Fleur de Louis…

… die Blume des Ludwig – gemeint ist natürlich der Vierzehnte, und dieser, auch Sonnenkönig genannt, wird sich kaum mit einem einzelnen kümmerlichen Blümchen begnügt haben, das ahnt man bereits. Wovon spreche ich? Ich bin gleich mitten ins Geschehen gesprungen, und zwar in die Einleitung zu Fleur de Louis, dem dritten Duft des Labels Arquiste, den ich Euch heute vorstellen mag, sowie zu Infanta en Flor, Duft Nummer Vier.

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Im Juni des Jahres 1660 bahnte sich auf der sogenannten Fasaneninsel, im spanisch-französischen Grenzfluss Bidasoa gelegen, Geschichtsträchtiges an, das uns heute und morgen beschäftigen wird: Die Hochzeit von König Ludwig dem XIV. mit Maria Theresia von Österreich. Eingefädelt wurde diese von den, sagen wir mal – Strippenziehern aus Frankreich und dem habsburgischen Spanien, und zwar nicht ohne Hintergedanken: Seit 1635 tobte ein Krieg zwischen den Ländern und man war dem langsam müde, angegriffen, ausgezehrt. Seit 1656 keimte deshalb, vor allem bei den Franzosen, die Idee dieser Zweckheirat – anders kann man es ja nicht nennen –, wobei der spanische König mangels eines anderen Thronerben und einer bisher noch aussichtsreichen Stellung davon absah. Einige Jahre später hatte sich das Blatt gewendet, die Franzosen hatten im Krieg die Übermacht und Philipp der IV. ließ sich schlussendlich doch überzeugen – auch, weil mittlerweile ein männlicher Nachkomme da war, sein Königreich also nicht nach seinem Tod im Falle einer Heirat Maria Theresias an den Feind fallen würde. Man ahnt es schon – die Hochzeit hatte sich keines der Königskinder herausgesucht, ganz im Gegenteil: Der junge Ludwig war zur damaligen Zeit unsterblich in eine Nichte desjenigen Kardinals (Jules Mazarin) verliebt, der einer der Hauptverantwortlichen hinter dem Plan der befriedenden Zweckehe war. Und Maria Theresia, Maria Theresia hat es auch nicht gut getroffen…

Die Geschichte der beiden ist natürlich ganz großes Kino – leider aber eine Tragödie, vermutlich sogar eine zumindest von einer Seite her sehr leidenschaftliche. Maria Theresia war ein armer Tropf: Sie verlor ihre Mutter bereits als sechsjähriges Kind und bekam fünf Jahre später eine nur vier (!) Jahre ältere Stiefmutter. Sie wuchs als isoliertes Kind auf, geprägt von einer streng religiösen und gegenreformatorischen Erziehung, die wenig Bildung beinhaltete – obgleich das sich damals für ihren Stand eigentlich geziemte und darüber hinaus der Plan ihrer Verheiratung schon recht früh im Raume stand. Maria Theresia konnte deshalb zum Zeitpunkt ihrer Heirat kaum Französisch und hat es bis zu ihrem Tode nicht wirklich fließend gelernt, was später auch nicht unbedingt dazu beitrug, dass sie sich gut am Hofe ihres Gemahlen integrieren konnte.

Traite-Pyrenees

Der Hochzeit der beiden ging der Pyrenäer Frieden voraus, der einige Monate vorher auf der Fasaneninsel geschlossen wurde: Ein bisschen Land wurde hin- und hergeschubst und wechselte den Eigentümer, darüber hinaus war die Vermählung des Paares sowie eine reiche Mitgift Maria Theresias als Ausgleich für den Thronverzicht Bestandteil der Verträge, die den Französisch-Spanischen-Krieg nach 24 Jahren beenden sollten.

Marriage of Louis XIV with Marie-Therese of Austria

Ludwig musste man zur Hochzeit zwingen – er war zu der Zeit heillos in besagte Maria Mancini verliebt und deshalb keineswegs gewillt, freiwillig die Ehe mit einer anderen einzugehen. Die Heirat wurde so vollzogen, wie wir Frauen uns das, wenn wir von einer ebensolchen träumen, wünschen würden: Zuerst eine formale Hochzeit in Abwesenheit des Bräutigams mit Stellvertreter (oh ja!) und hernach, drei Tage später, wurde die spanische weibliche Beute übergeben – von ihren Eltern, auf der Fasaneninsel, an ihren zukünftigen Gatten oder besser – Herren. Für immer Abschied von den Eltern – Besuche in der Heimat waren nicht üblich, um die Identifikation mit der neuen Heimat, dem neuen Reich nicht zu stören… Was muss das einsam gewesen sein für die junge zurückhaltende Frau. Maria Theresia traute sich wohl zuerst auch nicht, die Hochzeitsnacht zusammen mit ihrem Gatten zu verbringen, ließ sich dann aber überzeugen – und machte wohl die Tage danach einen wohlgestimmten Eindruck, was leider nicht immer so bleiben sollte…

Aber kommen wir nochmals auf die Hochzeit zurück: Maria Theresias Mutter war, jetzt wird es kompliziert, natürlich auch mit Ludwigs Vater verwandt – sie war seine Schwester, das heißt Maria Theresia und Ludwig der XIV. waren Cousins. Mutter und Tochter reisten schon einen Tag nach der Ferntrauung Philipp den IV. besuchen, so konnte dessen Sohnemann bereits vorab einen Blick auf seine Zukünftige werfen, was sich ja eigentlich nicht geziemt…

Von diesem Moment ist die Rede bei Arquiste genauso wie von dem Treffen, der eigentlichen Vermählung auf der Fasaneninsel: Man trifft sich in einem reich ausgestatteten Pavillon, der aus frisch geschlagener Pinie und Zedernholz gebaut wurde. Auf der französischen Seite taucht der junge Ludwig XIV. in einer goldenen Aura aus Iris, Rose und Jasmin auf, ganz begierig, einen Blick auf seine Braut, die Infanta Maria Theresia zu erhaschen. Einen zweiten, wenn man es ganz genau nimmt… Arquiste haben recherchiert und erzählen uns einiges über die duftenden Vorlieben am französischen Hofe: Ludwigs persönlicher Duft „Acqua Angeli“ oder „L’Eau d’Ange“ bestand angeblich aus einer Mischung aus Muskatnuss, Nelke und in Rosenwasser gekochten Harzen. Darüber hinaus wurden seinen Hemden Jasmin, Orangenblüten und einige Körner Moschus hinzugegeben, um sie schlussendlich dann mit weiteren Parfumessenenzen zu beträufeln. Ludwig XIV. wurde deswegen wohl der am süßesten riechende Monarch genannt und der französische Hof erfreute sich, genauso wie er, an blumigen Pudern, Pomaden und Düften. Dass es üppig um nicht zu sagen dekadent zuging am Hofe des Sonnenkönigs ist ja bekannt. Besonders beliebt war in olfaktorischer Hinsicht eine Pommade de Florence genannte Komposition, die aus florentinischer Iris hergestellt wurde und sowohl bei der Damenwelt als auch beim König sehr gut ankam. Darüber hinaus schätzte man wohl die Oiselets de Chypre sehr, kleine Aufhänger in Vogelform, die aus einer Parfumpaste gemacht wurden und die Räume zierten.

Mit Fleur de Louis hat man wohl nicht nur den Duft von Ludwig einzufangen versucht, sondern auch das ganze Ambiente drumherum, besteht der Duft doch aus Orangenblüten, Iris, Jasmin und Zedernholz, wie Arquiste angeben. Ich habe ohnehin schon Probleme, mir derlei Duft oder auch Düfte, wie oben beschrieben, an einem stattlichen Mann wie Ludwig dem 14. vorzustellen. Ok, er ging mit der Mode, war wohl auch Trendsetter, Charmeur, intelligent, redegewandt, charismatisch und durchaus ein überaus angenehmer Zeitgenosse (wenn auch wegen seinem Hang zur Polygamie vielleicht kein Vorzeigegatte, was wir morgen noch etwas näher beleuchten werden) – das allerdings kann ich mir trotzdem nicht so blumig vorstellen. Allerdings – was soll es, damals war es Sitte, vielleicht kommt es ja mal wieder in Mode?

Louis le Grand; Harnas

In jedem Falle würde ich Fleur de Louis als eher femininen Duft einstufen, wobei er kein übertriebener Vertreter seiner Gattung ist, ganz im Gegenteil. Ein schöner, feiner, eleganter Blütenduft ohne pudrige Wärme oder dichte Süße. Ich mag ihn auf den ersten Riecher sehr gerne, wie alle Düfte bisher von Arquiste: Dezente Orangenblüten mit klitzekleinen, sehr zarten Fruchtanleihen. Eine kühle, verhalten erdige Iris, schimmernd und mit leisen metallischen Akzenten, die dem Duft sehr gut zu Gesicht stehen. Ein schönes, schüchternes Röschen, Blattgrün im Hintergrund, das sehr an dieses subtile, seltsam dämpfig-frische Grün in Blumenläden oder Gewächshäusern erinnert. Zeder, die in der Basis für sanft-seifige Sauberkeit sorgt. Und, zwischendurch und immer wieder – Heu. Ich habe keine Ahnung, aus welcher Ecke es kommt, ich rieche es aber deutlich – Kräuterheu, trockenes, aromatisches, ein Hauch davon umgibt mich ständig.

Was für ein toller Duft: Ein Understatement-Bouquet, das ich mir, je länger der Duft auf meiner Haut währt, nun doch auch bei einem Mann, wenn auch nicht bei jedem vorstellen kann. Ich bin sehr gespannt auf das Pendant dazu, Maria Theresias Infanta en Flor, der uns morgen zum Wochenabschluss erwartet.

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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