Auferstanden aus Ruinen – und weiter geht es mit Cire Trudon!

Nun ja, Ruinen waren es jetzt nicht wirklich, sieht man einmal von dem maroden Zustand meines Stuttgarter Altbaus ab, aber darnieder lag ich dieser Tage, und zwar mit meiner „Lieblings“krankheit Angina. Die Nase war unerwartet lange zu und vollständig blind, was mich einmal mehr fast wahnsinnig gemacht hat – keinen Geruchssinn zu haben und genauso wenig Geschmackssinn macht alles, nur keinen Spaß. Jetzt „tut“ wieder alles und es geht, mehr oder weniger, in fast alter Frische weiter, und zwar mit den (vorerst?) letzten beiden Schützlingen von Cire Trudon, Deux, II geschrieben, und Mortel.

Hat denn mittlerweile einmal jemand getestet? Ich bin ja hell begeistert, die Düfte sind allerdings auch speziell. Ähnlich kantig wie D.S. & Durga, aber weniger „roh“, Beaufort London könnte man noch nennen an dieser Stelle, darüber hinaus

Beginnen wir mit Deux, der zweite Duft aus den Phiolen von Lyn Harris:

„II is about new beginnings; the life of a forest that permeates through the seasons. It is sensually symbiotic, bringing elements together: a Cologne that inspires and points at a magical place.

After its full-filling green note at the start, Deux will reveal on your skin its accents of woods and amber.

II is the alliance par excellence, the unique link that ties two beings together. II transcends and calls to the pious, revealing its fragrance like an emerald impulse.“

Lyn Harris lässt uns zu ihrer Kreation Folgendes wissen:

Lyn Harris – geklaut bei Cire Trudon

„This perfume’s vibrant greenery is a forest painting: pines, juniper and cedar covered in moss and berries on a damp, earthy floor. II is a modern take on eau de Cologne; a green, peppery scent with orange bigarade from Brazil. It’s something for everyone that unites and brings two people together.“ – Lyn Harris.

… und die Duftnoten dürften auch nicht fehlen: Kopfnote: Blattgrün, Bitterorange; Herznote: Kiefer, Pfeffer, Wacholder; Basisnote: Zedernholz, Weihrauch, Ambroxan, Cashmeran.

II ist toll. Wirklich – toll. Ein wundervoller Duft, der Harris‘ Versprechen, eine moderne Cologne-Variante, vielmehr -Adaption zu sein, vollkommen gerecht wird. Es ist ein ruhiger, ein kontemplativer Duft, ausgeglichen und ausgleichend, das kann Lyn Harris ohnehin perfekt, wie ich bereits in meinem ersten Cire Trudon-Duftartikel schwärmte. Wenn Harris Bilder evoziert mit ihren Düften gleichen sie den Gemälden von Caspar David Friedrich in deren Ruhe, in deren endloser Weite und – Leere. Ein Mensch, maximal. Einer, der irgendwo in der Natur steht, sich fast schon in ihr verliert oder auch ein Teil von ihr ist, wird? Ihr wisst, was ich meine.

II ist grün, und zwar durchdringend grün in allen Facetten: Gräser, leise Anklänge von Moos, taubenetzte Tannennadeln und dunkelgrün-smaraggrün leuchtende Blätter von Bäumen und Sträuchern, feucht, erdig und wundervoll. Mächtig, majestätisch und absolut unverstellt, natürlich, authentisch. Als Duft dabei modern, gleichermaßen minimalistisch wie komplex. Die Luft ist frisch, es weht ein leichter Wind durch die Äste der Bäume, sachte Harznoten und Pfeffertupfer kontrastieren und zeichnen Brauntöne, die beruhigend wirken.

II ist unisex, natürlich. Er könnte auch … von Comme des Garçons sein. Er wird Freunde von grünen und holzigen Düften überaus erfreuen. Und wenn ich diesen Satz lese, weiß ich, dass er zwar stimmt, aber zu wenig ist – wer Wald liebt, sich in meiner Beschreibung oben wiederfindet, wer Grün in Düften schätzt, aber Authentizität haben möchte und nicht quietschige Synthetikgurke, wer einen frischen Duft schätzt, aber keinen aquatischen, maritimen oder zitrischen Duft tragen möchte, und wer dazu ein paar Pfefferkörnchen sexy findet … der sollte hier unbedingt testen.

Mortel, unser letzter Kandidat, ist von Yann Vasnier, an den ich hier bereits einmal einen halben, nein, eigentlich einen ganzen Liebesbrief geschrieben hatte – lest hier. Und Mortel scheint eine kleine Sexbomb zu sein, was mich gleich noch mehr mit den imaginären Hufen scharren lässt, weil Vasnier das eigentlich richtig gut kann:

„Skins heat up against one another, placing sensuality at the heart of Mortel; more, frankincense, myrrh and benzoin reveal the erotic spell of pure Cistus.

On your skin, Mortel will reveal its metallic tie between warmth and cold.

The artist, living between shadow and light, is a mortal creature. Halfway between the religious and the revolutionary, with an unquenched thirst for eternity, Mortel is a revolutionary drive that combines virile force and natural harmonies. A fatal attraction.“

Hier Monsieur Himself zum Duft:

Yann Vasnier – geklaut bei Cire Trudon

“A winter’s night. A heavy metal door opens on a huge room. A man appears in the distance; intense heat and light are pulsing from a forge. Light is reflected on the skin and gestures of this man, who is engaged in a rite: standing in front of the blaze, his eyes seek a form buried in the magma before he can recreate it in the open air. The furnace throws giant, moving shadows. In the midst of his activity, sleep finally overcomes the fiery eyes of the artist-craftsman.” – Yann Vasnier.

Die Duftnoten: Kopfnote: Schwarzer Pfeffer, Piment, Muskatnuss; Herznote: Weihrauch, Myrrhe, Virginia-Zedernholz; Basisnote: Labdanum (Zistrose), Myrrhe, Benzoeharz.

Eine Künstlerseele im knackig kalten Winter, Phantasie(n?), Riten und Feuer, dazu fallen mir aus dem Stand mindestens ein Dutzend mal mehr und mal weniger passende Filme ein … ein Bildchen zum Duft zu finden war dennoch schwer.

Und wie riecht er denn nun? Wuchtig. Weihrauchig. Knarzig-holzig. Und verändert sich, weil er beständig zwischen der Wärme des Feuers und der Kälte des Winters herspringt. Jetzt muss ich natürlich gleich wieder an Game of Thrones denken, die Serie, die ich bereits in einem anderen Cire Trudon-Artikel zitiert hatte … Jon Snow vielleicht, mmh? Während ich noch überlege, mischen sich Noten von Asche, von kühler Asche, verbranntem Holz ein, der darüber hinaus eine recht subtile Schärfe besitzt, zweifelsohne aus dem Zusammenspiel von Pfeffer, Piment und Muskat erwachsend. Und dennoch ist irgendwo darunter eine gewisse Wärme, eine harzige, mitunter fast schon balsamische, die allerdings selten die Oberhand gewinnt.

Harte Schale, weicher Kern – Mortel ist etwas für einen Charaktermann, einen kantigen. Oder auch eine Charakterfrau. Ihr wisst schon, was jetzt kommt – ich würde ihn natürlich auch tragen, ich mag allerdings diese Art Duft sehr gern. Wer beispielsweise an Naomi Goodsirs Bois d’Ascèse seine Freude hat oder, um sie nochmals zu bemühen, D.S. & Durga, der liegt mit Mortel ganz bestimmt auch nicht verkehrt!

Viele herzliche Grüße aus dem Duftwald und bis morgen

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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