Von der Grünen Fee – Parfumerie Particulière Teil II

Heute geht es weiter mit den Düften der Franzosen von Parfumerie Particulière – und zwar mit BELLE EPOQUE.

PARFUMERIE PARTICULIERE from Eddel on Vimeo.

Die grüne Fee und ihre Anhänger – BELLE EPOQUE

„Absinthe is enjoyed at a precise time … just like a Rendez-Vous with woman, you must be on time at this meeting to avoid missing the last train of the night. First you take the glass, then the tiny spoon from which the sugar will drop into the mixture of water and ice, it is a precise ritual. It looks simple, but it is complicated … drop after drop the vanishing notes of anised wormwood and licorice. Then drunkenness takes over, reason disappears, art triumphs …“

Die Ingredienzen: Beifuß oder auch Artemisia vulgaris, Lakritze, Myrrhe, Feigenholz, Weihrauch.

Absinth, Absinth … jenes sagenumwobene, als Grüne Fee bezeichnete Getränk. Van Goghs Ohr sagt man nach, dass es eines seiner Opfer geworden ist – im Absinthrausch hatte er es sich wohl selbst abgeschnitten. Absinth war eines der Trendgetränke des ausgehenden 19. Jahrhunderts als auch der Jahrhundertwende, es gab eine sogenannte „grüne Stunde“, der man am frühen Abend fröhnte, um sich dem Absinth hinzugeben. Künstler und Literaten, Nachtschwärmer und viele mehr schätzten das Getränk – van Gogh, Toulouse-Lautrec, Manet, Gauguin, Pissarro, Baudelaire, um nur einige zu nennen.

„Es scheint, als sei die gesamte europäische Elite der Literatur und der bildenden Künste im Absinthrausch durch das ausgehende 19. und beginnende 20. Jahrhundert getorkelt.“ (Hannes Bertschi und Marcus Reckewitz: „Von Absinth bis Zabaione“, Seite 7, Fischer Berlin, 2002)

Porträt des Vincent van Gogh (1887) von Henri de Toulouse-Lautrec

Irgendwann hat man dem Ganzen dann einen Riegel vorgeschoben, und zwar nach einem Mehrfachmord, den ein Alkoholiker im Rausch an seiner Familie verübte. Frankreichs Regierung verbot den Absinth – und andere Länder folgten. Das Verbot, an dem sich in Europa nur Spanien, Portugal und Großbritannien nicht beteiligten, hielt lange an, je nach Land zwischen einem Dreiviertel- und einem ganzen Jahrhundert. Wie immer: Wenn etwas verboten ist, ist es erst recht spannend. Die rigorosen Verbote trugen selbstredend zu dem Mythos Absinth bei. Und die Geschichte mit dem Thujon, jenem Stöffchen, dem man die berauschende Wirkung zuschreibt und das in einigen Kräutlein des Absinths, vor allem aber dem Wermut vorhanden ist … nun ja. Man weiß mittlerweile, dass diverse historische Absinthsorten vermutlich so gut wie kein Thujon enthielten und spekuliert, ob die Rauschwirkung/en des Absinths nicht einfach auf das zurückzuführen ist, was am meisten beziehungsweise hochkonzentriert in eben diesem enthalten ist – der alte „Freund“ Alkohol … Hier kann man ein paar interessante Aspekte dazu lesen.

Die Erwähnung hinsichtlich des Thujons ist eine perfekte Überleitung auf BELLE EPOQUE: Der gibt nämlich vor, ein Absinth-Duft zu sein – oder zumindest hatte ich das erwartet. Trugschluss. Denn es geht mehr um die Stimmung, den Abend, die beginnende Nacht, um das große Ganze. BELLE EPOQUE ist tiefdunkel, eine Abenteurerin, die auszieht, um das Leben in vollen Zügen zu genießen, sich hineinwirft in die Stadt, deren Tosen und Taumeln, die nächtliche Stadt mit ihren unendlichen Möglichkeiten, die durch den Vorhang von ein, zwei, fünf Drinks noch vielversprechender wirken und verführerischer …

Weihrauch ist es, der Weihrauch, der einhüllt, beschützt, wärmt, majestätisch. Gleichermaßen kühl als auch warm oszilliert er, schillert wie eine vage Vorahnung … Ein Gläschen Absinth, der in waldigem Grün erstrahlt vor dem Schwarz der Nacht. Lakritze kitzelt meine Nase, herb und süß zugleich, von dem Wabern der würzigen Weihrauchschwaden getragen. Myrrhe haucht balsamische Süße ein, die vereinzelt aufblitzen wie die Ausschnitte der Stadt, die von den Straßenlaternen beleuchtet, ja gezeichnet werden. Schemenhaft, in Ausrissen wirken sie wie Abstraktionen, bilden immer neue Kombinationen, lassen scheinbar neue Kreationen entstehen. BELLE EPOQUE durchdringt das Zwielicht, ist irgendwo zwischen Dunkelheit und kurzen Augenblicken warmen Lichts angesiedelt. Er bewegt sich wie ein Chamäleon zwischen den Duftfamilien, ist Harzduft, Weihrauchduft, einmal distinguiert und distanziert und im nächsten Moment intim und nah, mit sachten Gourmandanklängen lockend, die, kaum aufgetaucht, schon wieder von der Finsternis verschluckt werden …

Verheißungsvoll, meine Lieben!

… und genau passend zum Wochenende 😉

Ein schönes ebensolches wünsche ich Euch – ganz viele liebe Grüße

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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