Zwei weitere Duftträume von Dalí Haute Parfumerie …

schauen wir uns heute zusammen an, und zwar Fluidité du Temps Imaginaire und Regard Scintillant de Mille Beautés. Ein weiteres Dalí-Bild kann ich mir an dieser Stelle nicht verkneifen, vor allem da man selten Bilder von ihm sieht, als er noch jung war – man erkennt ihn aber sofort, findet Ihr nicht?

Carl Van Vechten [Public domain], via Wikimedia Commons
Fluidité du Temps Imaginaire macht heute den Anfang und zitiert eines der bekanntesten Symbole Dalís:

„Ein beliebtes Motiv der Dalíschen Ikonografie: Die Uhr ziert die Flasche und schmilzt mit sinnlicher Nonchalance. Alberto Morillas’ Hommage an das Schmuckstück von 1949 „The persistence of memory“, das mit Gold und Diamanten gefertigt wurde und das Fließen der Zeit darstellt.

Dieser wunderschöne peridotgrüne, leuchtende und sinnliche Duft stellt die Zeit in ständiger Bewegung dar, sie entflieht uns, so wie der Duft in völliger Harmonie über die Haut gleitet. Als Symbol der Einheit aus Zeit und Raum erhebt sich die Tuberose zum Himmel und vergräbt ihre Wurzeln tief in der Erde. Diese Blume, deren Form einem langen Federwisch mit kleinen weißen Glockenblüten gleicht, stammt aus Indien und wurde 1594 von einem spanischen Arzt nach Europa gebracht. Obwohl sie berauschend und betäubend sein kann, nimmt diese weiße Blüte eine frohe und feminine Rolle in dieser Kreation ein. Bergamotte verleiht ihr eine luftige Note, während Jasmin sie in Licht taucht. Eine indische Tuberose, die noch nie so leuchtend war, trifft auf eine holzige Note, die aus Sandelholz und Vanille komponiert wurde. Safran fügt dem Ganzen noch einige ledrige Akzente hinzu. Dieser sinnliche und verträumte letzte Akkord verleiht der Kreation einen finalen Hauch der Verführung, solange man sich erinnern will oder für alle Zeiten.“

© Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí, Figueres, 2014.

Die Ingredienzen: Kopfnote: Mandarine, Jasmin, Orangenblüte; Herznote: Hölzer, Tuberose, Safran; Basisnote: Bourbon-Vanille, Hölzer, Sandelholz, Patchouli.

Das Schmuckstück mit dem schönen Namen „Die Beständigkeit der Erinnerung“  ist gar nicht mal groß, aufgerundet haben wir es mit 8 x 7 x 2cm zu tun, 18 Karat Gold mit Diamanten verziert und einem Jaeger LeCoultre-Uhrwerk. Edler geht es nun wirklich nicht.

Auch wenn Erinnerung hier das Thema ist, das Schmuckstück erinnert mich nichtdestoweniger an die Schöpfungsgeschichte, da die Uhr, die ich hier als Frucht wahrnehme, selbstverständlich auch eine verbotene sein kann … Dazu passen die Weißblüher, Tuberose und Jasmin erwarten uns hier, ich bin sehr gespannt, wie Parfumeur Morillas diese umgesetzt hat.

Ohh, ohhh, soo verboten ist sie gar nicht, die Weißblüherfrucht, will sagen – auf den ersten Blick ist es keine männerfressende Femme Fatale, kein Duft, der „hier bin ich“ schreit und so exaltiert ist, dass es alle (Männer) mit der Angst bekommen. Lieblich und fruchtig ist er auf den ersten Metern, orangenfruchtig mit sanfter Nektarsüße, kommt man ihm dann näher, wartet ein Weilchen … dann merkt man schnell, dass dieses Weib nicht ohne ist 😉 Aber das hattet Ihr Euch wahrscheinlich schon gedacht bei den Ingredienzen. Einmal mehr fällt mir, wie gestern auch, ein Duft von Guerlain ein, Cruel Gardénia, ein Liebling von mir. Die Düfte sind komplett unterschiedlich, allein die Aussage ist eine ähnliche: Eine FSK-18-Blume, ein gefürchteter Weißblüher, der elegant und verhältnismäßig zahm verpackt wurde, auf den zweiten Blick allerdings eine wahnsinnige Sinnlichkeit verströmt und ungemein weiblich ist. So ist es auch mit  Fluidité du Temps Imaginaire: Vom Safran bekomme ich sowohl auf dem Teststreifen als auch auf meiner Haut nicht viel mit, der Duft trägt sich weich wie ein luxuriöses Kleidungsstück auf erlesen gecremter Haut, ein Abendkleid aus Seide vielleicht? In diese Richtung geht es für mich, und der Abend ist ein sommerlicher, zumindest aber ein warmer. Vanille cremt wunderschön und pudert verhalten, die herrlichen Blüten tragend, die allesamt ohne indolische Anklänge auskommen, dafür äußerst opulent vertreten sind. Trotzdem ist das duftende Geschehen perfekt ausbalanciert, Jasmin und Tuberose erdrücken nicht, ganz im Gegenteil, sie (um)schmeicheln, und das auf herausragend raffinierte Art und Weise. Ein wunderschönes olfaktorisches Schmuckstück, ein Meisterwerk – und damit für mich ein potentieller Kaufkandidat, dieses duftende Erinnerung muss in den Dauertest!

„Western Canada Fashion Week 2017 Spring – Edmonton“ by IQRemix (https://www.flickr.com/photos/iqremix/33830097202/in/album-72157682399053716/) via Flickr – CC BY-SA 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)

Regard Scintillant de Mille Beautés ist einem weiteren äußerst populären Symbol aus dem Werk von Salvador Dalí gewidmet:

„Ergriffen von der durchdringenden Kraft des Dalíschen Auges entschied sich Alberto Morillas, durch diese Kreation sowohl das Sehen als auch den Geist anzuregen. „The Eye of Time“ inspirierte zu dieser Flasche mit ihrem schillernden Blick, blendend durch unendliche Schönheit. Sie führt zu einem eleganten und geheimnisvollen sonnengeküssten Parfum, das den kostbaren und einzigartigen Duft einer anmutigen und edlen türkischen Rose verströmt, eingefangen von der magischen Hand des Parfümeurs.

Südamerikanisches Ambretteabsolue behauptet seinen Platz im Herzen des Duftes. Seltene und kostbare Ambrettesamen waren bei den königlichen Parfümeuren des 18. Jahrhunderts als „Moschussamen“ bekannt, denn ihr zarter Duft hatte auch eine sinnliche und intime Dimension. Raren Düften vorbehalten, werden Ambrettesamen zerstoßen und destilliert, um Ambrettebutter zu gewinnen, eine wachsartige Masse, die zu einem Absolue ausgewaschen wird, mit einem floralen, fruchtigen und moschusartigen Duft.

In einer fleischlichen Vereinigung treffen sich Erde und Holz in der Basis dieses einmaligen Dufts, um unsere Sicht auf die Welt in eine dauerhafte Verzauberung zu verwandeln.“

Die Ingredienzen: Kopfnote: Türkische Rose, Mandarine, Galbanum; Herznote: Weihrauch, Atlas-Zedernholz, Ambrettesamen; Basisnote: Moschus, Patchouli, Moos.

© Salvador Dalí, Fundació Gala-Salvador Dalí, Figueres, 2014.

Die Vorlage dazu, das Auge der Zeit, ist ebenfalls ein rares Meisterwerk: Fast schon winzig in seinen Maßen, die 4 x 6 x 2 cm gerundet betragen, ist das Schmuckstück aus Platin hergestellt und mit etlichen Diamanten verziert sowie einem Rubin. Das Auge selbst ist, ganz klar, eine Uhr mit emailliertem Ziffernblatt und Movado-Uhrwerk.

Regard Scintillant de Mille Beautés ist eine Rose, und wenn ich jetzt konstatiere, dass es eine wie keine ist, lüge ich nicht. Es gibt etliche Rosendüfte, darunter auch viele moderne und einige wirklich richtig tolle. Diese hier hat das Zeug zu einem Klassiker, denn sie ist wunderschön, klassisch als auch zeitlos und modern anmutend, darüber hinaus sinnlich, feminin, elegant und edel. Zuerst leuchtete mir das Blau nicht ein, dass ich in dem Bild wahrnehme, das dem Schmuckstück innewohnt – und doch, irgendwie … diese Rose hier ist zwar nicht aquatisch oder wahnsinnig kühl, aber eben auch nicht orientalisch opulent oder warm-würzig. Sie ist seidig und samtig, spielt mit der Haut, wirkt cremig und pudrig zugleich, kostbar rosig-frisch und gleichzeitig tief. Die Ingredienzen außer der anbetungswürdigen Rose sind schmückendes Beiwerk, sie illuminieren ihre Facetten, verstärken, vertiefen, verherrlichen. Ich kann wirklich nicht mehr aufhören, an meinem Handgelenk zu schnuppern, immerzu – und der Duft hat eine tolle Haltbarkeit und Sillage, man nimmt ihn noch nach einem Tag mehr als deutlich wahr.

„Lady in Red“ by Prayitno via Flickr (https://www.flickr.com/photos/prayitnophotography/11724638984/) – CC BY 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/)

Wer beispielsweise die Komplexität der (jüngeren im Sinne von: nicht ganz alten) Düfte von Amouage mag, deren Qualität zu schätzen weiß – der dürfte hier bestens bedient sein, wenn er einen Damenduft sucht. Regard Scintillant de Mille Beautés ist ein Traum und gefällt mir sogar noch besser als sein Vorgänger, obschon ich kein ausgewiesener Rosenfan bin. Ich denke aber, dass selbst Rosenzögerer eventuell hier einen Versuch wagen sollten.

Morgen folgen die letzten zwei Düfte der Kollektion von Dalí Haute Parfumerie – ich habe schon ein bisschen Angst um mein Portemonnaie 😉 … und Ihr? Spricht Euch einer der Düfte an bisher? Wie gefallen Euch die Flakons?

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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