Teresa Helbig: Mit der Bulldogge in Tangier …

… weilen wir zum Jahresabschluss heute – oder so ähnlich: Vorgestern hatte ich Euch bereits den ersten Duft der spanischen Modedesignerin Teresa Helbig vorgestellt, der ihren eigenen Namen trägt. Falls Ihr den Artikel gelesen habt, wisst Ihr, dass mir besagter Signature überaus gut gefallen hat, was mich selbstredend neugierig gemacht hat auf die anderen beiden Düfte der kleinen Kollektion, A Bulldog in the Atelier und Tangier Memories.

Beide Düfte wurden von Shyamala Maisondieu kreiert, deren Mann Antoine Maisondieu ebenfalls Parfumeur ist, und die wir bereits von Düften wie unter anderem Charogne für État Libre d’Orange, Palo Santo und Costarela für Carner Barcelona, Lavandes Trianon und Tubéreuses Castanes (testen, tolle Neuveröffentlichung aus 2016!) für Lancôme, Saltus und Succus für Les Liquides Imaginaires, Velvet Orchid für Tom Ford, Wanderlust für 2787 kennen.

Teresa Helbig in der spanischen Elle Gourmet – Foto: Patricia Gallego

A Bulldog in the Atelier – die Namensgebung dürfte klar sein, der Namenspate auch: Ich hatte es gestern schon erwähnt – Frau Helbig ist auf diversen Fotos mit ihrer kleinen französischen Bulldogge zu sehen, die wohl ihr stetiger Begleiter ist. Tierliebhaber punkten bei mir immer, ganz klar – Teresas Bulldogge, deren Namen ich mal noch eruieren muss, ist ein „stummer Zeitzeuge“, wie in der Beschreibung des Duftes zu lesen ist. Immer dabei im Atelier, mittendrin im turbulenten Geschehen, wenn das Team um Helbig schneidert und bestickt, absteckt und kreiert, wachsam beobachtend. Sehr sympathisch!

Der Duft riecht natürlich nicht nach Hund, erst recht nicht nach nassem, das lässt ein erster Blick auf die Ingredienzen schon erahnen: Kopfnote: Kamille, Koriandersamen, Pfeffer: Herznote: Geranium, Muskatnuss, Vetiver; Basisnote: Vanille, Sandelholz, Patchouli, Moschus.

… aber: Der Duft dürfte ähnlich tiefenentspannt sein wie der tierische Freund: A Bulldog in the Atelier ist ein Unisexduft, das ist schon einmal klar. Und erinnert mich auf den ersten Schnupperer an „meine“ Riege, die gerne zitierte, der kontemplativen Düfte – der Costes Signature gehört dazu, dann natürlich Düfte wie beispielsweise Montales Greyland, ein eher kühlerer Vertreter, Miller et Bertaux als ganze Linie haben einige solch ausgleichender, weil überaus harmonischer Kandidaten im Repertoire und auch bei Miller Harris findet fand sich En Sens de Bois, leider discontinued, wie ich soeben durch ausgedehntes Googlen in Erfahrung bringen musste. [Überhaupt, was ist eigentlich mit Miller Harris los? Man bekommt sie kaum mehr, zum Teil sind sie gnadenlos billig – das stimmt mich traurig.] Unsere Bulldogge hier hat aber nicht nur holzig-warme Töne meditativer Natur, sondern ist auch ziemlich grün, auf eine überaus authentische Art … aber fangen wir vorne an: Frisch auf der Haut nehme ich tatsächlich Kamille wahr, die sich allerdings alsbald versteckt und nur noch hin und wieder hervorschaut, schüchtern – und zwar hinter Blattwerk und Hölzern. Das Grün gestaltet sich leuchtend, zum Teil auch dunkelgrün changierend – herb, mit hin und wieder bitteren Anklängen, darüber hinaus allerdings auch frisch mit einem minzigen Touch, der dem Geranium geschuldet ist. Muskat nehme ich hier sehr deutlich wahr, und zwar nicht pfeffrig oder scharf, sondern in seiner charakteristischen, „dumpf“ anmutenden Würzigkeit, die von salzig-grasigem Vetiver begleitet wird. Sandel unterstreicht die Würze, stiftet zudem aber Wärme, die von Patchouli vertieft wird, samtig, pudrig und raumgreifend. Moschus tut das, was er am besten kann – weich und harmonisch abrunden.

Dieser Künstlerhund im Atelier ist ein Connaisseur, ein in sich ruhender, weltgewandter. Einer, der Understatement liebt und dennoch Präsenz hat, auf eine zurückhaltende Weise. Und einer, der trotz seines gefestigten Charakters zu allem passt.

Tangier Memories ist der zweite und somit (vorerst?) letzte Duft von Teresa Helbig. Reiseerinnerungen sind es wohl, vielleicht auch die Erinnerungen an besondere Begegnungen in dieser marokkanischen Stadt – Helbig klammert nähere Erläuertungen wohltuend aus (wie ich sie mittlerweile hasse, diese 0815-Blabla-Geschichten zu Düften oder Kollektionen, die von Reisen und Eindrücken erzählen …). Und es ist einmal eben auch nicht Marakkesch, wo es sonst immer jeden hinzieht, sondern das etwas kleinere Tangier, das aber immer noch über knapp 800.000 Einwohner verfügt. Auch das muss jedoch ein Anziehungspunkt für Künstler, Intellektuelle und Schriftsteller sein, von seinem „rebellischen Geist“, seiner „exotischen Freiheit“ und dem wunderbaren Licht ist die Rede, natürlich auch davon, dass dort die Zeit bisweilen stillsteht – so, wie es in vielen geschichtsträchtigen Städten der Fall ist. Umgesetzt hat Maisondieu diesen Duft mit folgenden Zutaten: Kopfnote: Bergamotte, Schwarzer Pfeffer, Rosa Pfeffer; Herznote: Moosbeere, Himbeere, Rose, Fruchtige Noten, Benzoeharz; Basisnote: Leder, Tonkabohne, Moschus.

Mein zweiter Liebling nach Teresa, das kann ich Euch gleich verraten: Schillernd und leuchtend wie ein Kaleidoskop zitiert Tangier Memories rote Beerenfrüchte, saftig und reif, durch Bergamotte spritzig-frisch und verhalten herb konturiert und von üppige, kleinblütige Rosen umrankt, die sich farblich von Hellrosa über Pink bis hin zu Rot in allen Facetten zeigen. Charakteristischer Rosa Pfeffer akzentuiert und die Basis betört mit butterweichem, samtigem Wildleder, von watteweichem Moschus getragen und vanillegeküsst durch Tonka, sanft-würzig und warm.

Modern und minimalstisch, aber gleichermaßen opulent – und dennoch leicht (zu tragen). Ein sehr schönes Lederchen, das einen Tick mehr ins Feminine zielt, aber sicherlich auch für manch einen Mann tragbar sein dürfte. Wer L’Artisan Parfumeurs Dzing! mag, wird an Tangier Memories ebenfalls seine Freude haben: Ein sinnlicher Wildlederduft mit deliziösen Beerennoten und einer fruchtig-leichten Rose, der aufgrund seiner Interpretation ganztätig im Einsatz sein kann. Will sagen: Tangier Memories ist nicht nur für den großen Auftritt im Kleidchen geeignet, macht sich dabei sicherlich aber auch fein!

Jetzt wünsche ich Euch einen guten Rutsch – bleibt uns gewogen, wir lesen uns im neuen Jahr wieder!

Alles Liebe und viele Grüße,

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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