Unsere Themenwoche zu Les Sœurs de Noé geht weiter mit einer ersten Duftrezension der drei Kreationen Jardin de Macarons, Bohemian Absinthe und Amazing Jade. Am Dienstag durfte ich die sympathische Gründerin der Marke, Nadia Benaisa, interviewen (nachzulesen hier) und ich freue mich sehr nun auch ihre Düfte kennenzulernen und diese Euch vorstellen zu dürfen.
Beginnen möchten wir mit Jardin de Macarons, einem Duft, der den Gärten Versailles huldigt, um dann mit Bohemian Absinthe eine Zeitreise ins 19. Jahrhundert zu unternehmen, wo wir die beschwipsten Bohemiens besuchen. An- und abschließend widmen wir uns mit Amazing Jade den Karawanen der Seidenstraße, dank derer Handelsgüter den Weg von Asien bis in den Mittelmeerraum fanden.
Jardin de Macarons – Barockpflanze
Jardin de Macarons widmet sich ganz besonderen Gärten, nämlich jenen rund um das Schloss Versailles, die – neben dem Schloss selbst – überaus beeindruckend und sehenswert sind. Verantwortlich für die Gartenanlage war zu Zeiten des Sonnenkönigs Ludwig XIV. der Garten- und Landschaftsgestalter André Le Nôtre, der auch in den Pariser Tuilerien und dem Schloss Fontainebleau tätig war und bei der Erbauung des Schlosses Vaux-le-Vicomte des französischen Finanzministers mitarbeitete. Einer Anlage, die an Pracht und Prunk zu der damaligen Zeit alles übertraf und in jenen Tagen der neusten architektonischen und gartengestalterischen Mode entsprach.
Das opultente Schloss Vaux-le-Vicomte und dessen Gärten beeindruckten den Sonnenkönig derart, dass er den Finanzminister inhaftieren ließ, denn niemand durfte Ludwig XIV. an Prunk und Protz übertrumpfen. Außerdem hatte der Finanzminister Staatsgelder unterschlagen, was die Inhaftierung selbstredend begünstigte und notwendig machte. Die für die Gestaltung Vaux-le-Vicomtes verantwortlichen Architekten und Gartenplaner – darunter André Le Nôtre – beauftragte der Regent damit, das dazumal überschaubare Jagdschloss Versailles zu modernisieren und umzugestalten. Der Rest ist Geschichte und auch heute noch zieht es Jahr für Jahr unzählige Touristen zu dem prunkvollen Schloss Versailles mit den prächtigen Gärten vor den Toren von Paris.
Die Parfümeure Jérôme Epinette und Pierre Wulff kreierten Jardin de Macarons – die Hommage an die von André Le Nôtre entworfenen Barockgärten – aus den Duftnoten Schwarze Johannisbeere, Pflaume, Iris, Veilchen, Zucker, Patchouli und Palo Santo.
Wo Veilchen und Iris blühen
Den Auftakt von Jardin de Macarons bestimmen auf meiner Haut die dunklen Fruchtnoten von Schwarzer Johannisbeere und Pflaume. Insbesondere die Letztere nehme ich deutlich wahr, alsbald umpudert von sanft-cremiger Iris, der zart-erdige Nuancen innewohnen. Erwähnenswert ist, dass Jardin de Macarons auf dem Teststreifen im Auftakt deutlich nach flüssigem Klebstoff riecht, jenem Bastelutensil, das in meiner Kindheit noch eben jenen charakteristischen Duft besaß. Meine Haut dagegen zeigt diese Nuancen nicht, weshalb einmal wieder bewiesen wäre, dass eine epidermale Schnupperüberprüfung unabdingbar ist.
Das Veilchen lockert die Puderiris mit seinen zarten und transparenten Blütenfacetten ein wenig auf und verleiht der gerne mal etwas mattiert anmutenden Schwertlilie einen Hauch von Glanz, von Leichtigkeit und Luftigkeit. Im Hintergrund schillern nach wie vor die dunklen Fruchtnuancen des Auftakts. Subtile Rauchwölkchen spendet Palo Santo, das viel zu selten eingesetzte Räucherholz, während Patchouli vollkommen im Hintergrund bleibt. Trotz Zuckerzusatz – laut Duftnoten – offenbart sich in Jardin de Macarons keine überbordende Süße, sondern eine sanfte und zarte Lieblichkeit, die man auch den enthaltenen Blüten zuschreiben könnte.
Jardin de Macarons ist ein wunderschöner, hautnaher und entspannter Irisduft, der mit feinem Veilchen und einer bezaubernden Fruchtigkeit versetzt wurde. Freunde von pudrigen und cremigen Kompositionen dürften an dieser Kreation von Les Sœurs de Noé ihre Freude haben. Ein leichter, aber beständiger Duft, der absolut alltags- und bürotauglich ist.
Bohemian Absinthe – Der grüne Rausch
Die Bohemiens sind thematisch ein Dauerbrenner. Ob das freigeistige und unbeschwert anmutende Künstlerdasein, scheinbar so frei von Konventionen und Zwängen, wohl heute mitunter ein wenig neidvoll betrachtet wird? Wäre es manchmal nicht schön, in den Tag hineinzuleben und sich ganz der Muse – damals zumeist in Form von Hochprozentigem – hinzugeben? Bohemian Absinthe von Les Sœurs de Noé widmet sich dem In-Getränk des späten 19. Jahrhunderts, das in den Kreisen der intellektuellen Bohemiens so gerne konsumiert wurde – ausschließlich zu Zwecken der Inspiration natürlich. 😉
Wild muten die Ingredienzien an, die die Parfümeure Jérôme Epinette und Pierre Wulff für Bohemian Absinthe auswählten. Doch spiegelt vielleicht eben genau das die unkonventionelle und unabhängige Art der intellektuellen Künstlergruppe der Bohemiens wider: Kumquat, Eukalyptus, Apfel, Vetiver, Sandelholz und Leder sind die Zutaten dieser Hommage an die ästhetischen Freigeister des späten 19. Jahrhunderts.
Prosit und Prosa
Bohemian Absinthe startet mit herben, fast bitter anmutenden Kräuternoten, die waldig-erdige Züge und eine milde Kühle in sich tragen. Grün ist die Farbe der Kreation, wenn auch kein strahlendes Apfelgrün, welches man in Anbetracht der Duftnoten erwarten könnte. Nein, es ist ein eher dunkles, ein raues Grün, mit Ecken und Kanten versehen. Dezent rauchig und auch ein wenig an Nadelgehölz erinnernd. Unkonventionell, keine Frage.
Dabei wohnt dem Duft eine überraschende Leichtigkeit und Transparenz inne, sodass man niemals von dem herben Grün der Komposition erdrückt wird. Wie eine kühle, waldig-kräuterige Brise erfrischt Bohemian Absinthe, ist jedoch nicht raumfüllend, sondern eher hautnah. Nach und nach offenbaren sich im Hintergrund fruchtige Nuancen und – nennt mich verrückt oder nicht – meine ich eine grünliche Feigennote wahrzunehmen. Geht das nur mir so? Mit weichen und ledrig-cremigen Holznuancen klingt die Kreation schließlich ganz langsam aus.
Bohemian Absinthe ist ein Duft zum Nachdenken, keine gefällige Komposition – außer man bevorzugt per se eher herbe grünliche Düfte –, in die ich mich erst hineinriechen musste, bevor sie mich verzaubert hat. Doch gerade die Ecken und Kanten des Eau de Parfum machen es so besonders und spiegeln eben jene unkonventionelle, intellektuelle und unabhängige Art der Bohemiens gekonnt wider – ebenso wie den Duft deren Lieblingsgetränks. Mission erfüllt, würde ich sagen. Eine wunderschöne Kreation aus dem Hause Les Sœurs de Noé, die ich eher in der wärmeren Jahreszeit verorten würde. Ein Duft für Liebhaber, der sich in der Nische absolut wohlfühlt!
Amazing Jade – On the road again
Die Seidenstraße war die Handelsroute der Antike, über die Asien mit Europa verbunden wurde. Handelsgüter waren unter anderem die namensgebende Seide, ebenso wie Edelmetalle, Gewürze, Edelsteine und vieles mehr. Jade war eines dieser Handelsgüter, das über die Seidenstraße den Weg von China in den Mittelmeerraum fand.
Auch wenn namentlich die Jade explizit hervorgehoben wurde, inhaltlich offenbart Amazaing Jade aus dem Hause Les Sœurs de Noé auch andere Handelsgüter, die über die Seidenstraße transportiert worden sein dürften. Pistazie, Haselnuss, Weihrauch, Labdanum (Zistrose), Leder, Moschus und Adlerholz (Oud) wurden von Jérôme Epinette und Pierre Wulff für diese Kreation ausgewählt.
Hit the road, Jack!
Cremig, süßlich und grün strahlt mir die Pistazie entgegen, die den Auftakt von Amazing Jade bestimmt, gefolgt von dunkel anmutenden Adlerholzanklängen und rauchigen Weihrauchwölkchen. Labdanum verleiht der Kreation Tiefe und eine holzig-balsamische Süße, die sich mit den rauchig-harzigen Nuancen der Kreation vereint, die nach wie vor von einer hellen und watteweichen Cremigkeit untermalt ist.
Dabei bewahrt Amazing Jade eine sanfte und mineralisch angehauchte Kühle, die mich – in Kombination mit der nach wie vor gegebenen grünlichen Farbgebung – tatsächlich entfernt an Jade erinnert. Moschus bringt subtil seifige Saubernoten mit ins Duftgeschehen, das von hellem Wildleder abgerundet wird.
Amazing Jade ist würzig-harziger, sanft ledriger und orientalisch angehauchter Duft mit grünlicher Grundfärbung und köstlicher Pistaziennote. Wie auch die zwei Vorgänger heute sehr entspannt, ruhig und gelassen und vollkommen Büro- und alltagstauglich. Kein Orient-Krachmacher wie man annehmen könnte, sondern ein leiser, transparenter und distinguierter Duft, der sich langsam ins Herz schleicht, aber dann für immer dort verbleibt. 🙂
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