„Writings in the Dark“ heißt das zweite Duftkapitel …

… von Simone Andreoli, stellt insofern die zweite Unterkategorie seiner Duftkollektion dar:

„These are scents conceived during nights of introspection and sleepless wakefulness. Inspirations originating from smoke and rum, permeating clothes with strong aromas. Nights of excess and perdition, of candles lightened by wrinkled blankets and, at the same time, of reflection and inner quietness. Their minimalist structure hides the sophisticated notes from paper and unveils them only to the skin, obscured diary of experiences that radiate the environment with ponderous, seducing and erotic notes.“

Sentosa und Camouflage heißen die beiden Düfte, die zu den Schriften in der Dunkelheit gehören.

Zu Sentosa gibt es eine ganze Menge Buchstaben: „Stop over at Singapore. Warm and erotic diffuses on the skin the sensuality of Ambergris which brings me once again to that passion night“ – das ist die Kurzzusammenfassung. Es gibt aber auch noch eine lange Duftbeschreibung:

sentosa_packaging_profumo„The gaze of dusk and the charm of one night, reminding of two lovers’ taste, hidden by hot reflexes of love and by irreverent provocations.

An abstract conscience, enthralled by essences and odours of a beauty that leads me to loose reason, step by step, up to the door of my suite.

Since that night, still persists over my skin a perfume I live and I listen to; it speaks of seduction, while, from my room’s glass I am admiring nocturnal Singapore.“

Und natürlich – der Tagebucheintrag zu Sentosa:

sentosa_profumo„It began in the looks of those crimson faded lights which were looking for my eyes, like they were calling my name with a slow and warm whisper.

Then my sight became smell, twisting my perception of apparent consciousness drowned underneath an erotic scent of amber.

I left my awareness in the hall in order to follow that charming scent that, step by step, dragged my being before her suite to meet her lips in a kiss.

I remember an untidy bed and lighted candles that burned our intimate night of passion and pleasure. I stand by myself to commemorate our fleeting moment that endures inside thy perfume over these sheets, on my skin, deep inside me. I stay at your disposal for any other needs and I look forward to receive your gorgeous updating.“

Mich erinnert diese Beschreibung ein wenig an Jean-Philippe Touissants Roman „Sich lieben“, dem laut Focus „feinziselierten Psychogramm einer Entliebung“, der in Tokio spielt und das letzte Aufbäumen der schwindenden, aber ehemals großen und alles verzehrenden Liebe zwischen Marie und dem namenlosen Ich-Erzähler. Hier findet Ihr eine in meinen Augen sehr treffende Rezension. Ok, Tokio und nicht Singapur – nichtsdestoweniger, ich lese bei Sentosa eine gewisse Melancholie heraus, die mich an jenen Roman erinnert. Und musste natürlich gleich nach einer Videoaufnahme des nächtlichen Singapurs schauen – et voilà:

Was beschreibt Andreoli hier – eine Zufallsbekanntschaft oder ist es vielleicht … eine alte Amour Fou, die erneut aufgeflammt ist? Eine Momentaufnahme, die Fragen aufwirft, Fragen nach der Zukunft, die es gibt … oder vielleicht auch nicht? Wenn wir ein wenig indiskret sein möchten auch Fragen nach dem „Wahrheitsgehalt“ dieser Geschichte?

Die Zutaten derselben: Kopfnote: Labdanum (Zistrose), Vanille, Ambra, Zedernholz, Sandelholz.

In jedem Fall, meine Lieben, ist es kein „dunkler Duft“, obgleich er augenscheinlich aus Nachtgedanken geboren wurde. Sentosa ist zart und sinnlich, wobei nicht klar wird, ob es eine Erinnerung ist, die letzten leisen Spuren einer großen Leidenschaft oder der Beginn, das sachte Aufkeimen einer solchen. Die Mischung ist einfach, aber wirkungsvoll: Labdanumharz und Vanille, warm, würzig und weich, cremig und, ja, erotisch, der Süße des Augenblicks einen Moment harziger Herbheit entgegensetzend. Amba funkelt, den Gedanken an Ewigkeit, vielleicht auch den Wunsch danach verströmend in ihrer majestätischen Wärme. Und Hölzer, beschützend und markant.

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Sentosa ist ein ausgesprochen sinnlicher Duft, der mehr Aura als Parfum, lockt und betört – und zwar auf jeder Haut, unabhängig vom Geschlecht des Trägers 😉

Camouflage ist unser zweiter Kandidat:

camouflage_packaging_profumo„In the midst of childhood memories and ancient Arabic scents, I find refuge in thoughts, leading me to my heart of hearts that speaks to me and tells of Whom I was.

Then, among turbid reflections and past reminiscences, I spot a light which filters and warms me up. Here my journey resumes and my path continues through the streets of Dubai and the ways of my being.“

Der Tagebucheintrag zu Camouflage:

camouflage_profumo„Night falls, my room is left stark and I get dressed with memories which guide my steps among Dubai’s roads.

Gloom’s visage upon me. Mine the face, mine this mask of odours, extract of thoughts which opens the door of my inner archive. In my stopping, I do not halt; I observe and seek; I, nomadic citizen of my wandering, errant trace of far away destinations.

Cities and deserts, palaces and sand, smoke raises and delights my memories of frankincense which brings my childhood back to the street of this middle-eastern market.

Ablaze with the heat of these fading photographs, I linger suspended in the past and I surrender to the voice of vesper, an awaited reflex which has elected to take me so far from home, leading me closer to my heart.“

Diesmal sind wir also in Dubai gelandet – und das mit folgenden olfaktorischen Ingredienzen:  Rose, Moschus, Adlerholz (Oud), Ebenholz, Sandelholz, Weihrauch. Zu Dubai könnte uns jetzt Andreas Wilhelm einiges erzählen, auf dessen Züricher Vortrag ich neulich hier aufmerksam gemacht hatte – er hat lange Zeit in Dubai gearbeitet. So müssen wir uns jetzt aber mit ein paar visuellen Impressionen begnügen:

Minimalismus – Andreoli hat es bereits selbst angesprochen. Minimalismus ist Thema seiner Writings in the Dark, insofern erwartet uns mit Camouflage kein klassischer Orientale, kein üppiger Oudgeselle und kein ausladend florientalisches Tableau. Eine Rose, kühn und kühl, von Weihrauch markant, aber dennoch elegant eingehüllt. Wir haben es hier eher mit einer Weihrauchrose, einer hellen und klaren, zu tun, als mit einer Oudrose oder einer Düster(oud)rose. Insofern wird Camouflage Fans von Düften wie LeLabos Rose 31 (die ja eher ein Gewürzling ist) oder Eau d’Italies Paestum Rose (der dunklen Schwester, die aber eine ähnliche Strahlkraft hat) gefallen.

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Habt Ihr schon etwas von Simone Andreoli getestet?

Viele liebe Grüße,

Eure Ulrike

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Ulrike Knöll Verfasst von:

Meine Liebe gilt seit jeher dem Ästhetischen: Mir geht das Herz auf bei jeglichen Dingen, die durch Form, Funktionalität, Design und Herzblut zu überzeugen wissen. Und wenn dann noch ein Quäntchen Historie dazu kommt, ist es meist ganz um mich geschehen … Ich bin der Nischenparfümerie mit Haut und Haaren verfallen und immer auf der Suche nach dem – oder vielmehr: einem – neuen heiligen Gral. Diese Suche sowie mein ganzes Interesse und meine Begeisterung möchte ich gerne mit Euch teilen!

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