Wasserkreise…

… beschreiben Cerchi Nell’Acqua, oder besser die Macher von Sigilli, die hinter der neuen italienischen Linie stehen. Die Rundheit der Wasserkreise, ihre Harmonie und Ganzheit haben sie zu diesem Namen inspiriert. Und natürlich steckt noch mehr dahinter: Die Düfte haben scheinbar, wie einige wenige weitere Kreationen im Nischenduftbereich (siehe zum Beispiel Humiecki & Graef), keinen pyramidalen Aufbau, sondern verströmen „duftende Energie mit der Regelmäßigkeit von Kreisen im Wasser.“

Mmmmh, sollte ich mal wieder einen örtlichen Teich frequentieren und das mit den Kieseln versuchen? Herr Knudsen von Gravel ist sicher geübter im Kieselwerfen als ich… Egal. Die Düfte harren schon seit einiger Zeit der Erkundung und sind jetzt, Kiesel hin, Kiesel her, dran.

Waves verspricht ja bereits dem Namen nach Dynamik – Wellen erinnern an Kraft und normalerweise an Wasser. Assoziationen mit Meer und allgemein Maritimen gehen aber vollkommen fehl, wie bereits die Ingredienzen erahnen lassen: Bergamotte, Opoponax, Jasmin, Iris, Veilchen, Lavendel, Orangenblüte, Pfeffer, Zimt, Ambra, Sandelholz.

Waves ist ein typischer Italiener, das merkt man gleich: Ein Mann-Mann mit einer Prise Macho. Der meint es ernst und kommt ohne Augenzwinkern daher, aber auch ohne das übliche Gesülze 😉 Präsent und enorm dicht gewebt ist er. Würzig-strenger Lavendel mit einer ordentlichen Portion Pfeffer- und Zimtschärfe, ein Blütenbouquet im Hintergrund, das allerdings von satten Harzen, einer (vor allem daraus resultierenden) ordentlichen warmen Süße und samtig-pudrigen Sandelholznoten überlagert wird. Letztere gewinnt auf meiner Haut ob ihrer Dominanz sogar jene an Räucherstäbchen gemahnende Seifigkeit, die lediglich aus einer starken Fokussierung hervorgeht. Diesen letzten Aspekt finde ich überaus spannend und lecker, der Teststreifen allerdings lässt ihn gänzlich vermissen. Alles in allem zeigt sich Waves als ziemlicher Kracher, das klang aber in der Titulierung als „Italiener“ ja bereits an.

Einen Ambra-Duft braucht es in jeder ordentlichen Kollektion aus Italien – Ambr’Erò tritt gleich mit stolzgeschwellter Brust an. Und lässt meine Hand, auf die ich ihn gesprüht habe, wie in Jod getaucht aussehen. Allein ein Blick auf die Farbe des Duftes lässt einen sofort wissen, dass wir es nicht mit einem olfaktorischen Leichtgewicht zu tun haben. So dolle, wie zuerst vermutet, ist er aber dann doch nicht: Rauche Schale, weicher Kern würde ich sagen. Samtig-pudrige leuchtend goldbraune Ambra in ihrer schönsten Form – Bergamotte- und Nerolisprenkler leuchten wie kleine Sternchen immer wieder am Firmament auf, Jasmin spielt Verführerin und stiftet einen göttlichen weißblühenden Hauch, während Vanille das cremig-weiche Lager bereitet, das keck von würziger Nelkenschärfe kontrastiert wird.

Piccolo Amor, der Lieblingsduft der Frau des Schöpfers. Laut Pressetext riecht bei ihnen zu Hause alles danach, selbst der Mops. Ob er nach diesem benannt ist? Hatte ich schon einmal erwähnt, dass ich Möpse liebe? Egal, erst mal ab ins Patchoulivergnügen. Denn der spielt die erste Geige, und das ziemlich nett: Patchouli in Reinform lässt des Liebhabers Herz frohlocken, hier in einer gourmandigen Verpackung präsentiert. Vanille ist es, die man ihm an die Hand gegeben hat, und Moschus, die eine Vanille-Kakao-Anmutung zaubern, welche dafür sorgt, dass einem ganz schnell das Wasser im Munde zusammenläuft.

Ebenfalls Gourmandalarm herrscht bei den letzten beiden Kandidaten: Jolie wartet mit Vanille, Zucker, Milch und Moschus als Ingredienzen auf, was mich in dieser Kombination sofort an Kleopatra denken lässt – eine Herrscherin in aller Erhabenheit, diesmal nicht im Eselsmilch, sondern im gezuckerten Mandelmilchbad. Hach, was ist das süß… und schön, meine Damen. Mandelmilch, Bittersüße, Marzipan, Zuckerwatte, Creme und ein Hauch rauchig-geröstetes Karamell – mit diesem Duft kann man sich nur fühlen wie eine Königin. Fans von Mazzolaris Alessandro und Profumums Confetto sollten ganz besonders auf der Hut sein…

White Out ist gar nicht so weiß und transparent, wie der Name vielleicht vermuten lässt. Oder doch? Verwirrend ist er, der Duft. Eine Hommage an die Antarktis, an ewiges Eis, Leere und soweit das Auge reicht Schnee soll er sein. Eine olfaktorische Darstellung des Reinen. Meine erste Reaktion war ablehnend. Das konnte ich beim besten Willen nicht entdecken in dem Duft, genausowenig wie Hölzer und Blätter, die neben Moschus hier noch vorhanden sein sollen. Mein erster Gedanke war – Profumum Acqua e Zucchero mit ohne Früchte. Je länger ich aber dem Duft lausche, desto mehr, desto besser kann ich die Assoziation des Parfumeurs erkennen, desto treffender finde ich sie. Nur ist dieses Weiß kein Bedrohendes, keines, das einen zu existentiellen Fragestellungen zwingt. Dieses Weiß lullt ein, beruhigt, macht Mut, beschützt. Es ist sahnig-milchig, weich, watteweich, dezent karamellpuddinghaft und cremig-zart, hat eine seltsame, an samtigen Knet gemahnende Note (welche mich immer an Diors Hypnotic Poison erinnert und die ich nicht zugeordnet bekomme) und legt sich wie ein Schleier über die Welt oder um einen herum, was irgendwie auch auf dasselbe hinausläuft. Macht man die Augen auf, erblickt man nur weiß – und subtile Blüten irgendwo in der Ferne, sich sacht im Nichts bewegend.

Acqua e Zucchero? Doch nicht mehr wirklich. Teint de Neige? Ein bisschen, und irgendwie auch doch nicht. Was dann? Keine Ahnung. Aber interessant, sehr sogar. Nur leider nicht für mich gemacht – denn hinter White Out versteckt sich eben doch ein Gourmand, und zwar einer, der sich gewaschen hat.

Kennt Ihr die Linie schon, spricht Euch etwas an? Ich bin gespannt!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Mops Aramis de la croisee des lys von Cathérine SchneiderEiszapfen am Suessgletscher im Süden der Antarktis von Kristan Hutchison, John William Godward (1901): Venus at the Bath [Anm. d. Verf.: Ich weiß, keine Kleopatra ;)], alles via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Hier finden Sie Cerchi Nell’Acqua in unserem Shop.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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