Frapins neueste Ausschweifungen…

Frapin – Freunden erlesener Alkoholika ist diese Familie längst ein Begriff: Seit über 20 Generationen im Herzen der Grande Champagne beheimatet, produzieren diese mit ihrem Familienbetrieb Weine, widmeten sich aber auch alsbald der hohen Kunst der Cognac-Destillation, die sich vor allem auch in deren Weinbergen durchaus lohnt: Die Anbauflächen wurden als „Premier Grand Cru“, als Spitzenlage eingeteilt.

Auch Duftkennern ist Frapin allerdings seit einigen Jahren ein Begriff: Die Firma ging zuallerst mit ihrem Quasi-Signature 1270 an den Duftmarkt und ließ diesem über all die Jahre sehr beliebten Duft fünf weitere folgen, Esprit de Fleurs, Caravelle Épicée, Passion Boisée, Terre de Sarment und zuletzt L’Humaniste.

An anderer Stelle hatte ich es bereits erwähnt: Ich bin immer hochgradig gespannt auf Düfte von Produzenten alkoholischer Genussmittel. Denn von diesen (beiden ;)) wurde ich noch nie enttäuscht: Courvoisiers L’Édition Impériale liebe ich sehr, Frapins komplette Kollektion, allen voran den Humanisten und den mittlerweile schon als Klassiker zu bezeichnenden 1270 schätze ich, die Winzer von ExVinis haben mit ihrer kleinen Parfumserie ebenfalls Ansehnliches geschaffen… von mir aus könnten sich noch einige andere Hersteller inspirieren lassen und sich auf den Duftmarkt wagen. Verbinden doch die Leidenschaft für Edelalkoholika und Düfte einiges – ob nun Whisk(e)y, Wein, Kaffee, Schokolade oder Parfums, überall geht es um die feinen Facetten, um Ausdifferenzierung, um (Kunst)Handwerk, Herzblut. Bevor ich aber weiter schwafele… möchte ich zu Frapins neuestem Streich kommen: 1697.

Mal wieder eine Jahreszahl – und eine für die Familie Frapin überaus bedeutsame: 1697 wurden sie von Ludwig dem Vierzehnten geadelt. Für ihre Verdienste. Dazu mag man sich einiges vorstellen können – ein Hoflieferant, der exzellente Alkoholika für die rauschenden Feste und prunkvollen Gelage lieferte. Über den Lebensstil des Sonnenkönigs ist ja Ausreichendes bekannt, Dezenz, Zurückhaltung und Bescheidenheit – alles keine der Tugenden, die ihm gemeinhin zuzuschreiben sind. Opulenz, Maßlosigkeit und (Sinnes)Trunkenheit viel eher… In jedem Falle mag man sich die damaligen Zeiten in den üppigsten Farben gedanklich auszumalen, genügend historische Belege sind ebenfalls da, die die eigenen Phantasien untermauern…

P. Frapin & Cie wollten nun mit ihrem neuen limitierten Duft die Sinneslust jener Ära einfangen und beauftragten dafür Bertrand Duchaufour, was das Ansinnen in meinen Augen nochmals interessanter machte. Ein glamouröser Duft sollte es werden, feminin und maskulin zugleich, überbordend, sinnlich, anspruchsvoll.

Die Ingredienzen hören sich höchst vielversprechend an, das hatte ich ja bereits in den Ankündigungen des Duftes schwärmend erwähnt: Kopfnote: Hölzer, Davana, Rum, Labdanum (Zistrose), Rose; Herznote: Jasmin, Weißdorn, Ylang-Ylang, Gewürznelke, Zimt, Trockenfrüchte, Rose; Basisnote: Ambra, Tonkabohne, Patchouli, Zedernholz, Labdanum (Zistrose), Weißer Moschus, Vanille.

Überschäumende Sinnlichkeit und Opulenz ist hier in der Tat das Thema gewesen, das wird einem bereits in den ersten Anflügen der Kopfnoten klar: Es rumkugelt. Likörige Noten von exotischem Rum, die für meine Nase auch leicht von Kakao bestäubt wurden. Und deren Quelle ist auch nicht weit entfernt: Man gewinnt den Eindruck, Frapin hätten einem einen Blick in deren altehrwürdige Lagerräume gegönnt, in deren hinterster Ecke noch wertvoller Rum lagert. Natürlich in alten verwitterten Holzfässern, deren Aufschriften kaum mehr zu entziffern sind und welche von schweren Ledergürteln gehalten werden. Und die mich an eine Erwachsenenvariante von Giacobettis Idole für Lubin erinnern. Auf dem Duftstreifen verbleibt der Duft recht lange ein beschwipstes und eindrucksvolles Rum-Lederchen in schöner Holzumrahmung, während sich das Geschehen auf meiner Haut (leider) sehr viel schneller beruhigt: Zarte florale Noten zeichnen weich und Zimt sowie Gewürznelke schaffen eine pfeffrig-würzige Süße. Sonnengetrocknete und nicht näher zu identifizierente Trockenfrüchte (Pflaume? Ich rieche Pflaume!) unterstreichen sowohl jene Gewürzsüße, als ebenfalls die alkoholischen Anklänge, schaffen aber auch den Übergang zu der eher „smoothen“ Basis, die von einer überaus angenehmen ambrierten Harzwärme samt vanillig-holziger Untertöne getragen wird.

Eine gewisse Verwandtschaft zu 1270 ist nicht zu leugnen, darüber hinaus muss ich an den eben erwähnten Idole von Lubin denken, an Parfum d’Orsays Whiskey-Tabak-Pflaume Le Dandy, an Parfum d’Empires Aziyadé sowie an Histoires de Parfums Marquis de Sade in seiner würzig-lasterhaften Ausschweifigkeit – ich denke, das könnte Euch erste Hinweise auf den olfaktorischen Spuren des neuen Frapins geben.

In jedem Falle ist ein Test sehr empfehlenswert (davon lassen sich Duchaufour-Fans ja ohnehin nicht abhalten 😉 – zu Recht!) und erst recht einer auf der eigenen Haut. Bei mir sind deutliche Diskrepanzen zwischen Teststreifen, Testtempo und Haut festzustellen.

Mir gefällt er sehr, der neue Duchaufour – und Euch?

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Frapin, Louis XIV-Büste von Gianlorenzo Bernini (1665) in Versailles von Louis le Grand, Eichenfässer in der Destillerie Savanna von Pascal Kryl, beides via Wiki Commons, some rights reserved – vielen lieben Dank!

Neueste Kommentare

Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

5 Kommentare

  1. 10. März 2011
    Antworten

    Ich bin süchtig nach dem Zeugs, liebe Ulrike ! Wie auch in meinem Blog -begeisterungstrunken !- nachzulesen ist.
    Ein feiner Duft, der sich bei mir delikat entwickelt und ewig haltbar ist. Liebe Grüße, Martina

    • Ulrike
      15. März 2011
      Antworten

      Süchtig gleich, liebe Martina? *lächel*
      Ich kann es nachvollziehen, ein wirklich sehr eigenwilliger, toller Duft!

      Liebe Grüße zurück,

      Uli.

  2. Isabelle
    2. April 2014
    Antworten

    Frapin 1697 Absolu de Parfum habe ich gerade heute erhalten. „Les Ailes du Désir“ wäre sein Name gewesen, wenn das Wim Wenders Team es damals erlaubt hätte („Les Ailes du Désir“ ist der französische Titel vom Film „Der Himmel über Berlin“)… Aber Frapin wurde es verboten, den Titel des Films für den Duft zu verwenden. Schade! (da wir Franzosen ganz schön frech sein können, kann man aber doch „Les Ailes du Désir“ auf dem Flakon lesen, ganz klein geschrieben…).
    Der Duft ist toll, ich vergleiche ihn gerade mit Havana Vanille, auch von Bertrand Duchaufour, Ähnlichkeiten gibt es, finde ich.
    Seit 1 woche bin ich wieder ein Duft-Schnapsdrossel… Nach Speakeasy, Frapin 1697. Bin nicht mehr zu retten!
    Viele liebe Grüße,
    Isabelle

  3. Sylvia
    13. April 2014
    Antworten

    Ich hatte ja mit vielem gerechnet, als ich mir eine Duftprobe von „1697“ bestellt habe, und kann auch durchaus alkoholische Duftnoten wahrnehmen (bis hin zu den Fässern selber, in denen die teuren Spirituosen gelagert werden); aber für mich ist „1697“ vor allem – gekühlte Butter! Und als solche eine so leckere Butter, dass ich nicht von ihr lassen kann! :o)
    Ich selber trinke gar keinen Alkohol und weiß deshalb überhaupt nicht, welche Geschmacksrichtungen ein teurer Cognac aufweisen kann. Der duftende Bruder von Frapin ist etwas für Kenner, die es überraschend und „smooth“ mögen, egal ob auf der Zunge oder in der Nase! ;o)
    „1697“ steht jedenfalls unverbrüchlich auf meiner Wunschliste, und zwar als Absolu. Das ist nämlich noch einen Touch frischer und die in Rum eingelegten Rosinen riecht man auch länger. Unbedingt probieren!

  4. Avatar photo
    Ulrike
    30. April 2014
    Antworten

    Duft-Schnapsdrossel – das hört sich ganz vorzüglich an 😀 Dito, dito! Und, liebe Sylvia, Butter? Ich glaube, ich muss bei Gelegenheit nochmals testen 😀

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