Die Schöne und das Biest: Sécrétions Magnifiques

Mariela

Ich muss zugeben, diesen Duft zu rezensieren fällt mir schwer! Zu viel Schlüpfriges hat man schon darüber gelesen. Hier die Ingredienzen:

Kopfnote: Blut, Adrenalin, Ozonische Noten
Herznote: Milch, Iris, Kokosnuss
Basisnote: Sandelholz, Opoponax

Sie tragen nicht gerade dazu bei, dass sich bei mir eine sonderlich große Vorfreude auf den Duft entwickelt. Zudem soll diese Melange diversen Körperflüssigkeiten wie Blut, Schweiß, Sperma und Speichel nachempfunden sein. Zwischenzeitlich habe ich mich schon tief in die Welt der Nischendüfte gewagt und einiges gerochen, was gewöhnungsbedürftig war, aber mein Wunsch nach Körpersekreten zu duften, hält sich doch sehr in Grenzen. Allein den Tester zu öffnen, habe ich lange nicht gewagt, doch was sein muss muss sein! Nennt mich prüde, aber einen Pimmel auf dem Flakon bzw. Tester und sei er auch noch so niedlich dargestellt, muss ich nicht haben. Zunächst muss eben der Teststreifen herhalten, danach erst entscheide ich, ob die „großartigen Sekrete” überhaupt an die Haut dürfen.

Zu Beginn finde ich ihn nicht einmal unangenehm, Blut und Adrenalin kann ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennen, ozonische Noten umso mehr. Diesen haften ja die Attribute sauber, frisch und stechend an, und das trifft es bei mir auch hundertprozentig. Der Teststreifen liegt hier neben mir auf dem Schreibtisch und mir brennen die Augen. Am Anfang schiebe ich es auf eine beginnende Erkältung, aber es scheint an diesem Duft zu liegen. Sobald ich den Schreibtisch verlasse, hört es auf. Kein guter Start, zugegeben. Etwas später mischt sich eine süß-blumig-schwülstige Note hinein, die ich jedoch nicht genau identifizieren kann. Vielleicht die Iris in Verbindung mit Milch? Kokosnuss ist es auf keinen Fall.

Es ist wahrlich nichts, was mir gefällt; nichts, was ich mir auf die Haut sprühen möchte. Es riecht einfach unangenehm, obwohl ich da wirklich keinerlei Blut entdecken kann. Dazu fehlt die metallische Note.

Vielleicht kann ich den Duft am einfachsten so beschreiben: Vor einigen Jahren besuchte ich mal einen Freund, er lebte damals mit seinem Bruder zusammen. Der Bruder war frisch verliebt und hatte an diesem Tag Besuch von seiner Flamme. Stundenlang waren sie in seinem (kleinen) Zimmer! Als sie dann abends zum essen gingen und wir irgendwas aus dem Zimmer brauchten, schlug uns ein ähnlicher Duft wie Sécrétions Magnifiques entgegen. Es wird einem leicht übel, und man sehnt sich dringend nach frischer Luft.

Wer diesen Duft trägt, ist mutig! Man muss auch was aushalten können. Allerdings kann ich mir schon vorstellen, dass er seine Liebhaber findet. Kunst muss nicht immer schön sein, warum soll es bei Düften anders sein?

Harmen

Hier haben wir es wohl mit dem provokantesten État Libre-Duft zu tun. Ich habe mich in meinen letzten Rezensionen manchmal beschwert, dass das erwartete Konzept nicht durchgezogen sei und dass mit Pauken und Trompeten eigentlich recht gefällige Düfte angekündigt würden. Und jetzt war ich ganz darauf vorbereitet, dass auch „Sécrétions Magnifiques“ zwar einen rosa Schwengel ins Bild hält, aber letzten Endes doch ganz zahm sein würde. Weit gefehlt.

Zum Titel – herrliche Sekrete – ein Spritzgussteil: schockierend finde ich das überhaupt nicht, aber man muss sich schon etwas trauen, um einen solchen Duft herauszubringen. Ich rieche vorsichtig am Tester und, liebe Leser, mir ist schlecht. Nicht wirklich würfelhustenschlecht, aber stark in diese Richtung.

Ich spritze das Werk nun auf den Teststeifen und nehme erst einmal blumige Noten wahr, die vermutlich der angegebenen Iris zuzuschreiben sind. Tapfer bleiben. Doch diese Erfrischung währt nicht lange, schon bald bricht sich ein blutiger Geruch Bahn, ein wenig Eisen, aber dann doch eher ein ziemlich altes Pflaster. Hinzukommt ein widerwärtiger Eiweißgeruch, ranzige Butter im Verein mit verdorbener Milch. Ich glaube, dass gerade diese Lebensmittelassoziationen den großen Ekel hervorrufen. Das Ganze ist eine richtig fiese, nasale Penetration.

Kopfnote: Blut, Adrenalin, Ozonische Noten; Herznote: Milch, Iris, Kokosnuss; Basisnote: Sandelholz, Opoponax

Antoine Lie hat mit diesem Duft ein großes, hartes Meisterwerk erschaffen, das meiner Ansicht nach völlig untragbar ist – und ich weigere mich auch, mir diesen Duft auf die Haut zu sprühen. ABER: ein Meisterwerk ist das Parfum deswegen, da es als Körperflüssigkeiten-Konzeptduft perfekt umgesetzt ist, und das gilt es nun auch zu honorieren. Dem einen oder anderen Hartgesottenen wird der Duft sicher gefallen, ich habe mir sagen lassen, dass er sich auf mancher Haut auch recht vorteilhaft entwickelt. Ansonsten aber einen Riecher wert, denn Kunst muss nicht schön und schon gar nicht tragbar, sondern gut gemacht sein, und das ist „Sécrétions Magnifiques“ in jedem Fall.

Bis bald und an der frischen Luft
Harmen

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Neueste Kommentare

Mariela Verfasst von:

6 Kommentare

  1. Dame Verte
    25. Februar 2011
    Antworten

    Dieser Duft spaltet die Gemüter. Love it or hate it. Ich lieb ihn! Eine großartige Komposition, die provokant, aber auch tragbar ist. Tatsächlich lässt der Duft meine Pupillen sich weiten, und das noch nach Stunden. Es ist fast so, als wenn ich das Adrenalin mit der Nase inhalieren könnte. Das Herz des Duftes ist deutlich süß. Zart und intim zugleich. „SM“ macht wach, macht aktiv, macht in gewisser Weise auch sexy und offensiv. Wer das Ungewohnte sucht, der sollte einen Versuch wagen!

  2. Harmen
    28. Februar 2011
    Antworten

    Hallo, Dame Verte, wenn ein Duft so unterschiedliche Reaktionen hervorruft, dann ist es eigentlich schon fast Pflicht, ihn zu testen. Vielen Dank für Deinen Beitrag!

  3. Simone Buchem
    6. Oktober 2012
    Antworten

    Hallo Harmen,
    Love it or hate it – das kann ich nur unterstreichen. „Sécrétions Magnifigues“ von ELO ist bislang das krasseste Parfume das ich je gerochen habe.
    Ich habe zweimal den Versuch gestartet, aber jedesmal, wenn ich an dem „Duft“ rieche, zieht sich in mir alles zusammen und es würgt mich. Definitiv nichts für mich. Trotzdem interessant.

  4. Harmen
    8. Oktober 2012
    Antworten

    Hallo Simone,

    mein Test ist ja nun auch schon eine Weile her, aber ich kann sagen, dass mir bis jetzt nichts Vergleichbares „unter die Nase gekommen“ ist. 😉 Ein herrlich widerliches Teil! 🙂

    Liebe Grüße
    Harmen

  5. Avatar photo
    Ulrike
    9. Oktober 2012
    Antworten

    Ich finde ihn ja toll… aber tragen würde ich ihn nicht 😉 Allerdings bin ich auch schon mal jemand begegnet, einer Frau, die ihn sehr gut tragen konnte und bei der er auf der Haut wirklich interessant roch. Gelayert mit anderen Düften ergaben sich da durchaus nette Mischungen – ich hätte es ja nicht gedacht…

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