INSPIRITV – unendlich und beseelt

Als ich für den Shop die INSPIRITV-Texte übersetzte war ich schon überaus neugierig, wie die Düfte denn riechen würden. Jetzt habe ich drei der bislang fünf Kreationen heute für Euch getestet. Heute stehen FORTITVDOTEMPERANTIA und IVSTITIA auf dem Programm. PRUDENTIA und LUX reiche ich dann nach, sobald ich die Proben habe.

INSPIRITV Logo

Luca Calvani 2007
Luca Calvani (von matteomerletto (Flickr) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons)

INSPIRITV – wer ist das?

Gegründet wurde die Marke von dem Italiener Luca Calvani, der sich als Model verdingte, um schließlich auch bei Sex and the City mitzuspielen. 2014 lancierte er zusammen mit seiner langjährigen Freundin Olivia Mariotti die Nobelduft- und Kerzenmarke INSPIRITV. Olivia wiederum ist Mitgründerin der preisgekrönten Mode- und Luxusmarken-Agentur REM Ruini e Mariotti, die bereits für Valentino Werbekampagnen durchführte. Sie absolvierte Karrierestationen bei Fendi und Bulgari und begründete das Fünf-Sterne-Hotel DOM in Rom mit.

INSPIRITV – das Konzept

So wie wir durchs Leben gehen, blockiert das Übermaß an Informationen langsam unsere Seele. Eine Vielzahl an Reizen macht uns taub, blind und verdunkelt unseren Geist. Aber tief innen gibt es einen Ort, an dem wir schöpferisch sind, wo wir wahrhaft zuhören können. In der Stille zwischen unseren Gedanken, im Raum zwischen unseren Gefühlen und in den Lücken unserer Angst erleben wir das Sein. Und genau dort ist es, im Stillsein, dort leuchtet das Licht und wir entdecken, dass wir unendlich und beseelt sind. […]

INSPIRITV ehrt die spirituelle Reise einer jeden Seele.

Diese Duftlinie enthüllt unsere instinktiven und schöpferischen Sinne und verwandelt sie in ein machtvolles Instrument unserer inneren Entdeckungsreise.

Es gibt fünf Pfade, die zur selben Quelle der Erleuchtung und Achtsamkeit führen. Sie gründen im Konzept der Spiritualität und Schönheit, das jenseits von Glaubensbekenntnissen, Religionen und Kulturen liegt. Die Düfte sind eng mit den Tugenden verknüpft, die sie inspirierten, sie stehen für Kernelemente der menschlichen Erfahrung: Klarheit, Bewusstsein, Widerstandsfähigkeit und Willenskraft. Indem wir sie jeden Tag tragen oder sie als Essenzen durch unser Zuhause strömen, werden wir daran erinnert, warum wir existieren.

FORTITVDO – TAPFERKEIT

Wer sich einmal mit dem Mittelalter beschäftigt hat, wird diese Begriffe als die Kardinaltugenden und die Ideale der Ritterlichkeit wiedererkennen. Wikipedia, ich zitiere:

Marcus Tullius Cicero, der sich hier auf ein nicht erhaltenes Werk des Stoikers Panaitios stützte, vertrat die Lehre von den vier Haupttugenden. Er machte die römische Welt mit ihr vertraut. In seiner Schrift De officiis (Über die Pflichten) nennt und erörtert er die vier Tugenden:

  • Gerechtigkeit (iustitia),
  • Mäßigung (temperantia),
  • Tapferkeit und Hochsinn (fortitudo, magnitudo animi bzw. virtus) und
  • Weisheit oder Klugheit (sapientia bzw. prudentia).

Wie riecht nun Tapferkeit, frei nach Churchill nach Blut, Schweiß und Tränen? Hoffentlich nicht! 😀

FORTITVDO/TAPFERKEIT ist eine Tugend, die die Seele erhebt und die den Löwen im Zeichen trägt. Präsenz, Mut und Glaube werden in dem Bestreben, tapfer zu sein, miteinander vereint. Die Tugend der Tapferkeit bleibt auch bei Widrigkeiten standhaft; stark und unbesiegt im Angesicht von Müdigkeit, Furcht und Feigheit. Tapferkeit ist etwas für jene, die ihr wahres Ich voll ausschöpfen wollen.

Passt Tapferkeit eigentlich noch in die heutige Zeit? Auch wenn der Begriff sicherlich einen militärischen Ursprung haben dürfte, ist er auch im zivilen Bereich sinnvoll. Im Angesicht von Widrigkeiten einen kühlen Kopf bewahren, nicht jammern (das fällt uns Deutschen besonders schwer), aktiv das eigene Schicksal in die Hand nehmen statt von anderen Lösungen zu erwarten. Auch einmal etwas riskieren, das Scheitern wagen. Für mich in jedem Fall ein Ideal, dem ich mich verpflichtet sehe und das sicher nicht leicht zu erreichen ist.

FORTITUDO duftet entschieden männlich. Zu Beginn große Begeisterung bei mir wegen einer wunderbaren ledrige Safrannote, doch dann wird es holzig. Vor allem macht sich Sandelholz breit und ich kann mich nicht dagegen wehren. Bei Sandelholz blinkt bei mir „Opas Rasierwasser“. So schön und harmonisch der Rest auch konstruiert wurde, für mich riecht die ganze Geschichte einfach altbacken. Wer Sandelholz liebt und vor allem auch in Verbindung mit den nachfolgenden animalischen Moschusnoten, der wird mich einen Ignoranten schimpfen und voll auf seine Kosten kommen.

 

Die Duftkomposition
Kopfnote: Safran, Akazienblüte, Veilchen, Himbeere
Herznote: Zedernholz, Guajakholz, Sandelholz, Tonkabohne, Patchouli
Basisnote: Vetiver, Labdanum (Zistrose), Animalische Noten, Weißer Moschus, Vanille, Elemiharz, Weihrauch

TEMPERANTIA – MÄSSIGUNG

Mäßigung – TEMPERANTIA – das klingt zuerst einmal nach Spaßbremse – nach früh ins Bett und früh aufstehen. Grundsätzlich wissen wir aber auch, dass es vermutlich besser ist, sich in vielen Situationen im Zaum zu halten. Nicht bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit aus dem Hemd zu knallen, eine ganze Kiste Wein zu trinken, alles zu sagen, was man denkt, oder etwas zu sagen, bevor man gedacht hat.

„Wo die Mäßigung die Balance der Willenskraft über den Instinkt behaupten kann, erfährt man durch sie erfüllende Augenblicke der Freiheit.“ – Ein interessanter Gedanke, wie ich finde, dass Freiheit auch die Emanzipation von den eigenen Trieben bedeuten kann.

Maß halten oder die Maß halten, das ist hier die Frage. Auf Malz und Hopfen wurde verzichtet, umso mehr erfreut meine Nase ein frisches Ensemble aus Pfeffer, Ingwer, Zitrusnoten und Eukalyptus. Schon bald sickern blumige Noten ein, Maiglöckchen, Veilchen, ohne aber schwer zu werden. Auf meiner Haut kommen die zitrischen und hellen Seiten des Weihrauchs schließlich zur Geltung.

Die Duftkomposition
Kopfnote: Ingwer, Schwarzer Pfeffer, Bergamotte, Orange, Pfeffer, Grapefruit, Eukalyptus, Karottensamen
Herznote: Maiglöckchen, Jasmin, Türkische Rose, Veilchen, Texas-Zedernholz, Guajakholz
Basisnote: Weißer Moschus, Bourbon-Vanille, Weihrauch, Rosa Pfeffer, Elemiharz

Inwiefern passt dieser Duft zur Mäßigung. Hier ist nichts Schwülstiges, keine ganz großen Gefühle, Versuchungen, Leidenschaften, eher ein besonnener Genuss, der nicht den Exzess sucht. Gefällt mir ausgesprochen gut.

IVSTITIA – GERECHTIGKEIT

Die Iustitia ist vor allem als Dame bekannt, die mit verbundenen Augen eine Waagschale hält, aber sie ist eben auch eine Kardinaltugend. Gerechtigkeit ist natürlich ein großes Wort und wird gerade im Wahlkampf wieder hervorgekramt.

IVSTITIA/GERECHTIGKEIT ist die Tugend jener, die von Wahrheit, Vernunft und Anstand geleitet werden. Diejenigen, die sie besitzen, geben, was sie sich, anderen und dem Universum schulden. Gerechtigkeit ist ein Schlüsselelement der Weisheit, eine alte Tugend, denn alles, was in der Natur ist, ist gerecht.“

Die Duftkomposition
Kopfnote: Orange, Fenchel, Dill, Maritime Noten, Elemiharz
Herznote: Texas-Zedernholz, Sandelholz, Amyris, Muskatnuss
Basisnote: Weißer Moschus, Ambra, Weihrauch, Patchouli, Bourbon-Vanille

Zuerst sind da einmal zitrisch-fruchtige Noten, Kräuter und ein maritimer Iod-Meeresduft. Danach geht es trocken-holzig weiter, die maritimen Noten bleiben und erinnern mich ein wenig an Sel Marin. Mit der Gerechtigkeit ist es nicht immer einfach, gerade wenn man die verschiedensten Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigen muss. Auch steht die Waage der Iustitia gerne einmal schräg, um dem Grundsatz in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten) Rechnung zu tragen. Hier hätte ich mir bei diesem modernen und zeitgemäßen maritimen Duft vielleicht einen Hauch mehr Komplexität gewünscht. Mit verbundenen Augen riecht man sicher besser, liebe Iustitia, aber vielleicht wirfst du nächstes Mal noch ein paar Ingredienzen mehr in die Waagschale.

Fazit zu INSPIRITV

Mir gefallen die Düfte überwiegend sehr gut und ich bin auf die verbliebenen beiden noch gespannt.

Liebe Grüße
Harmen

 

Neueste Kommentare

Harmen Biró Verfasst von:

Hallo, ich heiße Harmen, war bis vor Kurzem irgendwas­unddreißig und habe immer die Nase im Wind, um Duftschätze für Euch zu finden und hier vorzustellen. Selbst bevorzuge ich feine Lederdüfte oder Gewürzkompositionen, ohne mich da aber festzulegen. Warum auch? Es gibt ständig so viel Neues in der Welt der Düfte zu entdecken. → BIRÓ

Ein Kommentar

  1. Avatar photo
    Ulrike Knöll
    30. Mai 2017
    Antworten

    „Wo die Mäßigung die Balance der Willenskraft über den Instinkt behaupten kann, erfährt man durch sie erfüllende Augenblicke der Freiheit.“

    Lieber Harmen,

    an dieser Stelle komme ich nicht umhin, den Bildungsproleten raushängen zu lassen und empfehle Dir erneut, wie früher schon einmal, den guten alten Kant mit seiner nicht allzu langen Schrift „Über Pädagogik“, die es natürlich auch online gibt: http://www.deutschestextarchiv.de/book/view/kant_paedagogik_1803?p=11
    oder auch hier, besser lesbar: http://www2.ibw.uni-heidelberg.de/~gerstner/V-Kant_Ueber_Paedagogik.pdf
    Leider wird der Text nur sporadisch neu aufgelegt, wieso auch – die Biographie von Bohlen oder Klum läuft sicherlich besser ….

    Nichtsdestoweniger ist diese kurze Schrift eines der beeindruckendsten Werke über Erziehung, über „Menschwerdung“.

    Kant leitet mit folgendem Satz ein: „Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das erzogen werden muß. Unter der Erziehung nämlich verstehen wir die Wartung (Verpflegung, Unterhaltung), Disziplin (Zucht) und Unterweisung nebst der Bildung.“

    Er versteht darunter:
    – Wartung = elterliche Fürsorge, Abhalten von Gefahren, Ernähren, Grundbedürfnisse der Existenz sichern
    – Disziplin/Zucht = „Disziplinieren heißt, suchen zu verhüten, daß die Tierheit nicht
    der Menschheit in dem einzelnen sowohl als gesellschaftlichen Menschen zum Schaden gereiche. Disziplin ist also bloß Bezähmung der Wildheit.“ Eine „negative“ Angelegenheit (im Sinne von „frei machen von“) – die Unterwerfung unter Gesetze (nicht unbedingt nur staatlich verfasste), die im Rahmen eines gesellschaftlichem Leben unabdingbar sind, sowie das Wecken der Vernunft(tätigkeit) < ---> im Gegensatz zum „wilden“ Menschen, der sich an seine Freiheit so sehr gewöhnt, dass er weder vernünftig handelt noch rücksichtsvoll (die Freiheit anderer nicht einschränkt)

    Darauf folgt der „positive“ Anteil der Erziehung (das Ausbilden, Wecken von …), Unterweisung und Bildung:
    – Kultivierung = Unterweisung in Geschicklichkeit; „Kultur begreift unter sich die Belehrung und die Unterweisung. Sie ist die Verschaffung der Geschicklichkeit. Diese ist der Besitz eines Vermögens, welches zu allen beliebigen Zwecken zureichend ist. Sie bestimmt also gar keine Zwecke, sondern überläßt das nachher den Umständen.“ Hierzu gehört z.B. das Schreiben, Rechnen, Lesen, handwerkliche Fertigkeiten etc.
    – Zivilisierung = das Klugwerden bzw. -sein, das geweckt werden soll, genauso wie das Erlernen der kulturell und zeitlich abhängigen Gepflogenheiten (Manieren etc.)
    – Moralisierung = „Der Mensch soll nicht bloß zu allerlei Zwecken geschickt sein, sondern auch die Gesinnung bekommen, daß er nur lauter gute Zwecke
    erwähle. Gute Zwecke sind diejenigen, die notwendigerweise von jedermann gebilligt werden und die auch zu gleicher Zeit jedermanns Zwecke sein können.“ – das erinnert natürlich an den kategorischen Imperativ („Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Oder auch im Volksmund: „Was Du nicht willst, das man Dir tu …“)

    Der allerwichtigste Punkt für Kant: „Der Mensch kann entweder bloß dressiert, abgerichtet, mechanisch unterwiesen oder wirklich aufgeklärt werden. […]
    Mit dem Dressieren aber ist es noch nicht ausgerichtet, sondern es kommt vorzüglich darauf an, daß Kinder DENKEN lernen. “

    Denken lernen als Haupterziehungsziel. Und, als oberste Stufe der Erziehung bzw. Abschluss einer gelungenen ebensolchen, als höchstes Erreichbares: Die Moralisierung im Sinne einer Einsicht und einem Glauben an „das Gute“ sowie dem demgemäßen Handeln. Einer Einsicht, dass eine Selbstgesetzgebung und somit Mäßigung, Abstriche machen zugunsten (der Freiheit) der Anderen, notwendig ist, dass eine bewusste Entscheidung für die Einschränkung der eigenen Freiheit eigentliche Freiheit bedeutet – wow. Wenn das mal nicht aktuell ist.

    Und da wären wir dann auch schon wieder bei Kants „Was ist Aufklärung?“ – kurz, aber von einer absoluten und unabweisbaren Aktualität –> http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3505/1

    So, jetzt bin ich durch mit meinem Exkurs, habe die Schrift einmal wieder und einmal mehr genossen und mich an ihr erfreut. Die Pröbchen werde ich selbstverständlich auch testen – und im Gegensatz zu Dir kann ich mich ganz bestimmt auch an „Opas Rasierwasser“ mit Sandelholz erfreuen, zumal so etwas auch ganz vorzüglich in hippe Barbershops passen würde 😉

    Liebe Grüße,

    Uli

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