Eins, zwei, drei, vier …

Als Graf Zahl der Düfte werde ich mich heute hier austoben. Habe ich hier doch drei Pröbchen vor mir liegen, die heute rezensiert werden möchten und diese drei könnten unterschiedlicher nicht sein: shi_sõ von Nomenclature, Ensemble von Sospiro und L’Eau von Andy Tauer. Erkennt Ihr mein Problem? Als kleinsten gemeinsamen Nenner kann ich in bester Count Countscher Manier höchstens die Anzahl der Duftnoten ausmachen. shi_sõ besitzt fünf Ingredienzien, Ensemble sechs und der Tauer-Duft  … SIEBEN! Passenderweise donnert es im Augenblick gerade leise in der Ferne und ich fühle mich so früh am Morgen auch noch etwas blutleer. 😉

Beschwingt vom Zahlensong und meiner etwas nerdigen Vorgehensweise mache ich mich nun also an das duftende Werk. Selbstverständlich werden wir uns vom Duft mit den wenigsten Zutaten zu dem mit den meisten emporarbeiten. Aber das steht ja außer Frage, oder? 😉

Nomenclature – shi_sõ

Die ersten fünf Düfte von Nomenclature und Nomenclature selbst hat Euch Uli Anfang letzten Jahres bereits vorgestellt (nachzulesen hier und hier). Daher möchte ich mich bzgl. des Backgrounds des Parfumhauses auch recht kurz halten: Zwei Buddies aus New York machen zusammen Düfte. Von diesen Zweien kennt man zumindest einen schon von Aedes de Venustas. Karl Bradl, seines Zeichens Parfumdesigner, der aus Passau auszog, um (über Umwege) die amerikanische Duftwelt zu erobern. Der zweite im Bunde ist Carlos Quintero, seines Zeichens Renaissance-Designer, „was auch immer das heißen soll“ (wie Uli in ihrem Artikel so schön formulierte).

Die beiden haben sich rein synthetischen Düften verschrieben und so verwundert es kaum, dass das Hauptaugenmerk von shi_sõ auf einem Inhaltsstoff mit dem etwas sperrig klingenden Namen Glykolierral liegt. Ein Duftstoff, der den kühlen Duft eines zerstoßenen Efeublattes einfängt. Wie gut, dass sich durch unsere Gartenhecke eine Efeupflanze rankt, so konnte ich eben mal schnell den natürlichen Duft eines zerstoßenen Efeublattes nasal einfangen und bin bestens gewappnet für die kommende olfaktorische Verkostung.

Nomeclature – shi_sh?

Für die Umsetzung von shi_sõ erwählten sich Nomenclature keinen Geringeren als Bertrand Duchaufour, dessen Duftkunstwerke mich schon so oft verzaubert und begeistert haben. Ich erinnere mich freudig an Dzongkha, Timbuktu oder auch Fleur de Liane, die mich alle durch die Bank weg komplett vom Hocker gerissen haben. Letzterer ist übrigens ein Duftverwandter des heutigen Duftes, denn beide drehen sich um die Zahl, äh Farbe Grün. Für shi_sõ vereinte Duchaufour die fünf (!) Duftnoten Efeu, Kardamom, Pfefferminz, Verbena und Schwarze Johannisbeere.

Bei shi_sõ gilt die (nicht negativ gemeinte) Devise: You get, what you expect. Authentische kühl-grüne Efeunoten eröffnen den Duft, alsbald untermalt von würzig-grünem Kardamom. Verbena unterstützt das Duo durch zitrisch-grüne Frische und verleiht dem Duft zusätzliche Leichtigkeit. Zum grüngrüngrünen Blattgrünsträußlein mit Samenkapseldeko gesellt sich schließlich erfrischende und sehr natürliche Pfefferminze. Allein die Schwarze Johannisbeere vermisse ich im Duftgeschehen, aber vielleicht meinte Herr Duchaufour ja auch das Blattwerk des Ribislgewächses und nicht die Früchte … Klar ist auf jeden Fall, dass er mit shi_sõ die olfaktorische Duftbühne wieder so richtig rockt. Ich bin ausnahmslos begeistert von dieser Kreation, die einerseits so zurückhaltend, transparent und luftig-leicht ist, andererseits aber so ausdrucksstark, so natürlich und authentisch. Ein wunderschöner, frischer und saftiger Blattgründuft, der wie angegossen zur aktuellen Wetterlage passt. Ein Duchaufour vom Feinsten!

Sospiro – Ensemble

Nun zu einem ganz anderen Kaliber: Ensemble von Sospiro. Sospiro ist eine Marke aus dem Hause Xerjoff, in deren Düften das Beste aus Italien und dem Nahen Osten vereint werden soll. Der italienische Orientale enthält die sechs (!) Ingredienzien Bergamotte, Mandarine, Zitrone, Rosa Pfeffer, Tabak und Vanille.

„Eine sakrale Hymne – eine Melodie voller Leidenschaft!“ Ensemble ist eine Ode an Eros. Eros ist in der griechischen Mythologie der Gott der Liebe. In der römischen Mythologie entspricht ihm Amor, der oft mit Cupido (lat. Begierde) oder Cupidus gleichgesetzt wird. Und wie so oft, wenn Liebe und Leidenschaft im Spiel sind, sind es die Gegensätze, die sich anziehen. Gegensätze, die auch „Ensemble“ prägen, und die doch miteinander agieren und eine harmonische Komposition ergeben …

Sospiro – Ensemble

Die Bezeichnung italienischer Orientale passt wie die Faust aufs Auge. Schon von Beginn an verströmt Ensemble eine unglaubliche Wärme, Weichheit und Sinnlichkeit, die von Frische spendenden Zitrusnoten getragen und untermalt wird. Honigsüße Tabaknoten, hell und mild, erfüllen den Duft und vereinen sich mit Vanille zu einer köstlichen orientalischen Leckerei mit ambrierten Untertönen. Ensemble ist ein leichter Orientale, kein Haudraufduft wie man (ich) vielleicht erwartet hätte. Nein, es ist eine richtig schöne und warme Komposition, sehr harmonisch, komplex und langanhaltend. Ich bin mir sicher, dass dieser Duft viele Freunde finden wird. Daumen hoch! 🙂

Andy Tauer – L’Eau

Last, but not least, der Dritte im Bunde: das Wässerchen von Andy Tauer. Der kreative Schweizer, ein reiner Autodidakt, war hier im Dufttagebuch mit seinen Parfums schon oft zu Gast und begeisterte immer. Als Inspiration für L’Eau, das die sieben (!) Ingredienzien Bergamotte, Zitrone, Orange, Zitronenblüte, Iris, Hölzer und Ambra besitzt, diente ein Zitronenbaum. Doch lest selbst:

L’Eau wurde von einem Zitronenbaum inspiriert, der auf Andy Tauers Veranda in der frischen Morgenluft von Zürich blühte. Qualitativ hochwertigste Inhaltsstoffe kamen zum Einsatz, fein ausbalanciert und lang anhaltend: L’Eau von Tauer ist ein frisches Unisex-Eau-de-Parfum. L’Eau verbindet den natürlichen Zitrusakkord der italienischen Bergamotte, Zitrone und des Orangenöls mit frischen Zitronenblüten und schillernden Irisblüten. Helle moschuslastige Hölzer und Ambra heben den Duft empor.

Andy Tauer L'Eau

Erste Assoziation beim Schnuppern von L’Eau ist: Gelb. Ein fröhliches, frisches Sonnengelb lacht mir entgegen. Zarte Zitrusfruchtnoten eröffnen den Duft. Dabei hat die herbere Hesperidenfraktion um Bergamotte und Zitrone deutlich die Nase vorn. Eine dezente Orangenfruchtigkeit taucht erst im nächsten Entwicklungsschritt von L’Eau auf, begleitet von dem wunderschönen und cremigen Duft der Zitronenblüten. Diese bringen subtile Seifennoten mit ins duftende Spiel, während plötzlich – schwups – die leicht-lippenstiftige Iris um die Ecke kommt. Im Ausklang gesellen sich helle Holznoten und warme Ambranoten um das Zitronenbäumchen und runden es harmonisch ab. Ein wunderschönes Wasser mit dezenten Eau-de-Cologne-Anklängen zu Beginn, einem luftig-leichten und transparenten Weißblüheraroma im Herzen und einer kuscheligen Basis. Was will man mehr? Auch dieser Tauer vermag es wirklich zu begeistern. 🙂

Damit habe ich für heute genug er- und gezählt. 😉 Kennt Ihr die vorgestellten Düfte schon? Wie gefallen sie Euch und welcher ist Euer Favorit?

Liebe Grüße
Steffi

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Julia Biró Verfasst von:

Bereits 2010 gingen so einige Blogbeiträge auf mein Konto. Dann war ich „kurz“ weg – sechs Jahre. Umso mehr freut es mich, dass ich nun wieder die Chance bekomme, mein Näschen im Dienste der Duftrezension schnuppern zu lassen und eifrig in die Tasten zu hauen. Was Nischendüfte angeht, habe ich damals übrigens schnell Feuer gefangen. Meine Ausbildung tat dazu ihr Übriges: Als diplomierte Biologin kenne ich mich nicht nur mit Fauna und Flora, sondern auch recht gut mit der Herstellung von Ölen und Extrakten aus, was den Reiz der Parfumwelt natürlich noch größer macht.

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