Beim Schopfe packen

möchte ich die Gelegenheit oder besser: den Umstand, dass draußen gerade einmal wieder die Sonne scheint. Habe ich doch in meinem Rezensionsschächtelchen noch diverse Sommerduftphiolen ausfindig machen können, die unbedingt noch zur warmen Jahreszeit vorgestellt werden möchten. Also: Husch! Husch! Der Herbst schwebt ja schließlich schon seit geraumer Zeit wie ein scharf gewetztes Damoklesschwert über unseren Köpfen. 😉

Genannte Sommerdüfte stammen von einer Dame, die hier im Blog bisher eher selten vertreten war: Patricia de Nicolaï. Ulrike hat vor einiger Zeit bereits zwei ihrer Düfte rezensiert, nämlich: Fig Tea und Patchouli Homme. Ersterer gehört zu den Nicolaïschen Eaux Fraîches, jenen Sommerdüften, die luftig-leicht, erfrischend-spritzig und somit ideal für heiße Temperaturen sind, zu denen auch die heute und morgen rezensierten Wässerchen zählen. So habe ich mich nun auch schon auf meinem sonnenbeschienenen Südbalkon eingefunden und bin bereit, die Düfte im hochtemperierten Milieu im Selbst- und Feldversuch zu testen.

Doch zuerst einmal ein paar Worte zu Frau de Nicolaï selbst. Geboren wurde sie im Jahre 1957 in Paris. Und zwar in keine geringere Familie hinein als die Guerlain-Sippe, deren gleichnamiges Parfumhaus eines der ältesten der Welt ist. Leider wurde es Anfang der 1990er von der allgegenwärtigen LVMH-Gruppe aufgekauft. Davor war es beinahe 170 Jahre im Familienbesitz. Als direkte Nachfahrin des Gründervaters Pierre-François Pascal Guerlain sog Frau de Nicolaï die Welt der Düfte ja quasi mit der Muttermilch auf. So lag es nahe, dass sie am Institut Supérieur International du Parfum de la Cosmétique et de l’Aromatique Alimentaire, kurz ISIPCA, studierte; jener weltbekannten Parfumeursschmiede, die von ihrem Onkel Jean-Jacques Guerlain im Jahre 1970 in Versailles gegründet worden war. Nach ihrem Abschluss dort arbeitete sie erst mehrere Jahre für diverse große Aromen- und Duftstoffhersteller wie Firmenich oder Quest International, bevor sie im Jahre 1989 mit ihrem Ehemann das Unternehmen Parfums Nicolaï gründete. Dies geschah zum einen, weil Frau de Nicolaï endlich ihr eigener Chef sein wollte, um völlige kreative Freiheit zu genießen, andererseits wollte sie die lange Parfumeurstradition der Familie Guerlain fortführen. Das Firmenkonzept ist einfach gehalten:

„A company based on its creator, family owned, having the ambition to create top-notch fragrances at affordable prices with a long term development.“

Ein Familienunternehmen also, das erstklassige Parfums mit langer Haltbarkeit zu erschwinglichen Preisen auf den Markt bringt. In der Simplizität des Konzepts mag der Erfolg von Parfums Nicolaï liegen. In den letzten zwanzig Jahren hat sich das Unternehmen ein beachtliches Sortiment zusammenkreiert: beinahe einhundert verschiedene Düfte für Damen, Herren, beiderlei Geschlecht oder Räume.

Heute werden wir uns also der von Uli bereits anrezensierten Riege der Eaux Fraîches widmen. Zu diesen zählen, neben dem bereits erwähnten Fig Tea, auch Eau d’Été, Eau Exotique, Eau Turquoise und Vie de Château. Fünf an der Zahl, wobei letzterer in meinem Phiolenschächtelchen leider nicht vorrätig war und somit eines Rezensionsaufschubs bedarf. Aber die mittleren drei müssen heute und morgen dran glauben. 😉

Fangen wir doch vorne an: Eau d’Été – erinnert mich namentlich stark an die kürzlich rezensierten Düfte aus dem Hause L’Artisan Parfumeur, was aber vielmehr an den gerne verwendeten Namensbestandteilen Eau und Été liegen mag, als an den Düften selbst. Die Duftnoten des im Jahre 1997 geschaffenen Sommerwassers: Limette, Grapefruit, Orange, Jasmin, Zimt, Benzoeharz, Moschus, Fruchtige Noten.

Frisch aufgesprüht stürmt das Hesperidentrio sofort auf die olfaktorische Bühne: Limette und Grapefruit sorgen für säuerlich-herbe Spritzigkeit, die Orange für fruchtige Süße. Doch die drei bleiben nicht lange unter sich. Alsbald gesellt sich würziger Zimt zu den Zitrusfrüchtchen, umgarnt diese auf gekonnt verführerische Art und Weise. In dieser Konstellation verbleibt der Duft geraume Zeit, bis zart-florale Noten das würzig-zitrische Quartett beinahe gänzlich verdrängen. Jasmin kann ich nicht explizit herausschnuppern; die Blütennuancen sind extrem dezent und luftig-leicht. Ob der bewusst geringen Konzentration der Eaux Fraîches ist der duftende Spuk recht schnell vorbei. Was für einige Stunden bleibt ist die weiche Basis: sehr hautnah und samtig, aber ohne pudrige Noten. Nein, der Moschus, der sich im Lager eines Duftes ja gerne mal in den Vordergrund drängt, ist hier beinahe nicht erschnupperbar, dafür offenbart sich eine transparent-vanilline Note, die in keinster Weise süß erscheint, der vielmehr eine zarte Fruchtigkeit innewohnt. So verbleibt der Duft auf seine Weise von Kopf bis Basis erfrischend, was ihn ideal für den Alltag der heißen Jahreszeit macht. Ein wunderschöner Sommerduft; leicht, luftig, transparent, der ohne viel Schnickschnack für gute Laune sorgt. Très bien!

Nach diesem äußerst positiven Dufterlebnis harre ich bereits gespannt der beiden Düfte der morgigen Rezension, deren Namen in mir schon vorab akute Südseeassoziationen wecken: Eau Turquoise und Eau Exotique.

Bis dahin wünsche ich Euch einen schönen Tag,

Eure Stephanie.

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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