Myrrhe, Sauge, Styrax und Genievre von Headspace

Headspace steht für hochmoderne Duftkreationen. Sie besitzen die Klarheit von Moleküldüften, ohne selbst welche zu sein, und bestehen nahezu komplett aus natürlichen Inhaltsstoffen.

Nach Santal, Absinthe und Tubereuse von gestern, geht es heute mit den vier übrigen Düften von Headspace weiter. Je länger ich gestern weitergeschnuppert und über die Kreationen nachdachte, desto besser gefielen sie mir. Eine minimalistische Duft- und Designssprache, ein Team aus jungen Parfümeuren und eine gute Mischung aus Nischigkeit und Alltagstauglichkeit.

Myrrhe mit scharfen Kontrasten

Headspace-Myrrhe

Ich freue mich, dass hier der Myrrhe besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mein Eindruck ist, dass diese balsamische und würzig-warme Ingredienz in der Duftwelt unterrepräsentiert ist. Eine Auswahl an Myrrhedüften findet Ihr hier.

Der erste Eindruck begeistert mich. Julien Rasquinet hat hier die scharfen und würzigen Aspekte herausgearbeitet. Zimt und Weihrauch kommen zu Beginn am stärksten hervor mit einem überraschend mineralischen, seifigen, leicht aquatischen und frischen Unterton. Mir ist anhand der Duftnoten nicht ganz klar, woher dieser Akkord stammt. Und das ist nicht, womit ich bei einem Myrrheduft gerechnet habe. Die Myrrhe spielt hier also eine eher untergeordnete Rolle und geht in der Gesamtheit der Würze und Harzigkeit auf. Sie tritt erst nach einiger Zeit auf, wenn die Schärfe und das Mineralische langsam ausklingen und sich die typische Süße dieses Harzes breitmacht. Die Geduld wird also belohnt.

Die Duftnoten von Myrrhe

Zimt, Myrrhe, Patchouli, Weihrauch, Zedernholz, Ambroxan

Sauge – Salbei in grünem Chor

Headspace-Sauge

Caroline Dumur steckt hinter der Komposition von Sauge. Salbei ist als Hauptakteur eines Parfums noch seltener als Myrrhe. Als Duftnote gibt Headspace Weißen Salbei (Salvia apiana) an, der auch Indianischer Räuchersalbei genannt wird. Ob es dieser nun gerade als ätherisches Öl ist oder nicht, kann ich nicht sicher sagen.

Dieser Salbei ist jedenfalls frisch und krautig, grün und koniferig. Ein grünes Feuer ohne Rauch, durchaus eine moderne Fougère-Interpretation, worauf der Produkttext auch hinweist. Auch auf der Haut zeigt der Duft seinen Charakter, bleibt bei mir aber mit der Frische etwas zurückhaltender. Da ich grüne und krautige Düfte sehr gern mag, ist Sauge für mich ein Volltreffer. Er erinnert mich an Eutopies No. 9, wobei mein Dufttest auch schon fast acht Jahre her ist, nachzulesen in meinem Artikel „Eutopie No. 9 – Die Krönung des Salbeis“. Perfekt für alle Freunde aromatischer, grüner und krautiger Düfte.

Die Duftnoten von Sauge

Schwarzer Pfeffer, Kumin, Angelika (Engelwurz), Weißer Salbei, Geranium, Zypresse, Nagarmotha, Sandelholz, Weihrauch, Tonkabohne

Styrax – harzig und herzig

Headspace-Styrax

Mit Styrax ist natürlich das gleichnamige Harz gemeint. Mein treuer Begleiter Martinetz/Hartwig „Taschenbuch der Riechstoffe“ weiß auf S. 352 zu berichten: „Das hellgelbe Öl […] besitzt einen süßen balsamischen, leicht grasartigen Geruch mit einer an Styrol erinnernden Kopfnote.“ Styrol hat übrigens einen süßlichen Geruch.

Süß, fast fruchtig, geht es tatsächlich los – sowohl auf Haut als auch auf dem Duftstreifen – und ich hätte schwören können, dass auch ein Schuss Oud in die Komposition von Miroslav Petkov gegeben wurde. Wer weiß, vielleicht verschweigt er uns etwas. Jedenfalls lässt die Süße schon bald nach und es entfalten sich harzige, balsamische, aber auch trocken-holzige und krautige Noten, ein guter Teil dürfte von Labdanum stammen. Styrax ist ein Duft für Freunde balsamischer, animalischer, weicher und leicht süßlicher Düfte. Dennoch besitzt er genug Ecken und Kanten, um nicht zu lieblich zu werden.

Die Duftnoten von Styrax

Nagarmotha, Labdanum (Zistrose), Vetiver, Osmanthus, Patchouli, Safran, Ambra

Genievre – mehr als ein Prösterchen

Headspace-Genievre

Bei Genievre würde ich mich am Ende meiner Rezensionsreihe zu Headspace sehr über einen schönen Gin freuen, deutet der Name doch auf den Wacholder hin. Soll ich das Tonic Water schon kalt stellen?

Als würde man seine Nase in ein Glas Gin Tonic stecken, das ist meine erste Empfindung zu Genievre. Und keiner dieser neumodischen Gins, sondern ein ganz klassischer mit voller Dröhnung bitterer Wacholdernoten. Großartig! Auf der Haut ist er dann doch ein bisschen komplexer: Hier kommen trockene, holzige Noten hinzu. Ein Scheibe Zitrus von Mandarine, fruchtige Würze von rosa Pfeffer. Hinten raus ein bisschen ernster Weihrauch, der für Balance sorgt. Ein Duft, der richtig gute Laune macht.

Die Duftnoten von Genievre

Mandarine, Rosa Pfeffer, Wacholderbeeren, Zedernholz, Weihrauch

Headspace – das Resümee

Mir hat es großen Spaß gemacht, mich durch die Kollektion zu arbeiten. Als alter Schnapsdrossel gefallen mir Absinthe und Genievre am besten, aber auch Sauge hat mich beeindruckt. Jeder hat andere Vorlieben, deswegen mein Rat: Testet sie alle! Hinterlasst mir gern einen Kommentar mit Euren Eindrücken.

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

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