heißt es heute: Welcher Duft, welche Marke macht den Auftakt zum neuen Jahr? Ich konnte mich nicht entscheiden und habe mir deshalb drei Neuankömmlinge aus meinem allerletzten Probenpaket herausgegriffen, die mich ganz besonders interessieren – Parfums MDCI Les Indes Galantes, Agonist Blue North und Cerchi Nell’Acqua Olea Fragrans.
Wie habt Ihr es denn angehen lassen, das neue Jahr? Ich für meinen Teil – ruhig. Und entspannt. Zu zweit – und zwar mit meinem nicht mehr ganz so neuen Nachbarn, der gerade Strohwitwer ist. Weil er deshalb gerade (mehr) Zeit hat, hat er mir das schönste Weihnachtsgeschenk überhaupt gemacht: Mir dabei geholfen, meine Abstellkammern aka Gästezimmer aka Ankleide zu renovieren, neuen Boden zu legen und, haltet Euch fest, mir ein Schuhregal gebaut, ein maßgeschneidertes. Ich habe zwar laut ihm, der aus dem schönen Pott kommt, „ein‘ am Kopp“, aber er hat es trotzdem in Angriff genommen und meine (An)Sammlung hat jetzt ein neues, ganz wundervolles Zuhause. Einziger Haken: Ich darf ein Jahr lang keine neuen Schuhe mehr kaufen – versprochen ist versprochen. Fällt zugegebenermaßen schwer, aber vielleicht kann ich ja mit neuen Düften kompensieren? Mal schauen, ob heute ein Must-have mit dabei ist …
Les Indes Galantes ist eine Kreation von Cécile Zarokian, jenem aufstrebenden Stern am Parfumeurshimmel, und ist der zweite Duft, den MDCI einer Oper widmen, genauer gesagt einer Ballettoper, die gleich vier Liebesgeschichten erzählt:
„Les Indes Galantes bezieht sich auf ein sogenanntes Ballet heroïque, eine Ballettoper aus dem 18. Jahrhundert des französischen Komponisten Jean-Philippe Rameau.
Dieser Duft repräsentiert die zweite Station einer langen Duftreise um die Welt, die in Japan mit dem Duft Cio Cio San begann, basierend auf Giacomo Puccinis Oper „Madama Butterfly“.
Les Indes Galantes ist eine opernhafte und duftende Liebesgeschichte, die uns auf eine abenteuerliche Reise zu exotischen Orten rund um die Welt mitnimmt. Wir besuchen das Osmanische Reich, die geheimnisvolle Welt der Inkas und Konquistadoren Perus, werden Zeuge einer Liebe und Intrige im Sande Persiens und besuchen schließlich die Neue Welt, wo wir Zima treffen, die schöne Tochter des Indianerhäuptlings.“
Hat jemand von Euch schon einmal eine Ballettoper gesehen? Mutet auf den ersten Blick irgendwie seltsam an, so zumindest empfinde ich es. Auf den zweiten Blick hat es schon wieder etwas, durchaus vertiefenswert. In jedem Fall habe ich Euch oben natürlich den Part mit Zima, der Indianertochter herausgepickt aus dem vierten und letzten Aufzug.
Die kleine Zeichnung, die Ihr hier seht, ist von Jean-Baptiste Martin und zeigt ein Kostüm der Oper. Kommen wir nun zu den Ingredienzen: Kopfnote: Bergamotte, Orange, Mandel, Johannisbeere; Herznote: Koriander, Zimt, Gewürznelke, Geranium; Basisnote: Vanille, Gourmand-Noten, Leder, Weihrauch, Benzoeharz, Labdanum (Zistrose).
Ein bisschen zu spät – für Weihnachten. Aber immer noch perfekt – für den Winter, der uns, ich bin mir sicher, noch beehren wird. Ein Gourmand – aber einer für Erwachsene, ganz klar. Zu reif, zu vollendet, zu komplex, zu elegant und zu subtil ist diese Komposition, um als quietschig-vordergründiger Teeny-Duft zu fungieren. Und, mal ehrlich – das hätte man ja auch nicht erwartet von MDCI, deren Messlatte hinsichtlich der Qualität ihrer Düfte sehr hoch liegt. Les Indes Galantes schafft es spielend, sich mit seinen Vorgängern in eine Reihe zu messen. Der Fokus des Duftes liegt auf der Vanille, die eingebettet ist in einen kunterbunten Reigen von Köstlichkeiten: Sachte Anklänge von reif-süßen Orangen, Marzipan und Zimtschärfe, ein Quentchen ledrige Entschlossenheit, die gleichermaßen mild sich zeigt dank souverän wirkendem Wildleder. In Weihrauchnebel gewandet und von süßer Harzwärme kokett umschwärmt, pudrig in sich ruhend – oh ja, Les Indes Galantes wird einige Herzen da draußen zum Hüpfen bringen!
Agonists Blue North ist, ganz klar, eine Liebeserklärung an den hohen Norden, an Schweden, vermutlich an ganz Skandinavien:
„Ein frischer Duft und eine anregende Hommage an das Geheimnis und die Schönheit des kühlen Nordens. Ein sinnliche Reise, die Sie in den weiten blauen Himmel entführt, in die frostige Natur – als würden Sie, wie die Nordländer, bei offenem Fenster unter einer dicken Federdecke schlafen, die den Körper warm und die Gedanken frisch hält. Mit einer kühlen Brise, die im Morgengrauen Ihre Sinne weckt, Sie berührt und mit einer Umarmung von Blue North gleich wieder entschwindet.
Die Duftpyramide von Blue North wurde von der Hoffnung, Sehnsucht und dem Licht inspiriert. Die anspruchsvolle Komposition mit ihrer Basis aus Zeder und Sandelholz, einem Herzen aus Iris, Minze und frischem Ingwer beginnt mit einer fesselnden Kopfnote aus Kardamom, Rosmarin und Grüne Minze.“
Ok … Harmen ist Doktor der Skandinavistik – seine Leidenschaft für diese Länder dürfte ganz klar auf der Hand liegen. Ich für meinen Teil war einmal in Schweden, vor circa zwanzig Jahren. Und würde so gerne einmal wieder dorthin, nach Schweden, oder einmal Norwegen, gerne auch mit dem Postschiff, Finnland … Blue North lässt diesen Wunsch wieder präsent werden – ganz abgesehen davon, dass ich spontan und ziemlich heftig verliebt bin. Was ist das nur für ein schöner Duft?!?! Eine Iris, eine kühle, majestätische Schöne, distanziert, und deshalb noch reizvoller, als sie es ohnehin schon wäre. Diese Wunderbare trifft die frische Süße von Pfefferminze, von eigenartig-beeindruckender Ingwerherbheit geküsst. Zedernholz, sauber, ernsthaft, klar und minimalistisch, ein grün-krautiger Hauch, subtil im Hintergrund wabernd. Und irgendwo dazwischen, zumindest auf meiner Haut – Leder, durchbrochen von einem trocken-rauchig-holzigen Glanz, harzgetränkt, gleichermaßen süß-warm wie erfrischend und kühl. Blue North ist ein Traum – und bald meiner!
Dazu fallen mir doch glatt noch ein paar Lieblingsschweden ein – Christian Kjellvander zum Beispiel:
Oder auch Emilliana Torrini, zu Zeiten, als ihr Herz noch nicht wie eine Dschungeltrommel bebte:
Ob Olea Fragrans da mithalten kann? Ja, kann er – ich glaube es nicht! Zwei Volltreffer heute, das endet böse für mein Portemonnaie, ich sehe es schon kommen …
Die Noten – Kopfnote: Zitrische Noten, Grüne Noten; Herznote: Veilchen, Maiglöckchen, Nelke; Basisnote: Heliotrop, Osmanthus, Sandelholz, Moschus.
… und irgendwie könnt Ihr die getrost umgehend wieder vergessen, denn sie sind wenig aussagekräftig, zumindest für mein Empfinden. Was mir da von meinem Handgelenk entgegensteigt ist unglaublich kraftvoll, ein in voller (!) Blüte stehender Garten, nein, enger, ein Busch oder auch Strauch, vielleicht ein kleiner Baum? Ich rieche hier weniger Osmanthus als vielmehr … Flieder, Anmutungen von Flieder, von satten Pfefferkörnchen kontrastiert, samt einem cremigen Veilchen, meiner Haut auf das herrlichste schmeichelnd. Ein paar zitrische Sternchen beleuchten und schaffen Balance, während samt-würziges Sandelholz hin und wieder sacht hindurchstrahlt und Sonnenwärme stiftet. Maiglöckchen schafft hier überaus modern saubere und seifige Anklänge, die den Duft in all seiner Opulenz frisch und leuchtend erscheinen lässt. Ganz klar – ein heißer Anwärter für das Frühjahr und die ersten Sommertage!
Ein guter Auftakt für 2016, oder nicht?
Alles Liebe und viele herzliche Grüße,
Eure Ulrike.
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