Eau D’Aspiration und Eau D’Evolution von Gravel – Zwischen Streben und Entfaltung

Im letzten Teil zur neuen Transcendence Collection aus dem Hause Gravel möchte ich mich den Extraits de Parfum Eau D’Aspiration und Eau D’Evolution widmen. Vier Beiträge habe ich in dieser Woche zu der Linie und ihren Düften bereits veröffentlicht – darunter gleich zwei Interviews –, die ich Euch im Folgenden auch gerne auflisten möchte:

Gravel – Eau D’Aspiration

Eau D’Aspiration – vom Wünschen und Wollen

Mit Eau D’Aspiration widmet sich Gravel dem Streben, dem Wunsch, etwas zu erreichen. Es ist mehr als bloßes Wollen, sondern vielmehr ein innerer Antrieb, der uns vorantreibt, selbst wenn das Ziel noch unklar ist. Es ist eine Motivation, ein Impuls, eine stille Entschlossenheit. Dies klingt sehr theoretisch und doch hat es der Parfümeur Anton Jimmy Studer geschafft, ein Extrait de Parfum zu kreieren, das genau dieses Streben olfaktorisch ausdrückt.

Bei LUZI beschäftigt, arbeitet Anton Jimmy Studer nach dem Weniger-ist-mehr-Prinzip. Für Eau D’Aspiration vereinte er die Ingredienzien Tabak, Bergamotte, Davana, Moosbeere, Beeren, Osmanthus, Tonkabohne, Sand, Leder, Ingwer, Moschus, Tolubalsam, Mousse de Saxe und Ambra. Eine unglaublich spannende Mischung. Doch eine Ingredienz sticht für mich besonders heraus: Mousse de Saxe, ein Akkord mit Geschichte.

Mousse de Saxe wurde Anfang des 20. Jahrhunderts vom französischen Parfümeur Ernest Daltroff für das Haus Caron entwickelt und gilt bis heute als einer der bedeutendsten Duftakkorde der klassischen Parfümerie. Charakteristisch ist seine dunkle, moosig-pudrige Tiefe – oft getragen von Leder, Vanille, Veilchen, animalischen Noten und einer melancholisch anmutenden Eleganz. Heute wird er meist modern interpretiert, da einige der ursprünglichen Rohstoffe reguliert sind. Welche Facetten wird Mousse de Saxe wohl in Eau D’Aspiration einbringen? Vermutlich sorgt der Akkord für eine weiche, nostalgisch angehauchte Untermalung, die wunderbar mit Tonkabohne und Leder harmoniert. Eine Reminiszenz an die Parfumklassiker der Vergangenheit – eingebettet in eine klare, moderne Komposition.

Gravel – Eau D’Aspiration

Der Auftakt von Eau D’Aspiration wirkt auf mich frisch, erdig, torfig und aromatisch. Dabei ist er stets getragen von dieser hellen Leichtigkeit und Luftigkeit, die ich auch schon in Eau D’Ominance und Eau D’Esire wahrgenommen habe. Im weiteren Verlauf betritt zunächst die Tonkabohne die olfaktorische Bühne und sorgt für grünlich-heuartige Cumarinnuancen, denen vanillige Akzente innewohnen. Sanftes, weiches Wildleder fließt in die Komposition, begleitet von eben jenen Noten, die ich dem Mousse de Saxe zuschreiben würde. Weich, pudrig, samtig und herrlich warm, mit Facetten, die mich auch an herbe Kakaobohnen denken lassen. All dies jedoch sehr leicht, molekülig-fluffig und transparent umgesetzt, was mir ausgezeichnet gefällt.

Eau D’Aspiration von Gravel ist ein sanfter, pudrig-cremiger Duft, der die wunderbaren Noten der Tonkabohne mit geschmeidigem Leder und kuschelig-behaglichen Nuancen verbindet. Zwischendurch blitzen fruchtige Akzente auf, die eine gewisse Spannung verleihen. Für mich besitzt das Extrait de Parfum definitiv klassisch-nostalgische Züge, jedoch sehr modern umgesetzt. Präsent und gleichzeitig transparent, ein eleganter und verführerischer Duft, der absolut alltags- und bürotauglich ist. Richtig toll und so besonders!

Eau D’Evolution – Die Leichtigkeit des Wandels

Der Namensbestandteil Evolution mag manchen Gravel-Fan aufhorchen lassen. Denn es gibt bereits ein Eau de Parfum Evolution, das ebenfalls vom Parfümeur Maurus Bachmann stammt wie auch Eau D’Evolution. Und so kann man das Extrait de Parfum eventuell als eine Art Weiterentwicklung ansehen, denn auch die Duftnoten zeigen teilweise Übereinstimmungen: Bergamotte, Limette, rosa Pfeffer, Angelika (Engelwurz), Orangenblüte, Rose, Iris, Magnolie, Tuberose, Zedernholz, weißer Moschus, Ambra, Benzoeharz, Vanille und Tonkabohne. Thematisch soll sich die Kreation um die Evolution drehen, den „Prozess, bei dem sich die Eigenschaften und Charakteristika im Laufe der Zeit verbessern, neue Arten entstehen und andere verschwinden.“ Gleichzeitig soll das Extrait auch „den sonnenverwöhnten Glamour der goldenen Küste Kaliforniens“ einfangen.

Gravel - Eau D'Evolution

Mit zart-zitrischen und pudrig-aldehydigen Noten startet Eau D’Evolution in den Duftverlauf und bezaubert mit wunderbar weichen-behaglichen Facetten von sanften Zitrusfrüchten und cremigen, lieblich-fruchtigen Blüten. Sommerlich-sonnig und luftig ist das Extrait de Parfum. Die Noten von Tuberose und Orangenblüte, gerne mal üppig und opulent auftretend, sind wunderbar harmonisch eingesetzt und erhalten durch zarte, frische Rose und subtil-aquatische Magnolie Leichtigkeit und Transparenz. Sauberes Zedernholz vereint sich mit kristallinem Moschus und den süßen, gourmandig-würzigen Noten von Benzoeharz, Tonkabohne und Vanille zu einer wunderschönen, strahlenden Melange, in die man sich am liebsten fallenlassen möchte.

Eau D’Evolution von Gravel ist für mich ein unbeschwerter, sommerlicher und sonniger Dufttraum, den ich durchaus mit „der goldenen Küste Kaliforniens“ in Verbindung bringen kann. Ein Parfum wie ein lichtdurchfluteter Tag – heiter, elegant und voller Harmonie. Eine angenehme und wohlige Kreation für alle, die aldehydige Kompositionen mit einer gewissen moleküligen Pudrigkeit lieben, die gleichzeitig klassisch und modern wirkt. Eau D’Evolution ist ein Duft für all jene, die sich nach Leichtigkeit sehnen, ohne auf Raffinesse und Eleganz zu verzichten.

Neueste Kommentare

Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

Schreibe den ersten Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert