Außergewöhnlich ist ein Begriff, der auf den Parfümeur Richard Saint-Ford ebenso zutrifft wie auf seine Marke IGGYWOO. Das in London und Los Angeles beheimatete Duftlabel steht für visuelle Opulenz, emotionale Ausdruckskraft und eine Rebellion der Sinne. IGGYWOO ist weniger ein klassisches Parfumhaus als vielmehr ein Manifest für kreative Selbstbestimmung, für persönliche Freiheit und gegen jede Form ästhetischer Konvention.
Saint-Ford selbst ist Autodidakt. Er ist in der Karibik, in Kalifornien und in Europa aufgewachsen. Und genau diese kulturelle Vielschichtigkeit spiegelt sich in seinen Kreationen wider. Die von ihm entwickelten Eaux de Parfum tragen Namen wie Cashmere Show Pony, Fantasma Overglow oder Flower Boy und bewegen sich bewusst jenseits klassischer Duftformeln. Auch optisch setzt IGGYWOO ein Zeichen. Der schwere, formstarke Flakon mit seinem skulpturalen Deckel ist mehr Designobjekt als Konfektionsware. Im Gespräch erzählt Richard Saint-Ford von seinen Wurzeln, seiner kreativen Herkunft, der prägenden Rolle seiner Großmutter und warum ein Showpony mit Kokosnüssen in der Mähne ihn zu einem seiner Bestseller inspirierte.

Lieber Richard, du hast eine multikulturelle Kindheit erlebt und bist in der Karibik, Europa und Kalifornien aufgewachsen. Magst du dich unseren Lesern und Leserinnen kurz vorstellen und erzählen, wie dein bisheriger Weg aussah?
Fast zwei Jahrzehnte lang habe ich in der Mode- und Beautybranche gearbeitet. Zunächst als Creative Brand Director und später als CMO, u. a. für Marken wie Gucci, Tom Ford, Diesel und Nike. Doch als ich mein eigenes Label gründen wollte, war mir klar, dass es nichts mit Mode zu tun haben sollte. Ich wollte zurück zu meinen Wurzeln, meiner Großmutter gedenken, die mich großgezogen hat. Sie war eine intuitive, naturalistische Parfümeurin. Aus diesem Impuls heraus entstand IGGYWOO. Es ist meine Plattform für ungehemmte Selbstdarstellung, frei von Regeln anderer. Ich führe bei jedem visuellen Produkt von IGGYWOO kreativ Regie, während ich gleichzeitig jeden Duft von Grund auf in meinen Studios in London oder Los Angeles entwickle.
Ich bin mit einer bunten Mischung von Kulturen aufgewachsen und habe meine Kindheit und Jugend zwischen Europa, Barbados und Kalifornien verbracht. Jeder Ort brachte seine eigenen, einzigartigen Traditionen und Perspektiven mit sich, die ich in mein Wesen aufgenommen habe. Diese vielfältigen Einflüsse prägen nicht nur meine Weltanschauung, sondern auch meinen Ansatz für Düfte. Ich mische bewusst einheimische Ingredienzien von den Orten, die ich mein Zuhause nannte und die ich erforscht habe, in jeden Duft und füge so allen meinen Kreationen eine sehr persönliche Ebene hinzu.
Wie genau kam es zur Gründung von IGGYWOO?
Meine Leidenschaft für Düfte und die Natur entstand in meiner Kindheit, geprägt von meiner verstorbenen Großmutter, bei der ich aufwuchs. Als Abenteurerin und naturalistische Parfümeurin brachte sie mir bei, wie man gelebte Fantasie mit Düften verbindet. Gemeinsam kreierten wir naive Kompositionen, die einfach waren, aber voller Bedeutung.
Als sie starb, nahm ich mir ein Jahr Auszeit von der Arbeit und fand zur Parfümerie zurück. Im Gegensatz zu konventionell ausgebildeten Parfümeuren lernte ich durch praktisches Experimentieren und ließ mich eher von meinem Instinkt als von Lehrbüchern leiten. Sobald ich eine Reihe von Düften hatte, nutzte ich mich meine 15-jährige Erfahrung in der Gestaltung von Kampagnen für Fashion und Beauty Brands, um jeden Duft visuell zum Leben zu erwecken.
Was bedeutet der Name IGGYWOO?
IGGYWOO bedeutet „Imagination“. Es war ein Fantasiewort, das meine Großmutter und ich erfunden haben. Unser kleines Zauberwort für mehr Lebensfreude. Es erinnert daran, dass Kreativität keine Grenzen kennt.
Welche Werte und Eigenschaften würdest du IGGYWOO zuschreiben?
Ich bin eine Art Ketzer unter den Parfümeuren und Kreateuren. Mit einer nonkonformistischen Einstellung neige ich dazu, die starren Strukturen der traditionellen Parfümerie abzulehnen. Ich habe durch Intuition gelernt, nicht durch Lehrbücher, und verfolge eine Methodik, die Regeln bricht und von Instinkt und Emotionen geleitet wird. Ich kann nicht gut mit Einschränkungen arbeiten, die uns durch Alter, Ethnie und geschlechtliche Orientierung auferlegt werden. Diese Beschränkungen haben in der Duftkreation nichts zu suchen, und ich habe IGGYWOO kreiert, um all das zu verkörpern: Eine unerbittliche Suche nach dem Unerwarteten, sowohl visuell als auch jenseits des Sichtbaren.
Wie würdest du die Düfte von IGGYWOO beschreiben? Welche drei Attribute passen auf jeden Duft?
Meine Kreationen feiern unerwartete Kontraste. Jedes Parfum ist ein Ausdruck von Intuition und Selbstinszenierung, losgelöst von traditionellen Duftstrukturen oder festgelegten Zwängen. Ich würde allen von mir kreierten Parfums dieselben drei Eigenschaften zuschreiben: Lebendig. Rebellisch. Nostalgisch.
Wie sich aus Visionen konkrete Düfte entwickeln, warum ein psychedelischer Moment am Strand von Barbados zur Geburtsstunde eines Bestsellers führte und wieso jeder Duft von IGGYWOO seine ganz eigene Geschichte erzählt, all das verrät und Parfümeur und Gründer Richard Saint-Ford im zweiten Teil unseres Interviews. Dort spricht er über kreative Prozesse, Flakon-Design, herausfordernde Ingredienzen und verrät darüber hinaus, welche Kindheitserinnerung in Love Extreme weiterlebt.
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