von Leder kommt hinzu, ebenfalls eher kühl und glatt, begleitet von den wurzelig-grünlichen Nuancen des Papyrus. Die Zistrose unterstreicht die Rauchigkeit des Guajakholzes, verleiht ihr eine tiefgründige und doch dezente Süße, in die sich die Vanille frohgemut und beherzt sinken lässt. Leicht, luftig und transparent, modern, zeitlos und ebenfalls herrlich elegant. Einfach top!
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