Frischer Wind im Orient – Neues von Montale und Acqua di Parma

Um nicht völlig den Anschluss an die vielen Neuerscheinungen der letzten Zeit zu verlieren, stelle ich Euch heute gleich drei Kreationen vor, die allesamt im weiteren Sinne das Thema Orient gemeinsam haben. Da hätten wir zum einen den neuen „Colonia Ambra“ von Acqua di Parma, zum anderen ein Duo aus dem Hause Montale mit Namen „Aoud Sense“ und „Honey Aoud“. „Mensch Biró, wat kommste jetz im Sommer mitte Orientalen umme Ecke?“, mag sich der eine oder andere denken. Einmal abgesehen davon, dass ich weder fürs Erscheinungsdatum noch für die aktuellem Temperaturen etwas kann – lasst Euch überraschen. 🙂

Colonia Ambra

600x600 aus liebe zum duftNach „Colonia Oud“ (hier von Uli verehrt) und „Colonia Leather“ (hier von mir abgefeiert) ist das Prinzip klar. Die Herrschaften bei Acqua di Parma krallen sich eine klassische Duftingredienz und „colonialisieren“ diese, und ganz genau das ist bei Colonia Ambra auch geschehen. Bei den Texten vieler Ambradüfte werden mehr oder weniger verklausuliert Anspielung zum Thema Verdauungstätigkeiten des Wals fällig. Warum eigentlich? Oftmals ist lediglich eine orientalische Duftmischung gemeint oder aber der synthetische Nachbau der Ambra (an anderer Stelle haben wir ausreichend darüber berichtet). Oftmals wird sie als Basisnote opulenter, schwerer, orientalischer Düfte eingesetzt und sorgt für einen balsamischen, warmen, golden schimmernden, aber bisweilen auch trockenen und holzigen Ton. Ihr sinnlicher Charakter ist schwer zu beschreiben oder zu greifen, was zweifelsohne ihre Faszination ausmacht.

Die Duftkomposition
Kopfnote: Orange, Bergamotte, Bitterorange
Herznote: Rose, Nagarmotha, Virginia-Zedernholz, Patchouli
Basisnote: Ambra, Sandelholz, Labdanum (Zistrose), Vanille, Moschus

Und wie erwartet, trifft man auf einen alten Bekannten, der sich dann aber doch in eine ganz neue Richtung entwickelt: Erst sind da die zitrischen Colonia-Noten im Auftakt – natürlich ein Muss, die floralen Noten im Herzen, die mit einem cremig anmutenden Unterton daherkommen, und die warme und balsamische Basis, die geheimnisvoll leuchtet. All dies wurde fein ausbalanciert – Frische und Ambrawärme zeigen sich ebenbürtig. „Colonia Ambra“ ist für mich eine klare Unisexkreation, die auch wirklich in der Sommerzeit ohne Bedenken getragen werden kann. Ich mag die Düfte von Acqua di Parma einfach, sie sind unbeschwert, leicht und unangestrengt, aber doch kunstvoll komponiert.

Aoud Sense

aoud-senseHat irgendjemand von Euch Lesern noch einen Überblick über die Montaleschen Düfte? In unserem Shop zählen wir in diesem Augenblick 85 von ihnen. Zwei davon sind neu und kamen wie immer mit etwas wortkargen Beschreibungen bei uns an. Aoud Sense ist sicherlich keine Hommage an das Werkzeug des Argen Schnitters, sondern richtet sich höchstwahrscheinlich an das Gefühl und die Sinne.

Wie sein heutiger Vorgänger beginnt auch „Aoud Sense“ mit einem zitrischen Beginn, der im direkten Vergleich aber weitaus fruchtiger und süßer erscheint. Die gewürzigen Noten bekomme ich auch nur auf dem Teststreifen heraus. Prominent ist im Herzen die Rose, die einen ganz dezenten, vielleicht sogar etwas animalischen Umhang trägt – die vorsichtige Einmischung des Oud? Nach einer Weile ebben die süß-fruchtigen Noten etwas ab und es macht sich zunehmend trockene Noten breit, ich denke, eine Gemeinschaftsarbeit von Oud – mit seinen holzigen Noten – und Vetiver mit seinem wurzelig-erdigen Gepräge, das allerdings hier sparsamst zum Einsatz kam. Eine überraschend feminine, florale Komposition, in der die potenziellen Krawallmacher Oud und Vetiver extremst handzahm bleiben.

Die Duftkomposition
Kopfnote: Mandarine, Orange, Gewürznelke, Schwarzer Pfeffer
Herznote: Bulgarische Rose, Adlerholz (Oud)
Basisnote: Vetiver

Honey Aoud

honey-oud

Auf „Honey Aoud“ war ich besonders gespannt, gute Honignoten sind leider rar gesät. Zwei schöne Düfte mit Honig zum Beispiel sind zum einen der legendäre Bienenwachs-„Sartorial“ von Penhaligon’s, zum anderen „Oajan“ von Parfums de Marly. „Honey Aoud“ von Montale würde ich einmal frei von der Leber weg als ganz wilde Mischung bezeichnen. Tatsächlich ist schon zu Beginn süßer Honig wahrnehmbar, doch sofort kommt ein kräftiger Patchouli dazu, beide scheinen miteinander zu ringen, florale Noten und Zimt werfen ihre Kraft in die Waagschale um diesen Kampf zu entscheiden: Will der Duft süß und lieblich sein? Will er dunkel, erdig und ledrig sein? Auch die folgenden Noten von Oud, Ambra, Leder und Vanille führen zu keiner Harmonisierung dieses Widerspruchs. Hier liegen permanent Gourmandnoten vor allem mit Patchouli-Leder im Clinch.

Erst auf der Haut fügt sich der Duft zusammen, hier kommt der scharfe Zimt besser zum Tragen, der Honig ist weitaus weniger süß und eher herb, nach einer Weile kommt Vanille dazu, sodass sich die Komposition in eine karamellige Richtung entwickelt. Trotzdem bleibt die Kreation schwierig, man muss sich hineinriechen, muss sich Zeit nehmen. Die unterm Strich gewürzig-gourmandig-orientalische Schöpfung sollte man vielleicht noch bis zum Herbst liegen lassen.

Duftkomposition
Herznote: Honig, Patchouli, Florale Noten, Zimt
Basisnote: Adlerholz (Oud), Ambra, Leder, Vanille

Ich denke, hier ist für jeden etwas dabei. Wirklich frischen Wind bringt „Colonia Ambra“ ins Land, auch „Aoud Sense“ zeigt eine florale und seht leicht ausgefallene Oudvariante, einzig „Honey Aoud“ mag jahreszeitlich schon etwas vorausgreifen.

Honigsüße Grüße
von Harmen

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Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

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