Ab ans Meer – Phtaloblue von Andy Tauer …

… scheint ein Novum zu sein, auf das ich sehr gespannt bin: Ein aquatischer Duft aus den Händen des Schweizers – Fans von Andys Kreationen, zu denen ich mich ebenfalls zähle, werden erst einmal etwas verdutzt schauen, hat er uns doch bisher vornehmlich eher mit (fl)orientalischen und/oder anders „schwereren“ Düften beehrt. Ausnahmen bestätigten schon immer die Regel, mein Lieblingsmaiglöckchen beispielsweise oder L’Air des Alpes Suisses, ein paar Ausreißer gab es seit jeher aus dem Hause Tauer, Phtaloblue, den wir uns heute ansehen, liest sich zumindest auf den ersten Blick so, als wäre er ebenfalls einer.

Blau in Reinform – Andy Tauers Phtaloblue

„Surrender to an eau de parfum encapsulating the nativeness and briskness of a day at the sea. Phtaloblue is fresh and bright with elegant citrus and herbaceous notes , and at the same time rich and deep with balsamic woody and floral accords. Phtaloblue will accompanying you through your day redefining the aquatic genre.“

Die Ingredienzen:
Kopfnote Bergamotte, Zitrone, Lavendel, Fenchel
Herznote: Geranium, Orangenblüte, Aquatische Noten
Basisnote: Gourmand-Noten, Ambra, Tonkabohne, Zedernholz

Blau, blau, blau geht es heute her, das betrifft ganz offenbar nicht nur den Namen des Duftes als auch den Flakon, den er sich in Farbe und Form mit seinen Duftgeschwistern aus Andys Kollektion teilt, nein – versprochen ist uns ein aquatischer Duft. Einer, der diese Gattung, das Genre neu definieren wird.

Woher kommt der Name, Phtaloblue? Sehr wahrscheinlich von Phthalocyanin, dem „Namensgeber der Phthalocyanine, einer Klasse makrocyclischer Verbindungen mit einer alternierenden Stickstoff-Kohlenstoff-Ringstruktur“, siehe Wiki. Wer chemisch ähnlich unbeleckt ist wie ich, dem kann geholfen werden: erstmals entdeckte man ein solches Nebenprodukt 1907 – es handelte sich um ein metallfreies Phthalocyanin.

Die Entdeckung derselben als Farbstoffe vollzog sich ebenfalls eher zufällig, und zwar 1928 in Grangemouth, Schottland: Die Scottish Dyes Limited (siehe hier ein  kleiner Abriss der Geschichte derselben), eine, wie der Name schon verrät, Fabrik für (synthetische) Farbstoffe, befand sich mitten in der Produktion: es sollte Phthalimid hergestellt werden, und zwar aus Phthalsäureanhydrid und Ammoniak. in großen emaillierten Eisenkesseln befanden sich die Zutaten, allerdings hatte einer der Kessel eine leichte Emaille-Abplatzung, und ziemlich genau an dieser Stelle fand sich später eine Substanz in schönstem Dunkelblau, die sich offensichtlich neu gebildet hatte. In Folge fand man heraus, dass das nicht der einzige Weg, die einzigen Zutaten sind, um Phthalocyanin herzustellen. Dessen kommerzielle Produktion wurde bereits in den Dreißigerjahren aufgenommen, Bayer zog 1936 nach mit einer Substanz namens Heliogenblau B, die später die bisher verwendeten anorganischen Pigmente Preußisch Blau und Ultramarin annähernd vom Markt verdrängte.

Ist Andy Tauer nicht … yep, genau, ich hatte es richtig in Erinnerung, unser Schweizer ist promovierter Chemiker, deshalb kennt er die Geschichte der Farbe, des Farbstoffs sicherlich ziemlich gut. Und gibt uns damit eine malerische Vorlage für seinen Neuling, für Phtaloblue.

Zurücklehnen sollen wir uns, uns ganz dem Duft, dem Blau, dem blauen Duft ergeben, dass, sow ide Beschreibung, die Ursprünglichkeit und Lebhaftigkeit des Meeres widerspiegelt, eines Tages an der See. Es regnet zwar hier bei mir seit Stunden ganz gewaltig, was Garten und Gießkanne freut, dennoch wäre mir mit mehr Wasser in Form von Meerwasser derzeit mehr gedient,und das nicht bloß heute …

https://www.pexels.com/photo/top-view-photo-of-ocean-waves-1054391/

So lasse ich mich umso lieber treiben von und mit dem Parfum, der in strahlendem Blau von meinem Handgelenk aufsteigt. Dynamisch ist er, und zwar nicht so, wie es normalerweise im Marketingsprech gemeint ist – das dynamische Eau de Toilette für den dynamischen Mann, sportlich und so weiter, worunter man für gewöhnich gerne ein artifziell-synthetisch duftendes Frisch-Geduscht-Wässerchen versteht. Andys Phtaloblue schillert, offenbart wie ein olfaktorisches Kaleidskop unterschiedlichste Varianten eines imaginären blauen Nass‘, die mitunter ins Petrolgrün tendieren. Gischt, eine Prise Sand, ein paar klitzekleine Steinchen sind auch mit von der Partie, genauso wie Anklänge von Pflanzen. Algen vielleicht, in jedem Fall aber auch Ufergewächse, und da es kräutert und bisweilen auch ordentlich krautig-würzend zugeht, entführt mich Phtaloblue in mediterrane Gefilde. Leise weht eine Ahnung von üppig duftenden, zart-süßen Blüten herüber, eher Sträucher, die sich verschwenderisch blühend der Sonne entgegenrecken, die auch unser Wasser gewärmt hat. Nichtdestotrotz ist es erfrischend, das Nass, dem allerdings gleichwohl eine wohltuende Wärme (ungleich Hitze innewohnt). Hölzern tönt es ebenfalls, ich sehe sowohl von der Sonne gebleichtes, fast schon weißes Treibholz, das im Wasser dunkelgrau glänzt, als auch knorzige Bäume an den Klippen am Strand, alt, erhaben, vielleicht Oliven?

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Phtaloblue ist ein tolles Duftgemälde, eine olfaktorische Meeresimpression, die sicherlich viele Freunde finden wird. Ob jeder Tauer-Fan sich dafür erwärmen kann? Ich weiß es nicht, aber auch die Liebhaber seiner Orientalen brauchen vermutlich einmal erfrischende Abwechslung, und wenn auch nur bei hitzig-schwitzigen 35 Grad.

Ansonsten dürfen sich diejenigen Phtaloblue einmal ansehen, die schon immer auf der Suche nach einem authentischen Meerduft sind und/oder Düfte wie beispielsweise Heeleys Sel Marin, Profumi del Fortes Tirrenico, Sigilis Ea, Montales Sandflowers, Gabriella Chieffos Acquasala, LINARIS Mare Pacifico, Acqua di Sale von Profumum Roma, Lorenzo Villoresi Mare Nostrum Aura Maris, IL PROFVMOs Aria di Mare schätzt.

In diesem Sinne – viele Grüße vom eingebildeten Strand und einen schönen Tag Euch, Ihr Lieben!

Herzlichst

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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