Esxence Mailand 2013 – Die Fünfte.

Zwei Blogtage füllt die Mailänder Messe noch mit all ihren Preziosen – beginnen wir heute mit Micallef: Der letzte Streich aus dem Hause war Royal Vintage, den man auch auf der Esxence noch als Neuheit bewundern durfte. Darüber hinaus stehen aber noch weitere Veröffentlichungen aus, die da heißen Denis Durand for M. Micallef sowie Collection Rouge No. 1 und No. 2. Denis Durand ist ein Fashion-Designer und hat mit Martine Micallef einen Signature-Duft entwickelt, dessen ausgefallene Optik schon atemberaubend ist: Ganz in Spitze gehüllt präsentiert sich der Duft – und überzeugt mit ähnlich femininem Inhalt: Mandarinen und Orangenblüten, Zimt, Honig, bulgarische Rose, animalische Noten, Patchouli, Ambra, Sandelholz und weißer Moschus. Bei Zimt horche ich ja immer auf – geht es Euch auch so? Die rote Kollektion ist unser Sommerpräsent von Martine, die jedes Jahr im Sommer ein paar auf diese Zeit limitierte Düfte auf den Markt bringt. Letztes Jahr war es ihre Collection Vanille, nun sind es die in lodernd-leidenschaftlichem Rot sich präsentierenden Düfte, zu denen ich Euch an späterer Stelle mehr verraten werde.

Denis Durand for M.Micallef

Die Gelegenheit, Nobile 1942 oder vielmehr: die Familie dahinter kennenzulernen, hatte ich schon mal kurz bei einer Messe in Düsseldorf. In Mailand dieses Jahr allerdings hatten wir das Vergnügen, mit dem Ehepaar Stefania Giannino und Massimo Nobile einen Abend zu verbringen. Überaus sympathisch und unterhaltsam, die beiden, die das von Massimos Großvater gegründete Familienunternehmen (weiter)führen. Zwei neue Düfte hat mir Stefania vorgeführt, Café Chantant und Infinito.

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Café Chantant orientiert sich an den gleichnamigen französischen Etablissements der Belle Époque: Das „Singing Café“ beinhaltete Elemente eines Kabaretts, einer Konzertveranstaltung, eines Vaudevilles und hatte meist auch einen Open-Air-Bereich, wenn es sich schon nicht ganz im Freien abspielte. Die Stimmung war – ausgelassen, was sonst?

„A cheerful buzz, burns of laughter, ladies in stunning evening gowns whose chypre perfumes are blended with gentlemen’s tobacco, ready to enjoy the show from their table in the front row. No matter what is their social status. The enjoyment of the pleasure, a genuine joie de vivre [Lebensfreude] towards the end of the nineteenth century, following a wave of optimism, regenerating the great European capitals. First the season of the Parisian Café Chantant then the shows influenced the Italian artists. Writers and artists of great fame became hunters of the most popular Italian Café Chantant. Even ladies regularly attending the Cafes had fun by imitating the gestures and clothing of those women who drove their men so crazy … the Sciantose. A full-Italian folk, in which flavor delivers pleasure to everyone“

Eigentlich ist das ein, spätestens jetzt nicht mehr ganz so heimlicher Traum von mir: Wenn man mich fragt, in welcher Zeit ich am liebsten gelebt hätte, fallen mir immer zwei Zeitabschnitte ein: Die frühen oder auch mittleren Jahre der deutschen Romantik – hier wäre ich natürlich gerne einer jener Salondamen gewesen, bei der die ganzen Literaten ein- und ausgegangen wären (und bitte, bitte: Ich hätte gerne auch ein paar Fans gehabt, ein paar feingeistige ;)). Der zweite Zeitabschnitt ist natürlich die Belle Époque – und auch hier hätte ich gerne die Rolle einer mondänen Salon-Intellektuellen übernommen, die mit Künstlern und Autoren um die Häuser zieht… Jaja, ich weiß… 😉 Kommen wir wieder zurück zu Café Chantant: Dieser überzeugt mit genau jenen Facetten, die ich einem solchen Duft andichten würde – Gourmandnoten und pudrige, an Make-Up erinnernde Anklänge. Dazu kommen ein paar (verbotene?) Früchtchen: Schwarzkirschen, Anis, Lorbeer, Heliotrop, Iris, Benzoeharz, Patchouli, Vanille und Moschus.

Infinito zielt in eine andere Richtung:

„To mitigate the cold winter, the Artistic Perfumery Nobile1942 blows a nightly caress that smells green and glows with small accents of ginger over an intense heart of cypress Tuscany. There’s a magical atmosphere: nocturnal but solar at the same time: full of harmony and beauty, full of Shakespearean poetry. Reaching towards the sky, the Tuscany cypress is preceded by bergamot, an opening feature in many fragrances of Nobile 1942; indulging with incense, and wrapping itself in cedar wood and oak moss, it lets the geranium overtake to lead the trail of sandalwood, patchouli, white musk and vetiver.“

Die Unendlichkeit, die man gerne mal… erahnt, erfühlt, wenn man sich in Naturbetrachtungen verliert. Da fällt mir gleich mal Caspar David Friedrich ein und Eichendorffs Mondnacht… „Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst“… Solch ein kontemplatives Zeugnis von Intimität ist auch Infinito, dessen Duftnoten vielversprechend klingen: Zypresse, Bergamotte, Weihrauch, Geranium, Zedernholz, Sandelholz, Vetiver, Patchouli, weißer Moschus, Eichenholz.

Naomi Goodsir war ebenfalls auf der Messe vertreten – zwar mit keinem neuen Duft, aber mit einem wirklich schönen Stand. Und selbstredend mit ihrer eigenen Präsenz – ein sehr extravagantes Persönchen und zudem überaus nett: Ich habe mich ein  wenig mit Ihr unterhalten, eine tolle Frau!

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Bruno Acampora hatten wir mal im Sortiment – und haben die schönen Düfte Gott sei Dank jetzt auch wieder 🙂 Bei nächster Gelegenheit muss ich mir dazu mal einige repräsentative Kandidaten aus der Kollektion auswählen, um Euch einen Einblick in die Marke zu geben, denn von Bruno Acampora haben wir noch gar nichts hier im Blog – ein Zustand, der veränderungsbedürftig ist. Besonders angetan haben es mir die beiden Düfte, die für Collection Privée gemacht wurden, ein Label, das ich sehr schätze. Bianco und Nero heißen sie, sind gewollt markanten Charakters und sollen jeweils Gegensätzliches darstellen und somit die spannende Ambivalenz der Firma. Bianco ist ein Chypre, basierend auf Zitrone, Orange, Bergamotte, Koriander, Ylang-Ylang, Himbeere, Rose, Pfeffer, Gewürznelke, Jasmin, Maiglöckchen, Sandelholz, Vanille, Tonkabohne, Patchouli und Moschus. Nero scheint ein holziger Orientale zu sein und offeriert folgende Zutaten: Zitrusfrüchte, Safran, Zedern- und Sandelholz, Patchouli, Ambra und Moschus.

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Morgen folgt der letzte Messetag – bis dahin wünsche ich Euch einen guten Start in die Woche und grüße Euch herzlich,

Eure Ulrike.

 

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Waltraud Seemann
    8. April 2013
    Antworten

    Liebe Ulrike, Deinen Wunsch eine bewunderte und angebetete Salondame zu sein, gebildet und geistreiche Gespräche führend mit charmanten Männern, im Romantikerhaus in Jena und auch anderes wo beispielsweise, teile ich.
    Nun habe ich darüber nachgedacht, warum es so etwas nicht mehr gibt. Oder besser, warum solche Frauen, die so etwas machen keine solche Wertschätzung und Bewunderung erfahren wie damals.
    Das ist wohl so, dass damals solche Frauen Ausnahmeerscheinungen waren. Heute sind wir doch sehr viele Frauen, wie Du, genauso! Wir haben Zugang zu Bildung, wir können reden, wissen viel, können viel, sind gewandt, beredt, witzig, charmant. Deswegen bewundert uns niemand mehr. Einen Salon mit Literaturabenden, Musik, geistreichen Gesprächen wie sie als ferner Sensuchtsmythos von einer geistreichen, womögliche schönen Frau geführt wurden gibts fast nur noch von alten Ladies, sowas haben wir hier sogar.
    Aber es hat nicht dieses Ambiente. Es ist f…..trocken und bedrückend. Obwohl die alte Lady sehr gebildet, belesen ist, Dozentin für Germanistik war. Sie bereitet die Abende sehr sorgfältig wie Seminare vor. Aber da ist sie dann, fast blind, alt und faltig, Figur aus dem Leim. Ein wenig altersstarr und sehr auf ihrem Status der dominierenden Wissensinstanz thronend. Der liegt kein Mann zu Füßen, auch nicht die älteren. Und Frauen, nunja, da ist sie dann wählerisch. Solche wie ich nur mit einem FH-Diplom, das geht gar nicht. Es muss eine mit einem Dr.Titel sein. Das sind dann auch nur wieder ältere…
    Aber will ich da mittun? Nein, ich kriege Frieseln und den totalen Depri, wenn ich an deren total vollgestopfen „Salon“ denke, diesen Altfrauengeruch und dann die tüchtig dem Wein zusprechenden Herr- und Frauschaften. Egal welche Titel, sie verstehen oft gar nicht, sagen sie, was die Salonmuse da referiert.
    Wir Frauen in den besten Jahren müssen doch arbeiten. Ulrike, wann und wo hättest Du Zeit dazu?
    Dann also genieße unsere Bewunderung und das Interesse, dass Du hier eher virtuell hast. Gewiß sind nicht nur Frauen Deine Leser.
    Liebe Grüße, Deine Leserin, Waltraud

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