Hiroshima Mon Amour

Hiroshima, meine Liebe – Resnais nach einem Drehbuch von Duras, 1959. Und: Hiroshima Mon Amour, Nez à Nez, 2010. – Beide haben etwas gemeinsam: Sie sind Ausnahmen, auf ihre Art. Sowohl, was die Nouvelle Vague angeht, ja, leider: das ganze französische Nachkriegskino, weisen meine diesbezüglichen Kenntnisse ziemliche Bildungslücken auf, die ich als eingefleischter Cineast (dem einen oder anderen ist es sicher schon aufgefallen…) nur schwer auf mir sitzenlassen kann. Zu sehr drückt sie, diese Schmach – deshalb „arbeite“ ich sie auch gerade ab in meiner Freizeit. Als auch Nez à Nez – die Firma. Eine, die bisher ein bisschen an mir vorbeigegangen ist. Anfänglich hatte ich einiges getestet, das mir ehrlicherweise persönlich weniger zusagte: Zu süß, zu bunt irgendwie. Vielleicht war ich auch nur enttäuscht, hatte ich doch aufgrund der angegebenen Ingredienzen kantigere Düstermänner erwartet.

Hiroshima Mon Amour nun kenne ich – sowohl den Film als auch den Duft. Und beide haben gemeinsam, dass mich meine Erwartungshaltung im positiven Sinne enttäuschte: Sie haben mir sehr gefallen. Der Film, da er sich weniger als Kriegserinnerung als vielmehr als fein gesponnenes und ästhetisch enorm anspruchsvolles Drama entwickelte, ein Drama um Liebe und Tod, um Erinnern und Vergessen, eine psychologisch-poetisch-philosophische Erzählung filmisch ganz herausragend umgesetzt. Das Parfum, da es – mich überraschte. Und fasziniert, obgleich es eigentlich nicht meinem Beuteschema, dem für altgediente Blogleser/innen wohlbekannten ;), entspricht…

Im Auftakt eilt mir bereits Yuzu entgegen, jener für Asien typische Zitrushybrid, der sich meist säuerlich-zitrisch und ausnehmend fruchtig präsentiert – so auch hier und alsbald im trauten Duett mit einer saftig-reifen Mandarine. Nun sind hier noch eine ganze Menge Ingredienzen angegeben, in allererster Linie erschließt sich meiner Nase aber ein Dreiklang, den ich ganz entzückend finde: Sake ist angegeben als auch Pflaume sowie Bienenwachs, die für mich zu einem herrlichen Dreierlei verschmelzen – es duftet nach heißem Zimtmilchreis, nach Pflaumenwein (Ja! Eben kein Reiswein, sondern Pflaumenwein und Zimtmilchreis!) und nach warmem Bienenwachs und das auf gar köstliche Art.

Zugegeben – mit einem asiatischen Duft im Sinne eines transparent-ätherischen Etwas, einem Hauch Zurückhaltung, einem sehr endlichen Eindruck hat Hiroshima Mon Amour nun wirklich nichts am Hut. Wer ergo ein Parfum sucht, das jenes schwebende, latent defizitär Melancholische einzufangen vermag ist hier ganz bestimmt falsch.

Resnais‘ Hiroshima Mon Amour bescherte mir in seiner Schlusssequenz ein Zitat, das sich sofort auf meine persönliche Liste der Lieblingsfilmzitate katapultierte (ein weiteres kennt ihr ja bereits – Rambos philosophische Lebensweisheit, siehe hier): Ganz am Ende sieht man das Liebespaar, die französische Schauspielerin Emmanuèle Riva und ihren japanischen Architekten Eiji Okada, ein letztes Mal und sie spricht zu ihm: „Hiroshima, das bist Du.“ Ganz abgesehen davon, dass jener Satz kontextbezogen natürlich übergeordneten Sinn ergibt, hätte ich das auch schon zu manch einem Beziehungsversuch sagen mögen, das nur ganz am Rande… In jedem Falle gehört die Schlusssequenz zu den (vielen) brillianten Momenten des Films.

Und Hiroshima Mon Amour fortan zu meinen (wenigen) Lieblingsgourmands – allein schon für die unerhörte olfaktorische Rezeption zweier meiner Lieblingsprodukte der Neunziger: Dr. Pepper und Big Red, die Kult-Zimtlimonade und der Kult-Zimtkaugummi. Denn, ob Nez à Nez Zimt in ihren Inhaltsstoffen nun gelistet haben oder nicht – auf meiner Haut entwickelt sich diese Zimt-Milchreisnote in solch einer Intensität, dass jegliche Verleugnung derselben keinerlei Sinn ergeben würde.

Wie steht Ihr denn zu Hiroshima Mon Amour? Und – bekommt der Duft auf Eurer Haut denselben Zimtdreh? Ich bin gespannt!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

P.S.: Die Ingredienzen: Kopfnote: Yuzu, Pflaume, Mandarine; Herznote: Wacholder, Ambra, Birke, Sake, Kirsche; Basisnote: Bienenwachs, Moschus Ambra, Vanille.

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

5 Kommentare

  1. Margot
    24. November 2010
    Antworten

    Liebe Uli,
    werden den Duft nochmals ausgiebig testen.
    Bis jetzt hatte ich nur deutlich die Kirsche 🙂
    Wenn da allerdings Zimt durchkommen sollte, ist das ein „zu-überlegen“ Kandidat. Milchreis mit Kirsche und Zimt wäre ja auch nicht zu verachten.

    Liebe Grüsse,
    Margot

  2. Ulrike
    24. November 2010
    Antworten

    So unterschiedlich sind sie, die Häutchen 🙂
    Ehrlich: Kirsche kann ich bei mir auf der Haut lange suchen. Deshalb war und ist diese Rezension auch wirklich ein ganz persönlicher Eindruck: Meine Haut bietet mir Zimtmilchreis mit Pflaumenwein neben einer Bienenwachskerze. Köstlich!

    Liebe Grüße,

    Uli.

  3. Christiane
    24. November 2010
    Antworten

    Ja, Zimt und Pflaume rieche ich auch vor allem. Er erinnert mich an einen weihrauchlosen Bruder von Borsaris Assenzio. Sehr schön. Jetzt bitte zu Weihnachten (besser schon zum Nikolaus) einen Goldesel, damit ich zum Würdigen dieses und der anderen von Dir so toll vorgestellten Schätzchen mehr als ein Pröbchen mir leisten kann;-)

  4. Sandra
    18. Februar 2011
    Antworten

    Seit 2 Tagen bin ich auch im Besitz dieses wundervollen Duftes.
    Über das Vorhandensein der Zimtnote wurde ja auch im Beautyjunkies-Forum schon viel spekuliert und ich musste ein bisschen lächeln, als ich auf der Umverpackung „Zimt“ in der Herznote aufgelistet sah.
    Nun tragt doch Zimt endlich in der Duftbeschreibung im Shop ein. Viel mehr Beweise braucht es nicht. ;o)

    Fröhliche Grüße aus Mannheim!
    Sandra

  5. Ulrike
    20. Februar 2011
    Antworten

    Er ist schon toll, gell?!?
    Und ich habe den Zimt jetzt einfach mal eingetragen 😉

    Liebe Grüße zurück und viel Spaß mit der neuen Liebe!

    Uli.

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