Nouvelle Edition – Teil 3.

Heute möchte ich Euch wie versprochen die letzten drei Düfte der Nouvelle Edition von Miller Harris vorstellen.

fleur_de_selAls ersten Kandidaten habe ich mir Fleurs de Sel herausgepickt, den bis dato neuesten Duft der Reihe. Inspiriert wurde er durch das kleine Städtchen Batz-sur-Mer in Frankreich, wo das gleichnamige weltbekannte Salz herstammt. Französisches Fleur de Sel steht auch in meiner Küche und, obgleich ich nur ein Hobbykoch bin und eher bescheidene Gerichte zaubere, es ist eine echte Bereichung für jeden Hausstand – man schmeck so große Unterscheide, auch und vor allem in eher einfacheren Gerichten.

Das Fleur de Sel, auf deutsch: die Salzblume und namensgebend für den Duft, ist nämlich Meersalz von allerbester Qualität, es entsteht nur an ganz bestimmten Tagen, wenn Windstille herrscht und es warm ist, und zwar als hauchdünne Schicht an der Meeresoberfläche. Geerntet wird es von Salzbauern, die es von Hand mit Holzschaufeln abschöpfen. Eine Delikatesse also, erlesen im Geschmack und nur in Handarbeit herzustellen beziehungsweise abzuschöpfen.

Der Duft? Oh, ich weiß gar nicht, warum ich ihn nicht schon früher getestet habe, für mein Näschen auch eine echte Delikatesse obgleich vermutlich nicht jedermanns Geschmack. Frisch aufgesprüht ist er recht wütend, mutet an wie Meeresgischt, salzig, brausend. Die Kräuter, die verwendeten, sind dafür verantwortlich, sind weniger aromatisch-grün als viel eher scharf-würzend und – salzend. In der Intensität erinnern sich mich ein wenig an Odoris einmaligen Gli Odori, der auch ziemlich einmalige Kräuternoten offenbarte, nach denen man in dieser Ausprägung und Interpretation lange suchen muß – ich kenne nichts Vergleichbares. Mittlerweile hat sich der Zorn der Gischt ein wenig beruhigt und deutlich treten für mich erdig-holzige Iris sowie grün-herber Vetiver und Noten eines sehr erwachsenen Leders in den Vordergrund, abgefangen von ein wenig Moos im Hintergrund und einem dezenten floralen Hauch.

Für mich ein echter Kracher – ein wunderschöner vielfältiger erdig-krautiger Meerduft mit Lederakzenten, wobei dieser Einzeiler dem Duft noch nicht einmal annäherungsweise gerecht wird.
Dafür fällt mir ein adäquater Vergleich: Stellt Euch vor, was wäre, wenn sich The Different Companys Sel de Vétiver zum privaten Stelldichein mit Tauers limitierter Orris träfe und letztere zuvor Tauers Cowboy aus Lonestar Memories den (Leder)Sattel entwendet hätte… Das trifft es meines Erachtens nach sehr genau.

Hier noch die Ingredienzen: Kopfnote: roter Thymian, Rosmarin, Muskatellersalbei; Herznote: Iris, Narzisse, Rose, Ambrettesamen; Basisnote: Hölzer, Vetiver, Moos, Leder.

Weiter geht es mit Vetiver Bourbon. Vetiver als Zutat im speziellen als auch Vetiverdüfte im Allgemeinen haben es mir seit je her angetan, insofern ist das natürlich jetzt auf eine Weise ein Heimspiel. Der Vetiver Bourbon ist aber auch ein durchaus sehens- bzw. testenswerter Vertreter seiner Gattung. Reduziert, ruhig und eher monothematisch fokusiert sich der Duft ganz auf die verschiedenen Facetten des Vetivergrases: Grüngrasig, herb und leicht salzig kommt es daher mit feinen rauchigen Akzenten, um in der Basis von moosigen und holzigen Noten abgerundet zu werden. Sehr gelungen wie ich finde. Mich persönlich erinnert er von der Richtung her an Chanels Sycomore – ein schön ausbalancierter Duft, der die schmale Gratwanderung schafft, die ganze Persönlichkeit des Vetivers einzufangen und auszudrücken, aber trotzdem nicht nur für Hardcore-Vetiver-Fans tragbar zu sein. Denn, das muß man einfach sagen, Vetiverdüfte wie zum Beispiel Maître Parfumeur et Gantiers Route du Vétiver sind zwar echte Klassiker, aber auch echte Haudegen. Und – nicht immer sind olfaktorische Haudegen gefragt (auch wenn die zweite Seele in meiner Brust jetzt insistiert und ganz laut „doch, doch“ schreit…) 😉

Die Ingredienzen: Kopfnote: Vetiver aus Réunion und Haiti; Herznote: Vetiver aus Réunion und Haiti; Basisnote: Eichenmoos, Patchouli, Sandelholz, Ambra, Moschus.

imperial_palace_in_kyoto_-_garden_of_emperor_library_-_bridge_2Der letzte Duft ist En Sens de Bois, für den als Inspiration Kyoto und dessen traditionell japanische Gärten fungierten. En Sens de Bois ist ein ruhiger Duft – grau, steingrau, wenn er denn eine Farbe hätte, mit ein paar Quentchen (moosigen) Grüns. Die Iris in der Kopfnote ist tief erdig und geht alsbald über in trockenste Harznoten und eine Menge Holz: Eine sehr präsente Zeder und knarziges Unterholz. Meine Nase vermeint auch Kiefer bzw. Pinie zu entdecken, obgleich nicht als Zutat gelistet. Wärme oder Süße sucht man in diesem Duft vergebens, sie wäre schlicht fehl am Platze. Lediglich unter dem Harz schillert eine versteckte zimtartige Note, die vermutlich auf das Sandelholz zurückzuführen ist und auf dem Moose ruht, das den Duft vollendet.

asakusa_honganji_temple_in_th_eastern_capital1Kein einfacher Duft möchte ich behaupten, aber sehr interessant. Reduziert, kontemplativ, durchaus asiatisch anmutend. Er erinnerte mich spontan an die Holzdrucke aus Japan, deshalb habe ich einen ebensolchen herausgesucht – passenderweise stellt er den Ausblick vom Higashi-Honganji Tempel in Kyoto dar. Für mich ein Duft für (selbst)reflexive Stunden, ein Rückzugsort. Eine olfaktorische Meditation wenn Ihr so wollt 😉

Seine Ingredienzen: Kopfnote: Iris; Herznote: Labdanum (Zistrose), Weihrauch; Basisnote: Heidehölzer, Zedernholz, Sandelholz, Patchouli, Moos.

Ich hoffe, Ihr hattet Freude beim Lesen der Nouvelle Edition-Reihe und würde mich sehr über Feedback zu meinen Rezensionen und den Düften freuen!

Liebe Grüße,

Eure Ulrike.

P.S.: Es existieren noch zwei weitere Düfte in der Nouvelle Edition: Cuir d’Oranger, wie der Name schon sagt ein Lederduft mit Akzenten von Orangenblüte(n) – ich konnte ihn vor längerer Zeit einmal testen und habe ihn als eher maskulinen, aber durchaus auch für Frauen tragbaren Lederduft in Erinnerung, der eine gewisse Ähnlichkeit mit Lutens‘ Cuir Mauresque aus der Palais Royal-Linie hat. Darüber hinaus Eau de Vert, ein klassischer Fougère-Duft, bei dem ich leider noch nicht das Vergnügen hatte.

Bildquelle 1, 2 und 3

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

2 Kommentare

  1. Jutta
    2. November 2009
    Antworten

    Danke, liebe Uli, besonders der Verweis auf Andy Tauers unvergleichlichen Orris hat mich hellhörig gemacht. Und da ich Sel de Vetiver auch sehr gerne mag, werde ich die Salzblume testen, sobald sie wieder da ist.

    Lieben Gruß
    Jutta

  2. Ulrike
    3. November 2009
    Antworten

    Hallo liebe Jutta,

    na dann hoffe ich, daß er etwas für Dich ist und ich mit meiner Beschreibung für Deine Nase nicht völlig danebenliege 😉
    Jaja, den Orris, den liebe ich auch sehr. Ich gebe die Hoffnung ja nicht auf, daß Herr Tauer ihn irgendwann einmal eines schönen Tages wieder aufleben läßt und erneut auflegt – das wäre fein!

    Liebe Grüße zurück,

    Uli.

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