Flower Boy und Fantasma Overglow von IGGYWOO – Zwischen Licht und Schatten

Die beiden heutigen Kreationen Flower Boy und Fantasma Overglow von IGGYWOO fangen nicht nur beide mit F an, sie haben auch eine gemeinsame Ingredienz, die jeweils ganz unterschiedlich interpretiert wurde. Oud ist ein zentraler Bestandteil der Kompositionen, der einmal opulent-floral und einmal zitrisch-würzig umgesetzt wurde. Vorgestern haben wir uns bereits mit zwei Eaux de Parfum des Labels beschäftigt, nämlich Cashmere Show Pony und Bohemian Water, und auch ein zweiteiliges Interview mit Parfümeur und Gründer Richard Saint-Ford habe ich letzte Woche veröffentlicht.

Iggywoo - Flower Boy

Und natürlich verlinke ich Euch an dieser Stelle auch noch einmal meine letzten Artikel rund um IGGYWOO. Jenes kreative Parfumhaus mit Wurzeln in London und Los Angeles, das mit jeder neuen Kreation sein Gespür für erzählerische Konzepte und ungewöhnliche Duftideen erkennen lässt. Darunter findet Ihr nicht nur das bereits erwähnte zweiteilige Interview mit Gründer und Parfümeur Richard Saint-Ford, in dem er auch schon Bezug zu Flower Boy und Fantasma Overglow nimmt. Sondern auch meine Review zu Cashmere Show Pony und Bohemian Water. Zwei Düfte, die deutlich machen, wie konsequent IGGYWOO ästhetische Konzepte in tragbare Form übersetzt.

Flower Boy – IGGYWOO

Im Südkorea der 1990er formierte sich eine Jugendkultur, die als Flower Boys bekannt wurde. Inspiriert von J-Pop-Idolen, Manga-Ästhetik und lokalen TV-Dramen propagierten diese jungen Männer ein androgynes Ideal: schlanke Silhouetten, Haut wie Porzellan, sorgfältig gestyltes Haar und oftmals pastellfarbene Mode. Statt traditioneller Machosignale setzten sie auf gepflegte Sanftmut, was die damals gängigen Vorstellungen von Männlichkeit herausforderte und zugleich den aufkommenden K-Pop prägte. Boybands wie H.O.T. oder Sechs Kies trugen den Look medial in jedes Klassenzimmer; Beauty- und Fashion-Labels erkannten schnell das Marktpotenzial dieser Zielgruppe, die Pflegeroutine als Lifestyle verstand. So wurden die Flower Boys zu kulturellen Wegbereitern einer weicheren, ästhetisch bewussten Maskulinität, die bis heute das Bild koreanischer Popkultur mitbestimmt. Dies übersetzt IGGYWOO mithilfe der Duftnoten Bergamotte, Neroli, rote Johannisbeere, Schwarze Johannisbeere, Pfingstrose, Rose, Jasmin, Osmanthus, Ylang-Ylang, Tuberose, Frangipani, Heliotrop, weißer Moschus und Adlerholz (Oud).

Iggywoo - Flower Boy

Wenn ich an asiatisch inspirierte Düfte denke, kommen mir meist minimalistische, leichte und eher zurückhaltende Kompositionen in den Sinn. Flower Boy bricht mit genau diesem Bild und präsentiert eine ganz andere, unerwartete olfaktorische Ausrichtung. Vom ersten Sprühstoß an zeigt sich das Eau de Parfum als kraftvolle Erscheinung, ist intensiv, ausdrucksstark, opulent. Üppige Beerennoten treffen auf prachtvolle Blüten, auf cremige Facetten und eine rauchig-holzige Tiefe, die von Oud ins Spiel gebracht wird. Die Komposition ist dicht und komplex, weit entfernt von der pastelligen Leichtigkeit, die man mit den südkoreanischen Flower Boys assoziiert.

Dieser Duft ist laut, präsent und kompromisslos. Ein echter Highperformer, der sofort da ist. Kein leises Anklopfen, sondern ein olfaktorisches Statement. Die Haltbarkeit ist exzellent, was bei dieser Intensität fast schon selbstverständlich sein sollte. Wer opulente Kreationen liebt, die mit reifen Beeren, floralen Noten und einem markanten Oud-Akzent spielen, sollte Flower Boy von IGGYWOO unbedingt auf die Must-try-Liste setzen. Es ist kein Duft für den Alltag oder das Büro, sondern die perfekte Wahl für besondere Anlässe oder den großen Auftritt am Abend.

Fantasma Overglow – Licht und Schatten

Fantasma Overglow dreht sich um Licht und Schatten und dies spiegelt sich auch im Namen der Kreation wider. Fantasma ist das italienische Wort für Trugbild, Gespenst oder Phantom. Ein Wort wie ein flüchtiger Schatten, poetisch, entrückt, fast körperlos. Etwas, das existiert und zugleich nicht greifbar ist. Dem gegenüber steht Overglow. Ein visuelles Phänomen, bei dem sich Licht über seine eigentlichen Grenzen hinaus ausbreitet. Es entsteht ein diffuser Schein, ein Leuchten, das überstrahlt, nachglüht und Konturen verschwimmen lässt. In der Fotografie wirkt ein Overglow fast übernatürlich, wie eine Aura oder ein Schleier aus Licht, der sich zwischen Realität und Illusion legt. Genau diesen Kontrast möchte Fantasma Overglow einfangen, und zwar mit den Ingredienzien Bergamotte, Grapefruit, Bitterorange, Angelika (Engelwurz), Rosa Pfeffer, Weihrauch, Zedernholz, Galbanum, Adlerholz (Oud), Ambra und Moschus.

Iggywoo - Fantasma Overglow

Zitrisch, frisch und grün startet Fantasma Overglow, ein heller, strahlender, lebendiger Duft, der sommerlich und energiegeladen wirkt. Kühl und spritzig, mit einer feinen Pfefferschärfe und einem Hauch von Weihrauch, der alles sanft erdet. Galbanum sorgt für grüne Akzente, während das Zedernholz helle, saubere Holznuancen in die Komposition bringt, die pudrig, molekülig und luzide wirken. Leicht und transparent ist Fantasma Overglow, für mich mehr Licht als Schatten. Auch im weiteren Verlauf bleibt die Struktur dieser Komposition erhalten, ehe der Duft allmählich ausklingt.

Im direkten Kontrast zu unserem ersten Parfumkracher Flower Boy, der mit Lautstärke, Präsenz und Intensität auftrumpft, ist Fantasma Overglow zurückhaltend, luftig und fein. Es ist ein zarter, leichter und luftiger Duft, der Hesperiden, Hölzer und grüne Noten vereint und ohne jede Süße auskommt. Perfekt für alle, die einen unkomplizierten, sommerlichen Frischekick zum Aufsprühen suchen, der mit einer leichten bis mittleren Präsenz und einer guten Haltbarkeit überzeugt. Absolut alltags- und bürotauglich ist dieses Eau de Parfum aus dem Hause IGGYWOO.

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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