Poesiealben…

… üben schon immer einen besonderen Reiz auf mich aus: Erst neulich hatte ich wieder auf einem Bücherflohmarkt eines in der Hand, das ich beinahe gekauft hätte. Ein altes Exemplar, vom Gilb befallenes Papier in bräunlicher Farbe getüncht, in Würde gealtert in einem einstmals cognacfarbenen Ledereinband, an dem die Spuren der Zeit und vor allem der Benutzung auch nicht vorbeigegangen waren. Zerlesen und zerliebt war es und wahrscheinlich aus den Jahren nach dem Krieg.

Ich weiß noch genau, daß damals, als ich im poesiealbumfähigen Alter war, jene anderen Alben aufkamen: In knallbunten Karton gebunden und mit meist dämlichen Multiple-Choice-Fragen ausgestattet sowie mit häufig hackedoofen Comicfiguren verziert. Mir waren jene Alben immer zuwider, aber die meisten Kinder mochten sie und das gute alte Poesiealbum ward am Aussterben – so zumindest empfand ich es. Wie sieht das heute aus liebe Mütter und Väter, wer weiß es? Was benutzen und schätzen die Kids heute, gibt es so etwas überhaupt noch?

Vermutlich nicht mehr das konventionelle, altmodisch anmutende Poesiealbum, das es einem immer schwieriger machte als ein vorgedruckter Fragebogen: Zwei Seiten zur vollkommen freien Gestaltung, da trennte sich auch in solch jungen Jahren schon die Spreu vom Weizen… Auf die Sprüche kam es an – nicht zu abgedroschen und zu häufig, nicht lächerlich sollten sie sein. Und gerne auch ein wenig intellektuell – oder was man damals darunter verstand. Natürlich durften sich hier auch nur Freunde, wirkliche Freunde eintragen, die das dann in bemüht pädagogisch wertvoller Sonntagschreibschrift taten. Das Freundschafts- oder Klassenbüchlein, jenes industriell gefertigte, wurde an fast jeden gereicht und ebenso behandelt – beliebig.

Ich mag den Gedanken jenes Poesiealbums: Jemand etwas mit auf den Weg geben. Einen Satz, eine Weisheit, einen Witz, eine kleine Allegorie – so ähnlich wie bei einem Gästebuch. Herrlich nostalgisch weil so furchtbar unzeitgemäß, ohne jedoch „out“ zu sein. Das rührt mir das Herz.

Wieso erzähle ich das alles? Nun, weil es mir mit Goutals neuestem Duft Rose Splendide nicht anders erging: Eine wunderschöne klare Teerose mit einem klitzekleinen Tupfer Grün sowie einem Hauch Moos, eingerahmt von prallen, satt-fruchtigen Birnen aus der Region, süß-mehligen und gleichzeitig säuerlichen Birnen. Dazu gesellt sich eine wässrige Magnolie, die die subtile Rosensüße noch zu forcieren vermag, während die Basis von weichem Moschus und zarter Vanille gestellt wird.

Ein so wunderbar altmodischer Duft, so nostalgisch, daß er mich sogleich sentimental stimmte – und eben an Poesiealben erinnerte, mit ihren Scherenschnitten, ihren kleinen Glanzbildern und den Lebensweisheiten, mit denen sie gefüllt sind.

Würde ich heute einmal wieder ein Poesiealbum in den Händen halten und stünde vor der Wahl, jemand einen Spruch mit auf den (Lebens)Weg zu geben, würde ich vermutlich folgenden wählen von einem meiner Lieblingsphilosophen, Søren Kierkegaard: „Das Große ist nicht dies oder das zu sein, sondern man selbst zu sein.“

In der Einfachheit liegt oftmals ein Zauber, vielleicht gar: der allergrößte Zauber. Goutals Rose Splendide braucht in der Tat auch nicht viel, um einen zu begeistern – mein Herz hat diese Rose schon längst im Sturm erobert und gewonnen, obgleich sie fernab meines üblichen Beuteschemas liegt.

Ihre Ingredienzen: Kopfnote: Pfingstrose, Magnolie; Herznote: Provence-Rose, Birne; Basisnote: Moschus, Vanille.

Wie gefällt sie Euch, die Tolle?

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike.

Bildquelle: Poesiealbumseite von Xocolatl via Wiki Commons, Pears and Plums 2 von Michaela Kobyakov via stockxchng, some rights reserved – vielen lieben Dank!

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

Ein Kommentar

  1. Margot
    6. Oktober 2010
    Antworten

    Liebe Uli,

    dem Himmel sei Dank, dass ich z.Zt. mit den Rosen durch bin
    🙂 mag jetzt erst mal keine mehr testen.
    Hm, wo war ich stehen geblieben??? Ach ja: Jetzt kommt der VETIVER und nebenbei vielleicht noch bischen AMBER und ganz wichtig: BLUT und TINTE. Menno, wo soll ich anfangen???

    LG,
    Margot

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